Ältere Frauen, junger Mann
Tatort Mainz: In seinen Augen (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr) – Im dritten Fall für das Mainzer Kommissarenduo Ellen Berlinger
(Heike Makatsch) und Martin Rascher (Sebastian Blomberg) geht es um Beziehungsstreitereien, Abhängigkeiten und Liebesspielchen. Vor allem Berlinger ist sich sicher, dass hinter dem Tod der Witwe Bibiana Dubinski mehr steckt als ein zufällig passierter Insulinschock – zumal die Freundin der Toten Alleinerbin der Villa sowie des beträchtlichen Gesamtvermögens ist und einen jungen Liebhaber hat, der gerade sechs Jahre im Gefängnis war. Das Delikt: Abzocke von älteren Frauen. Und überhaupt: Dass ein junger Mann Gefallen an einer dreißig Jahre älteren Frau finden will, bezweifelt die Kommissarin stark. Schließlich hat sie „die Gier und das alles in seinen Augen“gesehen. Ihr Kollege Rascher geht die Sache mit mehr Distanz an, an Mord will er nicht recht glauben. Er weiß aber auch, dass die Kollegin „gute Instinkte hat“und unterstützt sie.
Der Fall und die Psychologie dahinter wirken auf den ersten Blick simpel. Der hauptverdächtige junge Liebhaber (sehr überzeugend: Klaus Steinbacher) wirkt innerlich zerrissen und abgeklärt, die Freundin (bestens besetzt mit Michaela May) unsicher und naiv. Dazu kommt, dass wohl die Tote den jungen Mann für Liebesspiele bezahlt hat. Alles in allem ein scheinbar doch eher leicht zu lösender Fall.
Aber ganz so einfach ist es nicht. In diesem Fall liegt es an der Dramaturgie, die das Ganze zunehmend interessanter und komplexer macht. Denn die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt, sondern wechselt immer wieder die Zeitebenen. Drehbuchautor Thomas Kirchner macht hier etwas, was auch in seinen „Spreewaldkrimis“gut funktioniert. Man wird nicht erst am Ende aufgeklärt – wie das oft üblich ist – sondern früh ins vorher Passierte miteingebunden. Nicht wundern, es dauert ein wenig, bis das klar ist. Aber dranbleiben lohnt sich. Schließlich hat es auch mit Heike Makatsch, ihrer Rolle und dem Verhältnis zu ihrem Kollegen ein wenig gedauert. Jetzt klappt’s ganz gut – etwas unnahbar und spröde ist Berlinger allerdings weiterhin – und man darf gespannt sein, wie das Duo künftig noch mehr zusammenwachsen wird. Die Episode ist verzwickt, psychologisch interessant und eigentlich erst am Ende spannend. Wirklich einziger Kritikpunkt: Die 30 Jahre Unterschied sind in echt noch viel mehr, Michaela May ist 70, Klaus Steinbacher erst 28.