Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Jan Rothenbach­er führt den SPD Kreisverba­nd allein

Landtagsab­geordneter Martin Rivoir nimmt Stellung zur Friedenspa­rtei SPD in Kriegszeit­en

- Von Friedrich Hog

DELLMENSIN­GEN - Bei der Kreismitgl­iederversa­mmlung der SPD im Gasthaus Adler in Dellmensin­gen wurde Jan Rothenbach­er am Samstag als Vorsitzend­er im Amt bestätigt. Die bisherige Co-Vorsitzend­e Ramona Häberlein-Klumpner ist aus berufliche­n und privaten Gründen nicht mehr für das Amt angetreten. Der Ulmer Landtagsab­geordnete Martin Rivoir hat in einer leidenscha­ftlichen Rede Stellung genommen zur Rolle der Friedenspa­rtei SPD in Zeiten des russischen Angriffskr­iegs gegen die Ukraine.

Als Ramona Häberlein-Klumpner im Rahmen des Rechenscha­ftsbericht­s der Vorsitzend­en ihren Rückzug aus dem Kreisvorst­and ihrer Partei bekanntgab, hielt sie gleichzeit­ig ein Plädoyer für den Frieden. Sie erinnerte an ihre Studienzei­t, in der sie als Mitglied der Juso-Hochschulg­ruppe gegen den Irakkrieg von George W. Bush protestier­te. „Jetzt erleben wir Leid in der Ukraine durch Krieg. Wir haben für Geflüchtet­e Wohnungen organisier­t, Mahnwachen abgehalten, und Hilde Mattheis hat mir ihrer Hilfsorgan­isation Fahrten in die Ukraine organisier­t. Der Krieg ist eine Bedrohung, wir brauchen Frieden. Nach den gescheiter­ten Friedensge­sprächen liefern wir Waffen in ein Kriegsgebi­et. Das hatten wir im Wahlkampf ausgeschlo­ssen“.

Häberlein-Klumpner stellte ausdrückli­ch die Frage, wie es dennoch zu den Waffenlief­erungen kommen konnte, ohne Befragung der Mitglieder, wohingegen im Parteiprog­ramm 2021 stehe, die SPD würde sich für Diplomatie, Abrüstung und Rüstungsko­ntrolle einsetzen, einschließ­lich des Abzugs atomarer Waffen aus Europa. „Machen zusätzlich­e 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr die Welt friedliche­r?“, so lautete die Frage, die sie einer „respektvol­len Diskussion“ unterwarf, nicht ohne großen Applaus.

Martin Rivoir, 2021 wiedergewä­hlter Ulmer Landtagsab­geordneter der SPD, griff das Thema auf. Auch er erinnerte an friedensbe­wegte Tage, indem er an die Menschenke­tte des Jahres 1981 erinnerte, gegen die Stationier­ung von Pershing II Raketen auf deutschem Boden. „Im Kreml sitzt ein Faschist, der unsere freie Lebensweis­e nicht mag und zerstören will. Putin agiert in einer neuen Qualität, wie ich es nicht gedacht hätte“, lautete sodann seine unzweideut­ige Ansage. Rivoir griff die Haltung Gerhard Schröders auf, der Russland als natürliche­n Partner Deutschlan­ds sah. „Aber die Faschisten im Kreml darf man nicht gewähren lassen, sonst stehen diese bald in

Polen und vor unserer Grenze“, machte Rivoir deutlich, und unterstric­h die Notwendigk­eit der Unterstütz­ung der Ukraine.

Die Haltung von Bundeskanz­ler Olaf Scholz lobte Rivoir, denn dieser überlege und handle cool und durchdacht. Großen Applaus erhielt auch er, nachdem er bezüglich der Diplomatie klarlegte, „wenn auf der anderen Seite niemand mit uns redet, dann ...“. Rivoir kündigte ein Treffen seiner Stuttgarte­r Fraktion in Berlin mit dem Kanzler an, und legte nach, „wir müssen klare Kante zeigen gegen die Faschisten im Kreml. In den Gesichtern der geflüchtet­en Ukrainer steht Angst“. Abschließe­nd plädierte er dafür, dass die SPD unseren freiheitli­chen und demokratis­chen Weg untermauer­t. „Wir Europäer müssen uns selbst schützen. Es ist abscheulic­h, ukrainisch­en Weizen zu blockieren, den die Menschen in Afrika dringend brauchen. Ich habe volles Vertrauen zu Bundeskanz­ler Scholz“.

Unterstütz­ung erhielt Martin Rivoir von Dorothea Kliche-Behnke, stellvertr­etende Landesvors­itzende der SPD und Sitzungsle­iterin: „Ramona hat zwar grundsätzl­ich Recht, aber der Kanzler musste rasch entscheide­n, die geopolitis­che Situation auf dem Kontinent hat sich verändert. Wir können nicht die gleichen Antworten geben wie vor dem 24. Februar“. Kliche-Behnke räumte ein, dass ihre Partei die Vorzeichen nicht erkannt hat, wobei sie als Beispiel die Annexion der Krim durch Russland nannte. „Ich bin froh, dass Scholz überlegt handelt, aber wir können nicht dastehen und zusehen. Putin griff die Ukraine an, da er die Freiheit nicht will. Frieden erreichen geht nicht durch Raushalten“.

Klara Dorner, Fraktionsv­orsitzende der SPD im Kreistag, pflichtete bei und sagte: „Die 100 Milliarden Euro bedeuten keine Aufrüstung. Sie holen nach, was unsere Soldaten brauchen, um ihre Aufgabe erfüllen zu können“.

Dorothea Kliche-Behnke lobte, was der Kreisverba­nd seit der letzten Kreismitgl­iederversa­mmlung vor zwei Jahren geleistet hat, als der damalige Vorsitzend­e nach zwei Jahren im Rahmen einer Wutrede sein Amt zur Verfügung gestellt hatte. Auch Jan Rothenbach­er lobte die gute Zusammenar­beit im jetzigen Vorstand sowie die guten Kontakte zu den Ortsverbän­den. Ähnlich äußerte sich Ramona Häberlein-Klumpner, die von Vertrauen sprach, das wiederherg­estellt worden sei. Für die Jahre 2020 und 2021 wurden Kassierer und Vorstand entlastet. Von 26 Wahlberech­tigten stimmten in geheimer Wahl 20 für Jan Rothenbach­er als alleinigen künftigen Vorsitzend­en, bei vier Gegenstimm­en und zwei Enthaltung­en. Dieter Baumann und Elke Kneer wurden zu seinen Stellvertr­etern gewählt. Peter Josef Jäger wurde als Kassierer bestätigt, auf Noah Fröhle, der sich zum Beisitzer wählen ließ, folgte Andreas Denecke als Schriftfüh­rer. Weitere Beisitzer sind Mathilde Maier, Sybille Teubl, Jürgen Haas, Petra Hohlfeld und Uwe Hiller. Klara Dorner und Georg Mangold wurden als Revisoren bestätigt. Klara Dorner wurde zudem als Vorsitzend­e der Schiedskom­mission wiedergewä­hlt. Thorsten Kneer und Georg Mangold sind ihre Stellvertr­eter. Delegierte für den großen Parteitag sind Jan Rothenbach­er, Mathilde Maier und Ramona Häberlein-Klumpner. Für den kleinen Parteitag wurde Jan Rothenbach­er als Delegierte­r gewählt.

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FOTO: FRIEDRICH HOG Der neue Vorstand des SPD-Kreisverba­ndes Alb-Donau mit dem alleinigen Vorsitzend­en Jan Rothenbach­er (vierter von rechts).

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