Café Tröglen droht das Aus
Auch darüber hinaus ist am Münsterplatz viel Bewegung – Motel-One vor Eröffnung
ULM - Nach fast einem Vierteljahrhundert ist Schluss: Der Pächter des traditionsreichen Kaffeehauses Tröglen hat seinen zum Jahresende auslaufenden Pachtvertrag nicht verlängert. Der damit befasste Immobilienmakler Steffen Munk sieht in dem Objekt eine große Chance, den Ulmer Münsterplatz neu zu beleben.
Der Geist der Vergangenheit weht durch das Café Tröglen am Ulmer Münsterplatz. Tradition ist da, aber unverkennbar auch der Sanierungsbedarf. Makler Munk sucht im Auftrag der Besitzer der Immobilie – die Familie Schies – nach einem neuen Pächter. „Da muss zweifellos etwas passieren“, sagt Munk. Das Objekt habe in den vergangenen Jahren nicht mehr den Anziehungspunkt dargestellt, wie es an ähnlicher Stelle in anderen Städten üblich ist. „Die Gastronomie sollte von morgens bis abends bespielt werden.“
Seit 1902 gehört das Grundstück der Familie Schies: „Wir suchen etwas aus der Branche“, sagt Angelika Schies. Qualität sei der Familie wichtig. Schließlich blicke das Tröglen auf eine 211-jährige Geschichte zurück. Starbucks, die US-Kaffeehauskette, die nicht weit vom Tröglen am Münsterplatz eine Filiale betreibt, komme als Mieter deswegen nicht infrage.
„Wir waren viele Jahre eine der führenden Konditoreien in Deutschland“, sagt Angelika Schies, der zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Onkel die Immobilie gehört. Diese Tradition solle nach Möglichkeit auch nach dem Auszug des derzeitigen Pächters, dem Unternehmen Confiserie Kraus aus Kaufbeuren, bestehen bleiben. „Es ist aber ein investitionsintensives Unterfangen“, sagt Schies. Zumal die gastronomische Dichte in Ulm sehr groß sei und damit auch der Wettbewerb. Dieser dünnte die Branche aus: Die Traditionshäuser Ströbele, Bonnet, Gindele und das Drei-Königs-Café sind längst aus Ulm verschwunden.
Pächter Alexander Kraus habe sich den Abschied nicht leicht gemacht: „Ich habe mein halbes Leben am Münsterplatz verbracht.“Nun wolle er sich auf seine zwei Kaffeehäuser sowie die Konditorei in Kaufbeuren konzentrieren. Die Pandemie sei nicht der Auslöser gewesen, sich vom Café Tröglen zu trennen. Doch die Lockdown-Verluste hätten die Entscheidung zumindest einfacher gemacht. „Fakt ist“, sagt Kraus, „der Standort ist nicht gerade billig zu betreiben.“Die laufenden Kosten wären einfach zu hoch.
Vor allem, weil der Standort bauliche Nachteile habe: die beiden Geschosse. Er müsse alles doppelt betreiben: von der Theke über die Spülund Schankanlagen. Und das verursache auch doppelte Kosten. In seinem eigenen Kaffeehaus in Kaufbeuren habe er den Betrieb im ersten Geschoss still gelegt und gleichzeitig im Nachbarhaus etwas dazu gekauft, sodass der ganze Betrieb nun ebenerdig sei. „Seitdem läuft es wieder.“Trotz einer Reduzierung der Sitzplätze habe er einen „riesigen Umsatzsprung gemacht.“
Das Straßencafé am Ulmer Münsterplatz laufe, doch die 170 Sitzplätze einschließlich Dachterrasse seien insgesamt zu viel. Zumal die Treppe nach oben „durchaus eine Hemmschwelle“für viele Gäste darstelle. Eine Erweiterung im Erdgeschoss wäre in Ulm theoretisch auch denkbar, denn die vormalige Filiale des Kosmetikherstellers Yves Rocher im Haus steht derzeit leer. In der Passage zur Pfauengasse gibt es im Tröglen-Haus zudem noch einen DönerAnbieter.
Über mangelndes Interesse an dem Objekt kann sich Immobilienmakler Steffen Munk nicht beschweren. „Der Münsterplatz ist der Anziehungspunkt schlechthin in Ulm.“Das Konzept Kaffeehaus habe oberste Priorität, allerdings sei es auch das Ziel, künftig ein jüngeres Publikum anzusprechen. Und das den ganzen Tag über: vom Frühstück über einen Mittagstisch bis hin zu kleineren Abendessen samt Apero. „In den vergangenen Jahren kam in Ulm einiges hinzu“, sagt Munk. Insbesondere die großen Ketten: Starbucks, Hans im Glück, l’Osteria und Vapiano. Hier sei nun die Nachfrage „einigermaßen gesättigt“.
Die Umwandlung des ehemaligen Abt-Gebäudes in der Nachbarschaft in ein Hotel sieht Munk positiv. „Das wird für viel Belebung sorgen.“Freilich weiß Munk, dass sich das künftige Café Tröglen hier mit neuer Konkurrenz auseinandersetzen muss: Zwei Neueröffnungen stehen an. Mit dem Ciao Bella entsteht ein italienisch geprägter Betrieb, der Pizza, Pasta und Espresso im Angebot hat. Zudem kommt das Café Extrablatt. Dabei handelt es sich um ein 1988 von den Brüdern Richard und Christoph Wefers gegründetes Konzept, das heute zur Systemgastronomie gezählt wird.
Ihr Konzept beschreiben die Brüder als „die moderne Form der guten alten Eckkneipe“und als „unkomplizierte Ganztages-Kneipen-Gastronomie“. Das Franchise-System zählt inzwischen 90 Betriebe von Sylt bis Marrakesch. Und auch im kommenden Hotel Motel One eröffnet eine Bar mit Münsterblick im Obergeschoss.
Das neue Tröglen „muss vom Konzept her passen“, sagt Munk mit Blick auf das Umfeld. „Einen Burger King sehe ich hier nicht.“Die „Confiserie-Schiene“sei nach dem derzeitigen Stand der Dinge die erste Wahl. Der Pachtvertrag von Alexander Kraus läuft noch bis Ende des Jahres. Wann eine Neueröffnung sein wird, könne Munk nicht sagen. Zumal neben den „größeren Umbauten“auch die Personalknappheit in der Gastronomie zu Zurückhaltung in Sachen Neueröffnung geführt habe.
Davon können auch die (noch nicht eröffneten) Betriebe Extrablatt und Ciao Bella ein Lied singen: Großflächig sind die Stellenanzeigen auf Bannern am Münsterplatz plakatiert.