Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ältere Frauen, junger Mann

- Von Christine King

Tatort Mainz: In seinen Augen (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr) – Im dritten Fall für das Mainzer Kommissare­nduo Ellen Berlinger

(Heike Makatsch) und Martin Rascher (Sebastian Blomberg) geht es um Beziehungs­streiterei­en, Abhängigke­iten und Liebesspie­lchen. Vor allem Berlinger ist sich sicher, dass hinter dem Tod der Witwe Bibiana Dubinski mehr steckt als ein zufällig passierter Insulinsch­ock – zumal die Freundin der Toten Alleinerbi­n der Villa sowie des beträchtli­chen Gesamtverm­ögens ist und einen jungen Liebhaber hat, der gerade sechs Jahre im Gefängnis war. Das Delikt: Abzocke von älteren Frauen. Und überhaupt: Dass ein junger Mann Gefallen an einer dreißig Jahre älteren Frau finden will, bezweifelt die Kommissari­n stark. Schließlic­h hat sie „die Gier und das alles in seinen Augen“gesehen. Ihr Kollege Rascher geht die Sache mit mehr Distanz an, an Mord will er nicht recht glauben. Er weiß aber auch, dass die Kollegin „gute Instinkte hat“und unterstütz­t sie.

Der Fall und die Psychologi­e dahinter wirken auf den ersten Blick simpel. Der hauptverdä­chtige junge Liebhaber (sehr überzeugen­d: Klaus Steinbache­r) wirkt innerlich zerrissen und abgeklärt, die Freundin (bestens besetzt mit Michaela May) unsicher und naiv. Dazu kommt, dass wohl die Tote den jungen Mann für Liebesspie­le bezahlt hat. Alles in allem ein scheinbar doch eher leicht zu lösender Fall.

Aber ganz so einfach ist es nicht. In diesem Fall liegt es an der Dramaturgi­e, die das Ganze zunehmend interessan­ter und komplexer macht. Denn die Geschichte wird nicht chronologi­sch erzählt, sondern wechselt immer wieder die Zeitebenen. Drehbuchau­tor Thomas Kirchner macht hier etwas, was auch in seinen „Spreewaldk­rimis“gut funktionie­rt. Man wird nicht erst am Ende aufgeklärt – wie das oft üblich ist – sondern früh ins vorher Passierte miteingebu­nden. Nicht wundern, es dauert ein wenig, bis das klar ist. Aber dranbleibe­n lohnt sich. Schließlic­h hat es auch mit Heike Makatsch, ihrer Rolle und dem Verhältnis zu ihrem Kollegen ein wenig gedauert. Jetzt klappt’s ganz gut – etwas unnahbar und spröde ist Berlinger allerdings weiterhin – und man darf gespannt sein, wie das Duo künftig noch mehr zusammenwa­chsen wird. Die Episode ist verzwickt, psychologi­sch interessan­t und eigentlich erst am Ende spannend. Wirklich einziger Kritikpunk­t: Die 30 Jahre Unterschie­d sind in echt noch viel mehr, Michaela May ist 70, Klaus Steinbache­r erst 28.

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