Jan Rothenbacher führt den SPD Kreisverband allein
Landtagsabgeordneter Martin Rivoir nimmt Stellung zur Friedenspartei SPD in Kriegszeiten
DELLMENSINGEN - Bei der Kreismitgliederversammlung der SPD im Gasthaus Adler in Dellmensingen wurde Jan Rothenbacher am Samstag als Vorsitzender im Amt bestätigt. Die bisherige Co-Vorsitzende Ramona Häberlein-Klumpner ist aus beruflichen und privaten Gründen nicht mehr für das Amt angetreten. Der Ulmer Landtagsabgeordnete Martin Rivoir hat in einer leidenschaftlichen Rede Stellung genommen zur Rolle der Friedenspartei SPD in Zeiten des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
Als Ramona Häberlein-Klumpner im Rahmen des Rechenschaftsberichts der Vorsitzenden ihren Rückzug aus dem Kreisvorstand ihrer Partei bekanntgab, hielt sie gleichzeitig ein Plädoyer für den Frieden. Sie erinnerte an ihre Studienzeit, in der sie als Mitglied der Juso-Hochschulgruppe gegen den Irakkrieg von George W. Bush protestierte. „Jetzt erleben wir Leid in der Ukraine durch Krieg. Wir haben für Geflüchtete Wohnungen organisiert, Mahnwachen abgehalten, und Hilde Mattheis hat mir ihrer Hilfsorganisation Fahrten in die Ukraine organisiert. Der Krieg ist eine Bedrohung, wir brauchen Frieden. Nach den gescheiterten Friedensgesprächen liefern wir Waffen in ein Kriegsgebiet. Das hatten wir im Wahlkampf ausgeschlossen“.
Häberlein-Klumpner stellte ausdrücklich die Frage, wie es dennoch zu den Waffenlieferungen kommen konnte, ohne Befragung der Mitglieder, wohingegen im Parteiprogramm 2021 stehe, die SPD würde sich für Diplomatie, Abrüstung und Rüstungskontrolle einsetzen, einschließlich des Abzugs atomarer Waffen aus Europa. „Machen zusätzliche 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr die Welt friedlicher?“, so lautete die Frage, die sie einer „respektvollen Diskussion“ unterwarf, nicht ohne großen Applaus.
Martin Rivoir, 2021 wiedergewählter Ulmer Landtagsabgeordneter der SPD, griff das Thema auf. Auch er erinnerte an friedensbewegte Tage, indem er an die Menschenkette des Jahres 1981 erinnerte, gegen die Stationierung von Pershing II Raketen auf deutschem Boden. „Im Kreml sitzt ein Faschist, der unsere freie Lebensweise nicht mag und zerstören will. Putin agiert in einer neuen Qualität, wie ich es nicht gedacht hätte“, lautete sodann seine unzweideutige Ansage. Rivoir griff die Haltung Gerhard Schröders auf, der Russland als natürlichen Partner Deutschlands sah. „Aber die Faschisten im Kreml darf man nicht gewähren lassen, sonst stehen diese bald in
Polen und vor unserer Grenze“, machte Rivoir deutlich, und unterstrich die Notwendigkeit der Unterstützung der Ukraine.
Die Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz lobte Rivoir, denn dieser überlege und handle cool und durchdacht. Großen Applaus erhielt auch er, nachdem er bezüglich der Diplomatie klarlegte, „wenn auf der anderen Seite niemand mit uns redet, dann ...“. Rivoir kündigte ein Treffen seiner Stuttgarter Fraktion in Berlin mit dem Kanzler an, und legte nach, „wir müssen klare Kante zeigen gegen die Faschisten im Kreml. In den Gesichtern der geflüchteten Ukrainer steht Angst“. Abschließend plädierte er dafür, dass die SPD unseren freiheitlichen und demokratischen Weg untermauert. „Wir Europäer müssen uns selbst schützen. Es ist abscheulich, ukrainischen Weizen zu blockieren, den die Menschen in Afrika dringend brauchen. Ich habe volles Vertrauen zu Bundeskanzler Scholz“.
Unterstützung erhielt Martin Rivoir von Dorothea Kliche-Behnke, stellvertretende Landesvorsitzende der SPD und Sitzungsleiterin: „Ramona hat zwar grundsätzlich Recht, aber der Kanzler musste rasch entscheiden, die geopolitische Situation auf dem Kontinent hat sich verändert. Wir können nicht die gleichen Antworten geben wie vor dem 24. Februar“. Kliche-Behnke räumte ein, dass ihre Partei die Vorzeichen nicht erkannt hat, wobei sie als Beispiel die Annexion der Krim durch Russland nannte. „Ich bin froh, dass Scholz überlegt handelt, aber wir können nicht dastehen und zusehen. Putin griff die Ukraine an, da er die Freiheit nicht will. Frieden erreichen geht nicht durch Raushalten“.
Klara Dorner, Fraktionsvorsitzende der SPD im Kreistag, pflichtete bei und sagte: „Die 100 Milliarden Euro bedeuten keine Aufrüstung. Sie holen nach, was unsere Soldaten brauchen, um ihre Aufgabe erfüllen zu können“.
Dorothea Kliche-Behnke lobte, was der Kreisverband seit der letzten Kreismitgliederversammlung vor zwei Jahren geleistet hat, als der damalige Vorsitzende nach zwei Jahren im Rahmen einer Wutrede sein Amt zur Verfügung gestellt hatte. Auch Jan Rothenbacher lobte die gute Zusammenarbeit im jetzigen Vorstand sowie die guten Kontakte zu den Ortsverbänden. Ähnlich äußerte sich Ramona Häberlein-Klumpner, die von Vertrauen sprach, das wiederhergestellt worden sei. Für die Jahre 2020 und 2021 wurden Kassierer und Vorstand entlastet. Von 26 Wahlberechtigten stimmten in geheimer Wahl 20 für Jan Rothenbacher als alleinigen künftigen Vorsitzenden, bei vier Gegenstimmen und zwei Enthaltungen. Dieter Baumann und Elke Kneer wurden zu seinen Stellvertretern gewählt. Peter Josef Jäger wurde als Kassierer bestätigt, auf Noah Fröhle, der sich zum Beisitzer wählen ließ, folgte Andreas Denecke als Schriftführer. Weitere Beisitzer sind Mathilde Maier, Sybille Teubl, Jürgen Haas, Petra Hohlfeld und Uwe Hiller. Klara Dorner und Georg Mangold wurden als Revisoren bestätigt. Klara Dorner wurde zudem als Vorsitzende der Schiedskommission wiedergewählt. Thorsten Kneer und Georg Mangold sind ihre Stellvertreter. Delegierte für den großen Parteitag sind Jan Rothenbacher, Mathilde Maier und Ramona Häberlein-Klumpner. Für den kleinen Parteitag wurde Jan Rothenbacher als Delegierter gewählt.