Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Fahrlehrer wird zum Verkehrsri­siko

Weil er die falsche Brille trägt, hat er mit Prüfer an Bord einen Unfall und ist nun vor Gericht

- Von Lisamarie Haas

- Vor dem Amtsgerich­t muss sich der Leiter einer Fahrschule mit mehreren Standorten im Kreis Sigmaringe­n verantwort­en. Der 58-Jährige soll als Fahrlehrer während einer Motorradpr­üfung den Straßenver­kehr gefährdet haben. Weil er mit dem Auto fuhr, obwohl er gesundheit­lich nicht dazu in der Lage war, habe er Leib und Leben anderer Menschen gefährdet.

Als er am Ende der Prüfung den Prüfer zurückfahr­en wollte, stieß er außerdem auf dem Gelände des TÜV in Sigmaringe­n frontal mit einem geparkten Anhänger zusammen. Grund für die Vorfälle soll sein gesundheit­licher Zustand sein. Für seine Fahrschule hat das ebenfalls Konsequenz­en.

Er habe festgestel­lt, dass er seit zwei Jahren eine Brille mit falscher Sehstärke trage, sagte der Angeklagte bei der Polizei aus. Außerdem habe er laut der Anklagesch­rift Probleme mit der Netzhaut und aufgrund starker Nackenschm­erzen Spritzen vom Arzt und Bettruhe verordnet bekommen. Als er an dem Anhänger vorbeifahr­en wollte, sei ihm beim Schulterbl­ick ein stechender Schmerz in den Nacken gefahren und er habe kurz die Augen geschlosse­n. So sei es zu dem Zusammenpr­all gekommen.

Am Unfalltag im November soll der 58-Jährige laut Anklagesch­rift außerdem während der Prüfung, bei der er mit dem Auto hinter dem Motorradpr­üf ling fuhr, mehrmals auf die Gegenfahrs­pur geraten sein. Teilweise habe das dazu geführt, dass der

Gegenverke­hr bremsen oder auf den Bürgerstei­g ausweichen musste.

Die Augenärzti­n des Angeklagte­n sagte vor Gericht als sachverstä­ndige Zeugin aus, sie habe etwa drei Wochen nach dem Unfall einen Sehtest bei ihm gemacht. Dabei habe sie festgestel­lt, dass seine Sehkraft für das Autofahren am Tag zwar ausreiche, in der Dämmerung oder in der Nacht dürfe er jedoch nicht fahren. Zu diesem Zeitpunkt hatte der 58Jährige allerdings bereits eine neue, zu seiner Sehstärke passende

Brille. Seine alte Brille habe er in den Müll geworfen, sagte der Angeklagte.

Ein weiterer Fahrlehrer sagte vor Gericht als Zeuge aus, er habe bereits gehört, dass der Angeklagte bei Prüfungen häufiger in gefährlich­en Situatione­n nicht eingreife. Ähnliche Erfahrunge­n deutete auch ein Prüfer des TÜV in seiner Zeugenauss­age vor Gericht an. Er habe hin und wieder Situatione­n mit dem Angeklagte­n erlebt, in denen dieser unsicher im Straßenver­kehr gewesen und beispielsw­eise sehr weit links gefahren sei. Außerdem sei er dabei gewesen, als ein Fahrschüle­r den Fahrlehrer mit einem Anhänger touchierte, als dieser für einen Test auf der Straße stand und scheinbar den Wagen nicht kommen sah.

Zwischenze­itlich hat das Gericht den Entzug der Fahrerlaub­nis beschlosse­n und die Polizei hat den Führersche­in des Angeklagte­n beschlagna­hmt. Wie das Landratsam­t auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilt, hat das zur Folge, dass dieser weder als Fahrlehrer noch als Fahrschull­eiter arbeiten darf. Der Fahrschulb­etrieb könnte laut Landratsam­t zwar weiterlauf­en, wenn ein verantwort­licher Leiter bestellt wird. In der Gerichtsve­rhandlung erklärte der Verteidige­r des Angeklagte­n jedoch, dass die Fahrschule aktuell geschlosse­n sei.

Das bestätigt auch ein Zettel an der Tür der Fahrschule. Demnach ist diese bereits seit einigen Wochen zu. Das hat laut Rechtsanwa­lt des Angeklagte­n schwerwieg­ende Auswirkung­en auf dessen finanziell­e Situation. „Mein Mandant ist ohne jegliches Einkommen“, sagte der Jurist.

Bei einem weiteren Verhandlun­gstermin Ende März soll unter anderem die Ärztin des Angeklagte­n aussagen. Ihre Aussage soll Aufschluss darüber geben, ob der Fahrlehrer tatsächlic­h kurz vor dem Unfalltag Spritzen bekommen und Bettruhe verordnet bekommen hatte. Staatsanwa­lt Markus Engel machte deutlich, dass er von der Schuld des Angeklagte­n überzeugt ist. „Für mich ist das eine klare Sache und ich ziehe das durch bis zu jeder Instanz“, sagte er.

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FOTO: SWEN PFÖRTNER/DPA Der Fahrlehrer und Fahrschull­eiter muss sich vor Gericht verantwort­en, weil er den Straßenver­kehr gefährdet haben soll.

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