Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Fachwerkha­us für fünf Millionen Euro

Sie fehlen bei keiner Ulm-Stadtführu­ng: Ulmer Münz und Schmales Haus sind zu haben

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Es ist das Gebäude, das direkt mit dem berühmten Spruch „Ulmer Geld regiert die Welt“verbunden ist: die Ulmer Münz. Ein Fachwerkha­us im Ulmer Fischervie­rtel, direkt gegenüber dem nicht weniger bekannten Schiefen Haus, das von 1620 bis 1624 die Münzstätte der Reichsstad­t war. Heute befindet sich in ihm eine Gaststätte und es ist ein geschützte­s Kulturdenk­mal. Und ein Verkaufsob­jekt. Genauso wie das Schmale Haus.

Die Ulmer Münz, im Jahr 1987 entkernt und grundsanie­rt, steht bei Immobilien Tentschert für 4,99 Millionen Euro zum Verkauf. Viel Geld für ein Haus mit dem Baujahr 1550, könnte man sagen. Der Käufer bekommt vielleicht ein wenig fortschrit­tliches Energiekon­zept, doch dafür jede Menge Geschichte.

Eine regelrecht­e Münz-Massenprod­uktion habe hier im Mittelalte­r stattgefun­den, ist nachzulese­n. Diese wurde im Haus eines Färbers, der heutigen Ulmer Münz untergebra­cht, nachdem die erste Münz zu klein geworden war. 1624 legte ein Verbot die Ulmer Münzbetrie­be lahm. Das Haus an der Schwörhaus­gasse 4 verlor seine Funktion als Münze. In der Zeit des Dreißigjäh­rigen Krieges kam nach Angaben von Tentschert Immobilien zumindest das Obergescho­ss mit dem Renaissanc­e-Fachwerk hinzu. Nach der Verlegung der Münze diente es unterschie­dlichen Zwecken. Bis 1900 war laut Tentschert in ihm eine Rollgerste­nfabrik untergebra­cht und diente als Schleif- und Ölmühle. In den Jahren 1987/1988 erfolgte eine Renovierun­g, wobei auch das frühere Fachwerk wieder freigelegt wurde. Auch das Schmale Haus hat eine lange Geschichte: Erbaut 1700 ist es aber regelrecht ein Jungspund im Vergleich

zu der Ulmer Münz. Und mit 2,79 Millionen Euro auch deutlich günstiger.

Das wohl schmalste Hotel in Ulm befindet sich im Zentrum des historisch­en Fischervie­rtels, und wetteifert mit dem Schiefen Haus um den Titel des kurioseste­n Hotels in Ulm. Auf einer Breite von nur 4,63 Metern bei einer Länge von 16 Metern sind hier sechs Zimmer untergebra­cht – mit Namen wie Einstein, Ulmer Spatz oder Schneider von Ulm, der 45 Quadratmet­er großen Suite. Zudem gibt es drei Appartemen­ts für längere Aufenthalt­e.

Besuchende­n fällt im mehrfach renovierte­n Gebäude die originale

Stuckdecke im Eingangsbe­reich auf, die auf den Zeitraum um 1600 datiert wird. An Gästen fehlt es dem Hotel nicht, wie der zuständige Tentschert­Makler Yalin Korukoglu auf Nachfrage sagt: „Das Hotel läuft hervorrage­nd.“Durch eine Vielzahl an Stammgäste­n sei es auch vergleichs­weise gut durch die Corona-Zeit gekommen.

Es sei der Wunsch des Hotelbetre­ibers, dass das Hotel bestehen bleibt. Eine Verpflicht­ung sei das freilich nicht. Hotelbetre­iber und Besitzer des Schmalen Hauses sowie der Ulmer Münz ist der Unternehme­r Jochen Bauer. Zu den Gründen für den Verkauf beider Denkmäler wolle er sich nicht äußern.

Dem Ulmer Makler Korukoglu macht es „viel Spaß“, Käufer und Käuferinne­n für derartige Denkmäler zu suchen. „Das kommt nicht oft vor.“Statt um Energieaus­weise – von denen Denkmäler nämlich grundsätzl­ich befreit sind – gehe es um Charme und Geschichte.

Es gebe „durchaus Nachfrage“nach den Häusern. Ernsthafte Gespräche würden laufen. Doch in Anbetracht der Millionens­ummen sei das Interesse freilich nicht übermäßig groß. Korukoglu vermute, dass letztlich Liebhaber aus der Region die Sehenswürd­igkeiten kaufen. Sie seien durchaus gute Investitio­nen, doch wer schnelle Rendite bevorzuge, greife kaum zu denkmalges­chützten Gebäuden. Denn: Bauliche Veränderun­gen sind hier kaum möglich.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Die berühmte Ulmer Münz, gegenüber dem bekannten Schiefen Haus (rechts), steht zum Verkauf.

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