Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Maria drückt nun Jabeur die Daumen

Bad Saulgaueri­n gönnt ihrer Freundin den Wimbledon-Sieg – Sie selbst spielt dann in Essen

- Von Cai-Simon Preuten und dpa

LONDON (SID) - Wo und ob sie das Wimbledon-Finale zwischen Ons Jabeur und Jelena Rybakina am Samstag sehen kann, weiß Tatjana Maria noch nicht so genau. Wohl aber, wem sie die Daumen drückt. „Ons ist ein ganz toller Mensch“, sagte Maria, deren eigene Finalambit­ionen mit der Dreisatzni­ederlage gegen ihre Freundin Jabeur ein Ende fanden: „Jetzt muss sie es auch holen, sie hat es so verdient.“

Tatjana Maria, ihr Ehemann Charles und die beiden Kinder Charlotte und Cecilia werden dann auf jeden Fall nicht mehr in London sein. „Am Samstag ist Bundesliga, wo wir um die deutsche Meistersch­aft spielen“, sagte sie. „Vielleicht bin ich ja dort.“Beim TC Bredeney in Essen wäre das – es ist der Verein, für den auch ihre Viertelfin­algegnerin Jule Niemeier antritt. „Kann sein, dass Jule und ich dann wieder auf derselben Seite des Netzes stehen.“

Vom Centre Court in Wimbledon auf die Provinzbüh­ne in Essen-Bredeney – was viele vielleicht als Kulturscho­ck empfinden, ist für Maria ganz normal. „Ich kehre jetzt ins normale Leben zurück“, versichert­e sie. „Ich bin sehr bodenständ­ig. Meine Familie, meine Kinder sind das Wichtigste für mich, daran wird sich auch nichts ändern.“Doch nach ihrem sensatione­llen Abschneide­n in Wimbledon denkt die Bad Saulgaueri­n Maria noch längst nicht an ein Ende der Tennis-Karriere. „Ich mache mir da keine Gedanken, wie lange ich noch spiele. Ich fühle mich fit. Es kann sein, dass ich noch sehr, sehr lange spiele“, sagte die 34-Jährige: „Momentan bin ich fit, und es wird auf jeden Fall weitergehe­n.“

Während des Turniers hatte Maria auch über eine eventuelle Fortsetzun­g ihrer Karriere gesprochen, bis ihre derzeit achtjährig­e Tochter Charlotte womöglich auch den Sprung in den Profiberei­ch schaffe. „Ich habe immer Scherze gemacht, dass ich nach einem dritten (Kind) auch vielleicht wieder zurückkomm­e. Und vielleicht bleibe ich so lange auf der Tour, bis Charlotte spielt. Man weiß nie, was passiert“, sagte sie diese Woche. „Mittlerwei­le habe ich gelernt, das offen zu lassen und einfach zu sehen, wie ich mich fühle. Vielleicht bin ich dann immer noch auf der Tour.“

Ons Jabeur jedenfalls hat für ihre enge Freundin nur lobende Worte im Überfluss. „Ich hoffe, sie macht so weiter“, sagte sie. Es habe sich „nicht angefühlt, als würde ich gegen die Nummer 103 der Welt spielen. Tadde ist eine Inspiratio­n, es ist unglaublic­h, was sie in den letzten Jahren geschafft hat.“

Aber auch Jabeur darf mit einigem Recht sehr stolz sein auf das, was sie in den vergangene­n Jahren erreicht hat. Als sie im Juni 2021 das WTATurnier in Birmingham gewann, gelang ihr das als erster Spielerin der arabischen Welt. Wenig später folgte die Premiere im Viertelfin­ale von Wimbledon, im Oktober dann die erste in den Top Ten der Weltrangli­ste. Mittlerwei­le ist sie die Nummer zwei im Ranking – und die erste Afrikaneri­n in einem Grand-Slam-Finale. „Ich spiele ja nicht nur für mich“, sagte die 27-Jährige: „Ich spiele für mein

Land, für die arabische Welt, für den afrikanisc­hen Kontinent.“

Sie will Türen öffnen, eine Wegbereite­rin sein: „Ich bin eine stolze tunesische Frau. Diese Botschaft möchte ich an alle jungen Mädchen und Frauen in meiner Heimat weitergebe­n.“

Auch Jelena Rybakina hat eine Botschaft – und sie versuchte nach ihrem Halbfinals­ieg gegen Simona Halep (Rumänien) alles, um diese so glaubhaft wie möglich zu transporti­eren. Immerhin dreht sich in Wimbledon noch immer vieles um den Ausschluss der Russen und Belarussen aufgrund des Überfalls auf die Ukraine. Sie spiele schon lange für Kasachstan, sie sei bei Olympia für Kasachstan angetreten, nichts verbinde sie mit Russland, versichert­e die 23-Jährige, die in Moskau geboren wurde. Und tief im Herzen, fühlt sie sich denn nicht vielleicht doch als Russin? „Was soll das bedeuten? Ich bin eine Tennisspie­lerin.“– Keine weiteren Fragen.

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FOTO: JAVIER GARCIA/SHUTTERSTO­CK/IMAGO Die im Halbfinale unterlegen­e Tatjana Maria (links) gratuliert Ons Jabeur zum Sieg.

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