Auf Entdeckungstour entlang der irischen Route 66
Beim Wandern am Wild Atlantic Way lernt man Irland von seiner ungebändigten Seite kennen
Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Das könnte das Motto für alle Wanderer sein, welche die irische Insel erkunden wollen. Besonders entlang des Wild Atlantic Way, auch die irische Route 66 genannt, zeigt sich, dass Irland nicht nur für seine grünen Weiden, Pubs, Kerrygold-Butter und Schafe bekannt ist.
Der Wild Atlantic Way zieht sich entlang der irischen Westküste durch spärlich besiedelte Orte, schroffe Klippen und mit Heidekraut bewachsene Hügel. Mit über 2500 Kilometern Länge ist die Straße eine der längsten zusammenhängenden Küstenstraßen der Welt, an deren Verlauf besondere Orte liegen. Entlang der Straße befinden sich nicht nur zahlreiche Burg- und Klosterruinen, man wandert auch im Schatten des Berges Ben Bulben und bestaunt den bekannten Brandungspfeiler Downpatrick Head.
Beginnend im Norden der Insel im County Donegal schlängelt sich der Wild Atlantic Way – beschildert mit einer weißen Welle auf hellblauem Hintergrund – entlang der Westküste bis in das County Cork im Süden Irlands. Mit dem Auto ist man mit zahlreichen Stopps etwa 14 Tage unterwegs. Entlang dieser Küstenstraße gibt es viele ausgeschilderte Wanderwege, auf denen man die Insel entdecken kann.
Pf licht bei Wanderungen in Irland sind wasserfeste Kleidung und gute Wanderschuhe. Die Iren mögen ihr Wetter zwar „soft“, also weich, nennen. Bei über 300 Regentagen im Jahr und manchmal minütlichem Wechsel zwischen Regen und Sturmböen mit Sonnenschein sollte man auf jede Wetterlage vorbereitet sein.
Entlang der Küstenstraße gibt es mehrere Sehenswürdigkeiten, zum Beispiel die rund 600 Meter hohen Klippen „Slieve League“. Sie gehören zu den höchsten Klippen Europas und sind über mehrere Wanderwege oder mit dem
Auto erreichbar. Besondere Stopps entlang des Wild Atlantic Way sind mit sogenannten Discovery Points, Entdeckungspunkten, gekennzeichnet. Eine dieser 188 wellenförmigen Metallstatuen steht in der Nähe des Downpatrick Head. Bei dem aus dem Atlantik herausragenden Brandungspfeiler handelt es sich um eines der bekanntesten Fotomotive Irlands. Vom Parkplatz aus läuft man noch etwa 500 Meter zu Fuß bis zur Klippe an der Atlantikküste, an der sich die Landzunge befindet. Von hier aus kann man weiter entlang der Küstenlinie oder am Strand wandern.
In Irland gibt es ein gut beschildertes Wanderwegenetz. Wer eine Wanderung mit einer Nacht unter dem Sternenhimmel verbinden will, sollte im Nephin National Park einen Stopp einplanen. Der Park liegt im County Mayo. In ihm erstrecken sich auf rund 15.000 Hektar atlantisches Deckenmoor in unbewohntem und hügeligem Gebiet. Mehrere Wanderwege durchziehen den
Park, zum Beispiel der kurze „Claggan Mountain Coastal Trail“oder der sechs Kilometer lange Bothy-Rundweg, bei dem man bei schlechtem Wetter in wieder aufgebauten Kuhhütten übernachten
kann. Wer mit dem Zelt unterwegs ist, kann an gekennzeichneten Wildcamps an einem Fluss mit eingegrenzten Feuerstellen übernachten. Der Park ist auch einer der besten Orte weltweit, um bei gutem Wetter Sterne zu beobachten. Deshalb ist der Parkplatz beim Besucherzentrum während der Saison auch nachts geöffnet. Dann wird der Nephin National Park zum Mayo Dark Sky Park. Vor Ort sagen die Menschen auch: Half the park is after dark, die Hälfte des Parks zeigt sich erst mit der Dunkelheit.
Eine etwas anstrengendere Wanderung ist der Weg zum Steinhügelgrab von Queen Maeve. Dieses befindet sich in der Nähe der Küstenstadt Sligo auf dem 327 Meter hohen Berg Knocknarea. Nach einer kurzen Wanderung vom Parkplatz mit einem erst moderaten dann steileren Anstieg neben Kuhweiden und wilden Brombeerhecken erreicht man nach etwa drei Kilometern den großen Steinhügel mit Blick auf den Atlantik und die irische
Küste. Vom Cairn aus kann man entweder auf gleichem Weg zurückwandern oder auf einem der anderen Wege den Knocknarea wieder herunterwandern. Einer Legende nach wurde hier die kriegerische Königin Maeve begraben, die zu den bedeutendsten Figuren der irischen Mythologie gehört. Wanderführer Hugh MacConniville bezweifelt aber, dass Maeve tatsächlich am Knocknarea begraben ist. „Der Cairn wurde vor etwa 5000 Jahren errichtet, damals hat Maeve noch gar nicht gelebt“, sagt er. Was genau unter dem Steinhügel begraben ist, weiß man nicht, da die Steine des Hügelgrabs nicht bewegt werden sollen. Auch klettern ist auf dem Cairn verboten – nicht nur um das Denkmal zu schützen, sondern auch um keine Feen gegen die Menschen aufzubringen. Neben Knocknarea ist Ben Bulben die höchste Erhebung im County Mayo. Um diesen gibt es mehrere Wanderwege und Rundwege.
Nicht alle Wanderungen in Irland eignen sich für Anfänger. Der Aufstieg zum Ben Bulben kann je nach Wetter gefährlich werden, und zu den CroaghaunSteilklippen auf der Insel Achill sollten nur erfahrene Wanderer gehen, am besten mit einem lokalen Wanderführer. Der Weg zu den Klippen über den Berg Croaghaun ist nicht ausgeschildert und oft können sehr schwierige Wetterbedingungen herrschen. Windböen mit über 100 Stundenkilometern und starke Regenschauer sind keine Seltenheit. Wer nicht aufpasst, wird von den Füßen geholt. Auch auf dem Rückweg zum Parkplatz am Lough Acorrymore Damm besteht Rutschgefahr beim Abstieg. Wer den Aufstieg aber geschafft hat, den erwartet ein atemberaubender Ausblick über die Keem Bay und ihre Klippen.