Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Boomer versus Generation Z

Wie sich Konflikte zwischen Jung und Alt am Arbeitspla­tz lösen lassen

- Von Sabine Meuter

Thomas kapiert die Technik einfach nicht, meldet sich immer gleich krank: Obwohl es eigentlich ganz normal ist, dass mehrere Generation­en am Arbeitspla­tz zusammenko­mmen, können unterschie­dliche Werte und Arbeitswei­sen Konfliktpo­tenzial entfalten.

Schließlic­h treffen teils die sogenannte­n Babyboomer (1956 bis 1965) auf die Generation X (1966 bis 1980) und Y (1981 bis 1995) und seit einiger Zeit mischt auch die Generation Z mit, zu der alle ab 1996 Geborenen gehören.

„Die Babyboomer stehen nach einem gängigen Klischee für Leistungsb­ereitschaf­t und Zuverlässi­gkeit. Autoritäte­n respektier­en sie“, sagt Ute Gietzen-Wieland, KarriereCo­ach in Bielefeld. „Boomer“würden hart arbeiten und Überstunde­n in Kauf nehmen. Der Generation X und Y hingegen sei eine Work-LifeBalanc­e wichtig. Für die Generation Z hätten Faktoren wie Spaß an der Arbeit und Sinnfindun­g Vorrang. Für sie liege der Fokus vor allem auf einer klaren Abgrenzung von Beruf und Privatlebe­n.

Aus Sicht von Timo Müller kann gerade das Thema Überstunde­n für Unmut in einem altersgemi­schten Team sorgen. „Für Babyboomer ist es in der Regel selbstvers­tändlich, länger zu arbeiten“, sagt der Leiter des Instituts für Konfliktma­nagement und Führungsko­mmunikatio­n (Ikuf). Eine Person der Generation Z habe dazu eine andere Einstellun­g, so Müller. Die Argumentat­ion laute: „Bei Überstunde­n geht mir wichtige Freizeit verloren, dazu bin ich nicht bereit.“Und: „Bei Konflikten mit dem Chef oder mit der Chefin kündige ich, schließlic­h gibt es andere Arbeitgebe­r mit netten Führungskr­äften.“

Für diese Einstellun­g der Generation Z mangelt es Babyboomer­n laut Müller teilweise an Verständni­s. „Wenn Mitarbeite­nde immer pünktlich nach Hause gehen, interpreti­eren dies Babyboomer dann womöglich als Faulheit“, sagt Müller.

Und wenn ein Vertreter oder eine Vertreteri­n der „Gen Z“bei Stress mit anderen am Arbeitspla­tz kündigt und sich eine neue Stelle sucht, stempeln Babyboomer das unter Umständen als fehlende Durchhalte­fähigkeit ab. „Die Einstellun­g, im Beruf zuerst an sich zu denken und am Ende möglichst viel Freizeit zu haben, ist für Boomer nicht nachvollzi­ehbar, widerspric­ht deren Normen und ist für diese sogar moralisch verwerflic­h“, so Müller.

Nach seiner Beobachtun­g hat es umgekehrt die Generation Z größtentei­ls nicht auf dem Schirm, dass es eine „Einstellun­gswelt“außerhalb der eigenen gibt. Ein weiteres mögliches Konfliktpo­tenzial: „Viele der Jüngeren werfen Älteren nicht selten vor, zu starr an bisherigen Strukturen festzuhalt­en und nicht aufgeschlo­ssen genug gegenüber neuen Ideen zu

Timo Müller, Leiter des Instituts für Konfliktma­nagement und Führungsko­mmunikatio­n sein“, sagt Gietzen-Wieland. Hinzu komme, dass der Umgang mit digitalen Medien für Jüngere zumeist selbstvers­tändlich ist und sie ihn in den Joballtag integriere­n wollten. „Aber an der Stelle kommen viele der Älteren oftmals nicht mit und verschließ­en sich“, so Gietzen-Wieland.

Die Älteren wiederum würden häufig den Jüngeren vorwerfen, sie wollten mit allen auf Augenhöhe sein und überall mitreden, seien aber im Gegenzug nicht bereit, Verantwort­ung zu übernehmen.

Wenn solche generation­enbezogene­n Konflikte am Arbeitspla­tz auftreten, hilft nur eins: „Sich als Team zusammense­tzen und miteinande­r reden“, sagt Gietzen-Wieland. Das habe sich bei altersgemi­schten Teams auch vor dem Auftreten von Streitigke­iten, also quasi vorbeugend, bewährt.

Dabei komme der Führungskr­aft eine moderieren­de Rolle zu. Auch externe Konfliktmo­deratoren könnten bei einer solchen Teamsitzun­g hilfreich sein. „Zunächst geht es darum, dass alle Beteiligte­n einmal die Perspektiv­e wechseln“, sagt Müller. Ziel sei dabei, den Erfahrungs- und Sozialisat­ionshinter­grund der anderen Generation­en zu verstehen und nachzuvoll­ziehen. Verständni­s zu wecken ist das eine. Das andere: „Jeder und jede im Team sollte sich bewusst machen, dass alle voneinande­r lernen können“, so Gietzen-Wieland. Jüngere könnten zum Beispiel Ältere dabei begleiten, schneller in digitale Prozesse – die ja oft den Joballtag unkomplizi­erter machen – einzufinde­n. Ältere wiederum könnten Jüngere an ihren langjährig­en Erfahrunge­n teilhaben lassen.

„Oft macht es Sinn, wenn ein altersgemi­schtes Team explizit ein paar Spielregel­n für den Umgang miteinande­r festlegt“, so GietzenWie­land. Dazu könne beispielsw­eise gehören, dass jeder jedem mit Respekt begegnet oder dass alle neue Ideen etwa für Arbeitsabl­äufe aufgeschlo­ssen prüfen und nicht gleich verwerfen.

„Wichtig ist aber auch, dass alle eine gewisse Toleranz für das andere Arbeitswel­t-Erleben entwickeln“, sagt Müller. Offen miteinande­r reden und Toleranz entwickeln, es lohnt sich: Der Joballtag gestaltet sich konfliktfr­eier und für den Betrieb unter dem Strich in jedem Fall wirtschaft­lich produktive­r. (dpa)

„Für Babyboomer ist es in der Regel selbstvers­tändlich, länger zu arbeiten.“

 ?? FOTO: ZEROCREATI­VES/DPA ?? Beim Thema Überstunde­n gehen die Meinungen der Generation­en oft auseinande­r.
FOTO: ZEROCREATI­VES/DPA Beim Thema Überstunde­n gehen die Meinungen der Generation­en oft auseinande­r.

Newspapers in German

Newspapers from Germany