Gemeinsame Lehrlingszeit schweißt Frauen zusammen
Vor 50 Jahren machten sie eine Ausbildung bei der Biberacher Stadtverwaltung – Frauenfreundschaft besteht bis heute
- Am 1. September 1972 haben sieben junge Frauen ihre Ausbildung bei der Stadtverwaltung Biberach begonnen: Edith Ruf-Weis, Cornelia Fehr, Angelika Hecht, Christa Wiest, Inge Großkreutz, Sigrid Gnandt und Luzia Mayer waren sogenannte Bürogehilfinnen. Diese Zeit hat die Frauen aus Biberach und Umgebung so zusammengeschweißt, dass ihre Freundschaft bis heute hält. Ein Grund, diese 50 Jahre gebührend zu feiern – und zwar auch an den Orten, an denen sie früher gearbeitet haben. So hatten sie teilweise ihre Büros im heutigen Stadtarchiv, dem Roten Bau, und auch die Räume im Ochsenhauser Hof erinnern sie daran, wie sie Schreibmaschineschreiben gelernt haben.
„Wir hatten eine tolle Zeit als Stifte, so wurden die Azubis früher genannt, und haben zusammengehalten wie Pech und Schwefel“, erinnert sich Cornelia Fehr. „Es ist Wahnsinn, wie die Zeit vergeht und plötzlich sind wir 50 Jahre befreundet.“Damals waren sie noch junge Mädchen zwischen 14 und 16 Jahren, als sie ihre Ausbildung begonnen haben. „Ich war damals erst 14 Jahre alt“, erinnert sich Sigrid Gnandt. „Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, so früh mit einer Ausbildung zu beginnen.“Für ein paar der jungen Damen war es damals schon eine Herausforderung, vom „Land“in die „große Stadt“zu fahren: „Ich bin gefühlt Ewigkeiten mit dem Bus von Tristolz nach Biberach gefahren und dann musste ich vom Bahnhof aus erst einmal das Rathaus finden“, erzählt Christa Wiest.
Als sie ankam, lernte sie dann auch gleich die anderen kennen und hätte niemals gedacht, dass sie so viel Spaß zusammen hätten und dass diese Zeit so prägend sein würde. „Bei uns gab es auch keine Eifersüchteleien, wir haben uns sofort gut verstanden“, sagt Cornelia Fehr.
Inge Großkreutz erinnert sich auch noch, wie sie eine ältere Kollegin einmal fragte, wie lange sie schon hier sei. „Sie antwortete fünf Jahre und innerlich habe ich gedacht, das schaffe ich nie.“Und jetzt ist Inge Großkreutz die einzige der sieben Frauen, die noch berufstätig ist.
Früher spielte sich bei den jungen Azubinen alles im sogenannten Lehrlingszimmer ab. „Das war quasi unsere WhatsApp-Gruppe, unser Facebook oder Instagram“, sagt Cornelia
Fehr. Hier gab es Klatsch und Tratsch, hier wurde alles ausgetauscht, Sorgen wie Freude. „Da konnten wir auch immer unsere Hausaufgaben machen“, erinnert sich Angelika Hecht. „Und es gab ein kleines Dachfenster, aus dem Conni immer rausgeraucht hat“, sagt Christa Wiest und lacht.
Es sind all diese Erinnerungen an die gemeinsame Zeit, die die sieben Frauen bis heute zusammengeschweißt haben. „Wir hatten eine großartige Lehrzeit, ich denke gerne daran zurück“, sagt Cornelia Fehr. Nach erfolgreich bestandener Prüfung wurden alle in feste Arbeitsverhältnisse übernommen. Ein paar der Frauen blieben lange Zeit bei der Stadtverwaltung, andere wechselten die Stellen, sie heirateten irgendwann und bekamen Kinder. „Der Kontakt untereinander ist aber nie abgebrochen. Wir haben uns immer in unregelmäßigen Abständen getroffen.“Und das soll auch nach 50 Jahren so weitergehen: „Zwischenzeitlich sind wir fast alle Rentnerinnen und einige auch Großmütter. Unsere Lehrlingstreffen sind und werden auch weiterhin immer etwas Besonderes bleiben“, sagt Cornelia Fehr.
So erinnern sich noch alle gerne an die Schützenfeste in der Lehrlingszeit zurück: „Da durften wir immer die Biberacher Tracht tragen und waren auch immer eingebunden“, sagt Edith Ruf-Weis. So zum Beispiel beim Empfang im Rathaus, den es bis heute gibt.
Ein einschneidendes Erlebnis war auch, als es den ersten Computer bei der Stadtverwaltung gab: „Bei der Stadtkasse und bei der Gehalts- und Lohnstelle gab’s den ersten Computer, das war vielleicht was“, erinnert sich Edith Ruf-Weis. „Wir hatten ja alle keine Ahnung, was ein Computer ist.“
Bei einer Gruppe von unterschiedlichen Frauen, gibt es aber immer eine, die die Gruppe zusammenhält. In diesem Fall war es Sigrid Gnandt, die die Treffen immer wieder plante. So auch das 50-jährige Bestehen der Frauenfreundschaft am vergangenen Donnerstag. Sie trafen sich erst einmal zu einem ausgiebigen Frühstück im Café Wagner, von dort aus ging es zu einer Führung ins Stadtarchiv und später in den Ochsenhauser Hof. Es wurde viel gelacht, über früher geplaudert und auch schon das nächste Treffen geplant.