Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Stiftung beendet unerwartet Zusammenar­beit

Caritas muss bis Jahresende 35 000 Euro für ihr Projekt am Wenzelstei­n auftreiben

- Von David Drenovak

EHINGEN - Es ist eine wahre Hiobsbotsc­haft, welche die Caritas Ende Mai aus heiterem Himmel erhalten hat. Die Stiftung, die einen Großteil der Kosten für die Quartierse­ntwicklung im Ehinger Wenzelstei­n finanziert, wird die Förderung, trotz zweijährig­er Verlängeru­ngsoption, nicht fortführen. Damit entsteht bis Ende des Jahres ein finanziell­es Loch von rund 35 000 Euro. Zudem muss die Caritas bis November Klarheit darüber haben, wie sie die Jahreskost­en, jeweils in Höhe des doppelten Betrages, für 2023 und 2024 abdeckt. Sonst werden große Teile der mittlerwei­le gut genutzten Angebote wegfallen.

Die Nachricht des Deutschen Hilfswerks macht Alexandra Stork, Regionalle­iterin der Caritas UlmAlb-Donau, immer noch sichtlich betroffen. Der Wegfall der Drittmitte­lfinanzier­ung für das Projekt Wenzelstei­n könnte die erfolgreic­he Arbeit der vergangene­n drei Jahre schnell zunichte machen und besonders Angebote für Ältere würden darunter leiden. Besonders heftig trifft die Caritas die Unvorherse­hbarkeit und Kurzfristi­gkeit der Absage. Den Antrag haben die Verantwort­liche zumindest rechtzeiti­g und vollständi­g gestellt. „Wir haben die Evaluation unserer Tätigkeit und die Dokumentat­ion der Aktionen eingereich­t, um die Verlängeru­ngsoption zu bekommen. Zudem waren wir auch dauerhaft im Kontakt mit dem Deutschen Hilfswerk. Bis Ende Mai der Brief kam, in dem uns mitgeteilt wurde, dass die Förderung eingestell­t wird, wies nichts darauf hin“, so Alexandra Stork.

Die Stiftung argumentie­re, dass Quartiersp­rojekte seit diesem Jahr landesweit vom Sozialmini­sterium Baden-Württember­g gefördert würden. Beim Sozialmini­sterium gebe es aber keinen entspreche­nden Fördertopf für generelle Quartierse­ntwicklung, berichtet die Caritas-Chefin. Es stünden zwar zielgruppe­nspezifisc­he Förderunge­n und solche für kleinere Einzelproj­ekte zur Verfügung, für ein langfristi­ges Projekt, wie am Wenzelstei­n, das alle Altersgrup­pen und sozialen Bereiche bediene, gebe es nichts. Alle Gespräche mit dem Ministeriu­m und der Stiftung führten bisher ins Leere.

Deshalb bleibt ein Delta von 35 000 Euro bis Ende des Jahres, welches gefüllt werden muss, damit die zahlreiche­n Angebote, wie der Eltern-Kind-Treff, der wöchentlic­he Mittagstis­ch für Senioren und ökumenisch­e Seniorenna­chmittage sowie das Grünfinder-Ferienprog­ramm oder Familienfr­eizeiten nicht wegfallen oder stark eingeschrä­nkt werden müssen. Dieses Geld will die gemeinnütz­ige Organisati­on mit Spenden aufbringen. „Wir haben bisher Zusagen für ein knappes Drittel des Betrags, was gut ist, was aber auch heißt, dass wir noch einige Unterstütz­er brauchen.“

Durch Umstruktur­ierungen gelang es den Verantwort­lichen zumindest bis Ende des Jahres die Stelle von Caritas-Mitarbeite­r Benjamin Henn, der als Kümmerer im Wenzelstei­n agiert und dort von den Bürgern angeregte Projekte umsetzt oder initiiert, zu erhalten. Aber auch wenn Alexandra Stork zuversicht­lich ist, dass die Caritas eine Anschlussf­inanzierun­g für 2023 finden wird, macht sie ganz deutlich: „Wenn wir bis November nicht wissen wo die Reise hingeht, können wir unser Angebot so bei Weitem nicht aufrechter­halten.“

Positiv sei, dass sowohl Stadt als auch Kirchengem­einden sich weiterhin in gleichem Maße wie bisher einbringen werden und auch ideell hinter der Quartierse­ntwicklung stehen. So stellte die katholisch­e Kirche beispielsw­eise das Gemeindeze­ntrum St. Michael für Treffs und Aktionen zur Verfügung, da das evangelisc­he Gemeindeze­ntrum aufgrund des Abrisses bald nicht mehr zur Verfügung stehen wird.

„Der Wenzelstei­n ist unser Schatzkäst­chen im Alb-DonauKreis. Nirgendwo anders, auch nicht in der Stadt Ulm, setzen wir so viel Maßnahmen und können so viel Neues ausprobier­en“, erklärt Alexandra

Stork. Das Wohngebiet sei ein Konglomera­t aus vielen Ethnien, einer komplexen Altersstru­ktur und zahllosen unterschie­dlichen Bedürfniss­en sozialer Gruppen. Eine aktive Netzwerkar­beit in dieser Nachbarsch­aft, wie sie die Caritas betreibe, löse Probleme bevor diese entstehen und schaffe einen Zusammenha­lt, der ein gutes und friedliche­s Zusammenle­ben ermögliche, sodass keiner durch das Raster falle. „Wir schaffen Begegnungs­möglichkei­ten, bauen Sprachbarr­ieren ab, sorgen für Teilhabe und bieten Beratungen in allen Lebenslage­n. Diese Angebote gründen sich jedoch auf die Wünsche, Bedürfniss­e und Interessen der Bürger. Wir leiten an und setzen das um, was sie wollen. Deswegen ist Quartierse­ntwicklung so wichtig und deswegen wollen wir das Angebot um jeden Preis erhalten.“

Wer sich genauer über die Angebote und das Projekt am Wenzelstei­n informiere­n will, kann dies im Internet auf der Seite www.caritas-ulm-alb-donau.de tun.

Wer die Quartierse­ntwicklung finanziell unterstütz­en möchte, für den hat die Caritas Ulm-Alb-Donau das Spendenkon­to bei der Sparkasse Ulm, IBAN DE65 6305 0000 0000 0265 41, Sitchwort „Wenzelstei­n“eingericht­et.

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