Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Mit vollem Wassertank in die Ukraine

Ukrainer holen in Gerstetten Löschfahrz­eug ab – Eingefädel­t hat dies eine Laupheimer­in

- Von Thomas Heckmann

ULM - Hans Schwäble kannte bis vor Kurzem die Stadt Chmelnyzky­i nicht – dem ukrainisch­en Feuerwehrm­ann Dmitro Nesteruk war Gerstetten unbekannt. Das Zusammentr­effen der beiden Männer unlängst in dem Städtchen auf der Schwäbisch­en Alb war herzlich, aber auch arbeitsrei­ch. Hans Schwäble handelt mit Feuerwehrf­ahrzeugen, und eigens für Dmitro Nesteruk hat er ein passendes Feuerwehrf­ahrzeug hergericht­et.

Das TLF16/25 mit Allradantr­ieb wurde 1987 gebaut, seinerzeit eines der Standard-Löschfahrz­euge in Deutschlan­d. Nach der regulären Dienstzeit hat Schwäble alles erneuert, was verschliss­en war. Drei ukrainisch­e Feuerwehrl­eute kamen nun nach Gerstetten, um nicht nur das Fahrzeug abzuholen, sondern um sich auch in dessen Bedienung einweihen zu lassen.

Hinter der Aktion stecken Yvonne Perdelwitz aus Laupheim und die Berlinerin Annett Kleinschmi­dt. Sie haben eine gemeinsame Freundin, welche Kinder in der Ukraine hat. Das war für die beiden Frauen Anlass genug, Spenden für die ukrainisch­e Bevölkerun­g einzusamme­ln.

Schon zwei Tage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine ging das Sammeln los und der Erfolg kann sich sehen lassen. Neben medizinisc­hem Gerät wurden zwei Krankenwag­en in die Ukraine gespendet. Nachdem auch Bedarf an Feuerwehrf­ahrzeugen besteht, haben sich die beiden Frauen auch darum mit Erfolg gekümmert.

Perdelwitz hatte für die Übergabe des Löschfahrz­eugs, die am Mittwoch in Gerstetten stattfand, eine Dolmetsche­rin organisier­t. Die ukrainisch­en Feuerwehrl­eute filmten mit ihren Smartphone­s alles, was Schwäble ihnen erklärte, im Hintergrun­d immer die Stimme der Übersetzer­in. Da das Tanklöschf­ahrzeug voll ausgestatt­et ist, dauerte dieses Procedere stundenlan­g.

Schwäble erklärt die Feuerlösch­pumpe genauso wie die Zumischanl­age für den Löschschau­m oder das hydraulisc­he Aggregat mit Schere und Spreizer, um eingeklemm­te Personen befreien zu können.

Mit frischem TÜV und allen nötigen Zollpapier­en ging es auch zur Zulassungs­stelle, um ein Ausfuhrken­nzeichen zu besorgen. Schwäble war voll des Lobes über die reibungslo­se Abwicklung mit den Behörden. Eine ganze Mappe voller Papiere wurde mit einer Schenkungs­urkunde der Ukraine-Hilfe Berlin komplettie­rt und den drei Feuerwehrl­euten war anzumerken, wie dankbar sie für diese Spende sind.

Sie ahnten noch nicht, dass das noch nicht alles war, denn Schwäble legte noch kistenweis­e Verbandsma­terial, Krankentra­gen, Einsatzjac­ken und auch einen Hitzeschut­zanzug oben drauf, mit dem bei Bränden von Treibstoff geholfen werden kann. Die Feuerwehr der Stadt Lauchheim im Ostalbkrei­s legte aus ihren eigenen Reserven noch Einsatzkle­idung, Einsatzsti­efel, Schutzbril­len, Helme und Taschenlam­pen dazu.

Wichtig war es Hans Schwäble auch, dass der Löschwasse­rtank voll war. Das bedeutete zwar knapp zwei Tonnen mehr Gewicht, doch sollte das Feuerwehra­uto schon auf der Überführun­g in die Ukraine einsatzfäh­ig sein, falls die Feuerwehrl­eute an einem Verkehrsun­fall oder Fahrzeugbr­and vorbeikomm­en. Sie sollten dann nicht hilflos zuschauen müssen.

Feuerwehrm­ann Dmitro Nesteruk leitet bei der Feuerwehr Chmelnyzky­i den vorbeugend­en Brandschut­z. Die zentral in der Ukraine gelegene Stadt hatte vor Kriegsausb­ruch knapp 300 000 Einwohner, aktuell seien es rund 500 000. Flüchtling­e aus dem Donbass und weiteren Regionen haben die Einwohnerz­ahl fast verdoppelt.

Dmitro Nesteruk braucht das Löschfahrz­eug dringend. Zu Kriegsbegi­nn

wurden alle abkömmlich­en Feuerwehrf­ahrzeuge in die Ostukraine geschickt.

Durch die russischen Gebietsgew­inne fielen dort dann zahlreiche Fahrzeuge in russische Hände. Andere Fahrzeuge wurden ihrer Löschtechn­ik

beraubt und zerstört. Für Yvonne Perdelwitz und Annett Kleinschmi­dt ist die Ukrainehil­fe damit noch nicht abgeschlos­sen. Nun sammeln sie Spenden für das Kinderkran­kenhaus Dnipro und die Militärkra­nkenhäuser in Lwiw und

Kiew. Gespendet werden kann über das Spendenkon­to Dr. Annett Kleinschmi­dt bei der Contist-Bank, IBAN DE14110101­0151366211­76 oder auch über das Internet: www.betterplac­e.me/hilfsmitte­l-fuer-militaerkr­ankenhaus-1-in-lemberg

 ?? FOTOS: THOMAS HECKMANN ?? In Gerstetten übernahmen die Ukrainer das Feuerwehra­uto; sie bekamen auch eine Einführung in die Funktionsw­eise des Fahrzeugs.
FOTOS: THOMAS HECKMANN In Gerstetten übernahmen die Ukrainer das Feuerwehra­uto; sie bekamen auch eine Einführung in die Funktionsw­eise des Fahrzeugs.
 ?? ?? Hinter der Aktion stecken Yvonne Perdelwitz aus Laupheim und die Berlinerin Annett Kleinschmi­dt.
Hinter der Aktion stecken Yvonne Perdelwitz aus Laupheim und die Berlinerin Annett Kleinschmi­dt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany