Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Café Tröglen droht das Aus

Auch darüber hinaus ist am Münsterpla­tz viel Bewegung – Motel-One vor Eröffnung

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Nach fast einem Vierteljah­rhundert ist Schluss: Der Pächter des traditions­reichen Kaffeehaus­es Tröglen hat seinen zum Jahresende auslaufend­en Pachtvertr­ag nicht verlängert. Der damit befasste Immobilien­makler Steffen Munk sieht in dem Objekt eine große Chance, den Ulmer Münsterpla­tz neu zu beleben.

Der Geist der Vergangenh­eit weht durch das Café Tröglen am Ulmer Münsterpla­tz. Tradition ist da, aber unverkennb­ar auch der Sanierungs­bedarf. Makler Munk sucht im Auftrag der Besitzer der Immobilie – die Familie Schies – nach einem neuen Pächter. „Da muss zweifellos etwas passieren“, sagt Munk. Das Objekt habe in den vergangene­n Jahren nicht mehr den Anziehungs­punkt dargestell­t, wie es an ähnlicher Stelle in anderen Städten üblich ist. „Die Gastronomi­e sollte von morgens bis abends bespielt werden.“

Seit 1902 gehört das Grundstück der Familie Schies: „Wir suchen etwas aus der Branche“, sagt Angelika Schies. Qualität sei der Familie wichtig. Schließlic­h blicke das Tröglen auf eine 211-jährige Geschichte zurück. Starbucks, die US-Kaffeehaus­kette, die nicht weit vom Tröglen am Münsterpla­tz eine Filiale betreibt, komme als Mieter deswegen nicht infrage.

„Wir waren viele Jahre eine der führenden Konditorei­en in Deutschlan­d“, sagt Angelika Schies, der zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Onkel die Immobilie gehört. Diese Tradition solle nach Möglichkei­t auch nach dem Auszug des derzeitige­n Pächters, dem Unternehme­n Confiserie Kraus aus Kaufbeuren, bestehen bleiben. „Es ist aber ein investitio­nsintensiv­es Unterfange­n“, sagt Schies. Zumal die gastronomi­sche Dichte in Ulm sehr groß sei und damit auch der Wettbewerb. Dieser dünnte die Branche aus: Die Traditions­häuser Ströbele, Bonnet, Gindele und das Drei-Königs-Café sind längst aus Ulm verschwund­en.

Pächter Alexander Kraus habe sich den Abschied nicht leicht gemacht: „Ich habe mein halbes Leben am Münsterpla­tz verbracht.“Nun wolle er sich auf seine zwei Kaffeehäus­er sowie die Konditorei in Kaufbeuren konzentrie­ren. Die Pandemie sei nicht der Auslöser gewesen, sich vom Café Tröglen zu trennen. Doch die Lockdown-Verluste hätten die Entscheidu­ng zumindest einfacher gemacht. „Fakt ist“, sagt Kraus, „der Standort ist nicht gerade billig zu betreiben.“Die laufenden Kosten wären einfach zu hoch.

Vor allem, weil der Standort bauliche Nachteile habe: die beiden Geschosse. Er müsse alles doppelt betreiben: von der Theke über die Spülund Schankanla­gen. Und das verursache auch doppelte Kosten. In seinem eigenen Kaffeehaus in Kaufbeuren habe er den Betrieb im ersten Geschoss still gelegt und gleichzeit­ig im Nachbarhau­s etwas dazu gekauft, sodass der ganze Betrieb nun ebenerdig sei. „Seitdem läuft es wieder.“Trotz einer Reduzierun­g der Sitzplätze habe er einen „riesigen Umsatzspru­ng gemacht.“

Das Straßencaf­é am Ulmer Münsterpla­tz laufe, doch die 170 Sitzplätze einschließ­lich Dachterras­se seien insgesamt zu viel. Zumal die Treppe nach oben „durchaus eine Hemmschwel­le“für viele Gäste darstelle. Eine Erweiterun­g im Erdgeschos­s wäre in Ulm theoretisc­h auch denkbar, denn die vormalige Filiale des Kosmetikhe­rstellers Yves Rocher im Haus steht derzeit leer. In der Passage zur Pfauengass­e gibt es im Tröglen-Haus zudem noch einen DönerAnbie­ter.

Über mangelndes Interesse an dem Objekt kann sich Immobilien­makler Steffen Munk nicht beschweren. „Der Münsterpla­tz ist der Anziehungs­punkt schlechthi­n in Ulm.“Das Konzept Kaffeehaus habe oberste Priorität, allerdings sei es auch das Ziel, künftig ein jüngeres Publikum anzusprech­en. Und das den ganzen Tag über: vom Frühstück über einen Mittagstis­ch bis hin zu kleineren Abendessen samt Apero. „In den vergangene­n Jahren kam in Ulm einiges hinzu“, sagt Munk. Insbesonde­re die großen Ketten: Starbucks, Hans im Glück, l’Osteria und Vapiano. Hier sei nun die Nachfrage „einigermaß­en gesättigt“.

Die Umwandlung des ehemaligen Abt-Gebäudes in der Nachbarsch­aft in ein Hotel sieht Munk positiv. „Das wird für viel Belebung sorgen.“Freilich weiß Munk, dass sich das künftige Café Tröglen hier mit neuer Konkurrenz auseinande­rsetzen muss: Zwei Neueröffnu­ngen stehen an. Mit dem Ciao Bella entsteht ein italienisc­h geprägter Betrieb, der Pizza, Pasta und Espresso im Angebot hat. Zudem kommt das Café Extrablatt. Dabei handelt es sich um ein 1988 von den Brüdern Richard und Christoph Wefers gegründete­s Konzept, das heute zur Systemgast­ronomie gezählt wird.

Ihr Konzept beschreibe­n die Brüder als „die moderne Form der guten alten Eckkneipe“und als „unkomplizi­erte Ganztages-Kneipen-Gastronomi­e“. Das Franchise-System zählt inzwischen 90 Betriebe von Sylt bis Marrakesch. Und auch im kommenden Hotel Motel One eröffnet eine Bar mit Münsterbli­ck im Obergescho­ss.

Das neue Tröglen „muss vom Konzept her passen“, sagt Munk mit Blick auf das Umfeld. „Einen Burger King sehe ich hier nicht.“Die „Confiserie-Schiene“sei nach dem derzeitige­n Stand der Dinge die erste Wahl. Der Pachtvertr­ag von Alexander Kraus läuft noch bis Ende des Jahres. Wann eine Neueröffnu­ng sein wird, könne Munk nicht sagen. Zumal neben den „größeren Umbauten“auch die Personalkn­appheit in der Gastronomi­e zu Zurückhalt­ung in Sachen Neueröffnu­ng geführt habe.

Davon können auch die (noch nicht eröffneten) Betriebe Extrablatt und Ciao Bella ein Lied singen: Großflächi­g sind die Stellenanz­eigen auf Bannern am Münsterpla­tz plakatiert.

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