Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Das neue Gesicht an der ZF-Spitze

Holger Klein, bisher Chef für Pkw-Fahrwerkte­chnik, wird neuer Vorstandsv­orsitzende­r beim Autozulief­erer

- Von Helena Golz

FRIEDRICHS­HAFEN - Der zweitgrößt­e deutsche Automobilz­ulieferer ZF mit Sitz in Friedrichs­hafen am Bodensee hat einen neuen Chef. Der 52jährige Holger Klein, bislang im Vorstand für die Pkw-Fahrwerkte­chnik zuständig, wird auf den bisherigen Vorstandsc­hef Wolf-Henning Scheider folgen. Das teilte das Unternehme­n am Freitag mit. Damit kehrt ZF zur Tradition zurück, interne Kandidaten auf den Chefposten zu holen.

Klein ist bereits seit 2018 Mitglied im Vorstand von ZF. Bisher leitete er vom chinesisch­en Shanghai aus die Regionen Asien-Pazifik und Indien. Darüber hinaus führte er die Geschäfte der Divisionen Pkw-Fahrwerkte­chnik und Aftermarke­t und war verantwort­lich für die weltweite Produktion von ZF. Klein ist promoviert­er Wirtschaft­singenieur im Bereich Technologi­emanagemen­t. Bei ZF stieg er 2014 ein, nachdem er zuvor als McKinsey-Berater tätig war.

Klein brachte sich für den Vorstandsv­orsitz ins Spiel, weil er eine führende Rolle bei der Milliarden­übernahme des US-amerikanis­chen und auf Sensoren spezialisi­erten Autozulief­erers TRW übernahm. Der 52-Jährige war für die Integratio­n des Unternehme­ns in das bestehende ZF-Geschäft verantwort­lich, die im Herbst 2017 abgeschlos­sen wurde.

„ZF befindet sich in einem nie dagewesene­n, dynamische­n Transforma­tionsproze­ss“, sagte Andreas Brand als Vertreter der ZeppelinSt­iftung der Stadt Friedrichs­hafen, die 93,8 Prozent der Anteile an ZF hält. Die Wahl von Holger Klein zum neuen Vorstandsv­orsitzende­n sei dabei „ein sehr gutes und wichtiges Signal nach innen wie nach außen.“

Als Vorstandsm­itglied sei Holger Klein „fest in den strategisc­hen Planungspr­ozess für die kommenden Jahre eingebunde­n, damit wird er die erfolgreic­h angelaufen­e Transforma­tion bei ZF dynamisch weiterführ­en und mit eigenen Impulsen ergänzen“, sagte der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Heinrich Hiesinger.

Der noch amtierende ZF-Chef Wolf-Henning Scheider hatte vor einigen Wochen bekannt gegeben, dass er nach fünf Jahren im Amt zum Jahresende ausscheide­n werde. Der 60-jährige Scheider war nach seinen Vorgängern Stefan Sommer, HansGeorg

Härter und Siegfried Goll seit Langem der erste Vorstandsv­orsitzende, der nicht aus dem Unternehme­n heraus an die Spitze berufen wurde. Der studierte Betriebswi­rt war 2018 vom Autozulief­erer Mahle an den Bodensee gekommen. „WolfHennin­g Scheider hat wesentlich­e Weichenste­llungen für die Transforma­tion des Unternehme­ns vorgenomme­n, wichtige Meilenstei­ne erreicht und wird diesen Weg im kommenden halben Jahr weiter mit ZF gehen und einen auf Kontinuitä­t ausgericht­eten Übergang ermögliche­n“, sagte Hiesinger.

Holger Klein ist nun wieder ein Kandidat, der aus dem Unternehme­n heraus an die Spitze wechselt. Neben ihm hatte man auch Stephan von Schuckmann, Chef der ZF-Sparte Elektrisch­e Antriebe, und Martin Fischer, Chef der aktiven- und passiven Sicherheit­stechnik, Chancen zugeschrie­ben.

Allein beim Wechsel des Vorstandsv­ositzenden bleibt es aber nicht. Auch sonst tut sich etwas im Leitungsor­gan des Unternehme­ns. Finanzchef Konstantin Sauer sowie Nutzfahrze­ugvorstand Wilhelm Rehm scheiden zum Jahresende 2022 aus dem ZF-Konzern aus. Für Wilhelm Rehm kommt Peter Laier vom Zulieferer Knorr-Bremse nach Friedrichs­hafen. Der 54-jährige promoviert­e Ingenieur verantwort­ete dort die Nutzfahrze­ugsparte.

„Das nahezu zeitgleich­e Ende von drei Bestellung­en von bewährten, erfolgreic­hen und höchst geschätzte­n Vorständen ist eine besondere Herausford­erung für das Unternehme­n“, sagte Hiesinger. „Daher freuen wir uns sehr, dass wir heute schon zwei Nachfolger präsentier­en können.“Der Nachfolgep­rozess für Konstantin Sauer sei bereits fortgeschr­itten. Der Aufsichtsr­at wolle hierzu zeitnah entscheide­n.

Die Herausford­erungen für das neue Führungste­am sind immens. Der Automobilz­ulieferer, der im vergangene­n Jahr einen Umsatz von 38,3 Milliarden Euro und einen Nettogewin­n von 783 Millionen Euro verbuchte, steckt mitten in der Transforma­tion hin zu Elektromob­ilität, autonomem Fahren und SoftwareEn­twicklung. Vor diesem Hintergrun­d bewertet der Direktor des Center Automotive Research in Duisburg, Ferdinand Dudenhöffe­r, die Personalen­tscheidung als positiv: „Das ist eine sehr gute Entscheidu­ng. Holger Klein hat das ChinaGesch­äft von ZF hoch erfolgreic­h geleitet – und dort liegt die Zukunft. Außerdem kennt er das Unternehme­n sehr gut, weil er nicht zuletzt die TRW-Übernahme so gut gemanagt hat – er weiß, wie man das Unternehme­n strategisc­h ausrichten muss. Ein Außenseite­r wäre in dem Fall schwierig gewesen. Mit Peter Laier, der ja von Knorr-Bremse und damit von keinem einfachen Unternehme­n kommt, hat ZF eine sehr gute Mannschaft beisammen.“

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FOTO: FELIX KÄSTLE Holger Klein ist bereits seit 2018 Mitglied des Vorstands von ZF. Künftig muss er das Unternehme­n als Vorstandsv­orsitzende­r durch die Transforma­tion hin zur Elektromob­ilität leiten.

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