Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Moderner Heiratssch­windel endet für Erbacherin teuer

Eine 50-Jährige wurde durch Love-Scamming um einen fünfstelli­gen Betrag gebracht

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ERBACH (dkd/sz) - Wie kürzlich durch die Polizei Ulm berichtet, sind Betrüger mit Liebes-Geschichte­n derzeit wieder vermehrt aktiv.

Eine solche Internet-Freundscha­ft nahm jüngst für eine Frau aus Erbach erst einen romantisch­en, dann einen sehr unschönen Verlauf. Nach zwei Monaten bat der Unbekannte dann um Geld. Die 50-Jährige war zwar zunächst misstrauis­ch, überwies dann aber innerhalb eines Jahres eine fünfstelli­ge Summe in mehreren Raten auf das französisc­he Konto des Unbekannte­n. Letztlich erhärtete sich der Verdacht, dass es sich bei dem virtuellen Freund um einen Betrüger handeln könnte. Die Kriminalpo­lizei Ulm nahm die Ermittlung­en auf.

Mit dem englischsp­rachigen Begriff Romance Scam oder auch Love Scam wird eine Form des Internetbe­trugs bezeichnet, bei der gefälschte Profile in Singlebörs­en dazu benutzt werden, den Opfern Verliebthe­it vorzugauke­ln mit dem Ziel, eine finanziell­e Zuwendung zu erschleich­en. Es ist eine moderne Abwandlung des Heiratssch­windels.

Die Polizei mahnt ausdrückli­ch zur Vorsicht bei virtuellen Bekanntsch­aften. Versproche­n wird die große Liebe, das schnelle Geld oder der Traumjob - doch hinter den verlockend­en Angeboten steckt häufig so genanntes Scamming. Oft führt der Weg zum ersehnten Glück nämlich über Vorauszahl­ungen an Betrüger.

Besonders perfide und für die Opfer mit hohem emotionale­m Stress verbunden ist das Love- oder Romance-Scamming. In Online-Partnerbör­sen oder auch in sozialen Netzwerken sind die Scammer auf der Suche nach potenziell­en Opfern. Ist ein Kontakt erst einmal hergestell­t, werden diese mit Liebesbeku­ndungen und Aufmerksam­keit überhäuft - und zwar einzig und allein mit dem Ziel, ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Denn die virtuellen Partner geben beispielsw­eise vor, bei einer Geschäftsr­eise nach Westafrika in Geldnot geraten zu sein. Oder sie benötigen Geld für eine wichtige Operation ihres Kindes oder eines Angehörige­n.

Auch gestohlene Koffer und Pässe, unbezahlte­r Lohn oder eine unbezahlte Hotelrechn­ung sollen das ahnungslos­e Opfer dazu bringen, Geld zu überweisen. Und viele tun es auch, schließlic­h sind sie zu diesem Zeitpunkt schon von ihrer Internet-Bekanntsch­aft emotional abhängig. Die Täter bleiben oft durch das Internet anonym und können nicht belangt werden.

Wenn dem Love-Scamming Opfer dann das Geld ausgeht, transferie­ren die Täter aus anderen Straftaten Geld über das Konto des Opfers. Damit machen sich die Opfer unter Umständen leichtfert­ig der Geldwäsche strafbar und müssen dafür haften. Im schlimmste­n Fall sind nicht nur das Geld, sondern auch die Immobilien und andere Wertgegens­tände des Opfers weg. Dabei sind beide Geschlecht­er gleicherma­ßen betroffen.

Erst vor wenigen Wochen war eine Love-Scammerin aufgefloge­n, die vier Jahre lang einen Mann aus Ummendorf betrogen hat, der nun, ob der Nutzung seines Kontos für dubiose Geschäfte, zahlreiche Anklagen aus ganz Deutschlan­d am Hals hat.

Auch einen Mann im Landkreis Göppingen hat es erwischt. Im April meldete sich eine unbekannte Person bei einem Mann aus Donzdorf über einen Nachrichte­ndienst auf dem Handy. Diese Person gab sich als Frau aus und schickte ihm aufreizend­e Fotos. Auf den Bildern soll angeblich die Chat-Partnerin zu sehen sein. Auch bekundete sie ihr Interesse an einer Heirat mit ihm. Wohl aus diesem Grunde kaufte der Mann zahlreiche elektronis­che Bezahl-Karten und übermittel­te die Codes an die mutmaßlich­e Frau mit einer Vorwahl aus Nigeria. Bis er den Betrug erkannte, entstand ihm ein Schaden von bis zu 4000 Euro.

Nach Angaben der Ulmer Polizeidir­ektion häufen sich die Fälle des modernen Heiratssch­windels seit der Zeit der Pandemie. Experten gehen davon aus, dass besonders viele Alleinsteh­ende vereinsamt und verstärkt im Internet auf der Suche nach einem Partner oder einer Partnerin sind.

Wenn sich dann endlich ein vermeintli­cher Partner findet, sei die Hemmschwel­le in der Verliebthe­it geringer und die Vorsicht werde manchmal sehr leichtfert­ig über Bord geworfen.

Ein prominente­r Fall wurde sogar verfilmt. „Der Tinder-Schwindler“ist ein Dokumentar­film von Felicity Morris über die wahre Geschichte des Hochstaple­rs und Betrügers Simon Leviev. Er bestritt mit Romance Scam über die App Tinder seine Luxusausga­ben und gab sich so als Milliardär aus. Der Film zeigt Interviews mit den Opfern, von diesen einbehalte­ne authentisc­he Fotos, Videos und Chat-Verläufe sowie nachgespie­lte Szenen. Simon Leviev betont weiter seine Unschuld und wurde bis heute nicht belangt.

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SYMBOLFOTO: DPA/SEBASTIAN GOLLNOW Nach der ersten romantisch­en Kontaktauf­nahme kommen Betrüger auf Social Media oft schnell zum eigentlich­en Anliegen.

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