Razavi sieht keinen Handlungsbedarf beim Welterbe
Anfrage des Landtagsabgeordneten Martin Rivoir bringt im Ministerium kein Umdenken oder gar neue Fördergelder
- Die dauerhafte Finanzierung der UNESCO-Welterbestätten in BadenWürttemberg sorgt immer wieder für Wirbel. Nach dem Scheitern einer Einigung für den Archäopark Lonetal und der Ablehnung eines Antrags im Landtag für Fördergelder, hatte auch die Stadt Schelklingen im Hinblick auf die unsichere Finanzsituation die Notbremse gezogen und die Pläne für ihren „Erlebnisraum, ein Informationszentrum für die Eiszeithöhle Hole Fels“, sprichwörtlich auf Eis gelegt. ein bereits gewährter Zuschuss des Landesamtes für Denkmalpflege in Höhe 280.000 Euro hat die Stadt zurückgegeben. Diese Entwicklung hat der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir zum Anlass genommen, bei der Landesregierung nachzufragen, ob die oben genannten Entwicklungen bekannt seien und wie Stuttgart die Entwicklung in Sachen UNESCO-Welterbe einschätze. Ministerin Nicole Razavi (CDU) sieht jedoch weiterhin keine Handlungsbedarf und die Zusagen der Landesregierung an die Kommunen erfüllt.
Auf Nachfrage teilt das das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen mit, dass es die kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Rivoir (SPD, Foto: Elisabeth Sommer) gleich im Einvernehmen mit Ministerium für Finanzen und dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus beantwortet. Der Sachverhalt rund um das seit mehreren Jahren in der Marktstraße 4 in Schelklingen geplante Projekt sei in Stuttgart bekannt. Auch, dass die Landesdenkmalpflege Baden-Württemberg die Initiative der Stadt Schelklingen zur Einrichtung des Erlebnisraums von Beginn an konzeptionell und auch finanziell unterstützt habe. Darunter falle auch der Förderantrag beim Landesdenkmalamt in Höhe von 280.000 Euro. Die Zuwendung wurde für Investitionsausgaben
bewilligt, laufende Betriebskosten waren nicht von der Förderung umfasst, erklärt das Ministerium. Allerdings weist die Unterzeichnerin, Ministerin Nicole Razavi, nicht darauf hin, dass es für laufende Betriebskosten kein entsprechendes Förderprogramm seitens des Landes gibt.
Ferner heißt es im Schreiben: „Einer öffentlichen Bekanntgabe der Stadt Schelklingen vom 8. Februar 2023 war zu entnehmen, dass der Gemeinderat in seiner nichtöffentlichen Sitzung am 18. Januar 2023 beschlossen hat, den Beschluss zum Einbau eines Erlebnisraums in das ehemalige Ladenlokal in der Marktstraße 4 aufzuheben und den Förderbescheid des Landesamts für Denkmalpf lege zurückzugeben.“
Nach der Begründung gefragt, verweist das Ministerium auf den Gemeinderatsbeschluss im Rahmen der Haushaltsberatungen, die eindeutige Einlassung des Schelklinger Stadtrats und Bürgermeister Ulrich Ruckhs, die explizit auf die fehlende Unterstützung des Landes hinweist und der Stadt damit keine Planungssicherheit gegeben habe, unterschlägt Razavi aber in ihrer Antwort.
Zum Verbleib von Mitteln in Höhe von 500.000 Euro aus dem Doppelhaushalt 2015/2016, welche laut Rivoir für die Errichtung eines Informationszentrums am „Hohle Fels“in Schelklingen verwendet werden sollten, erklärt das Ministerium, dass diese Mittel für die Entwicklung eines Informationssystems für die Welterbestätte
„Höhlen und Eiszeitkunst“in den Tälern von Ach und Lone zur Verfügung gestellt worden seien. Der Antrag der Stadt Schelklingen vom 22. Februar 2021 zur Förderung der Einrichtung des Erlebnisraumes in der Marktstraße und eines Themenwegs in Höhe von 280.000 Euro wurde vollumfänglich bewilligt und die Mittel zur Abrufung durch die Gemeinde bereitgestellt. Die weiteren Mittel kamen insbesondere Sicherungs-, Monitoringund Vermittlungsmaßnahmen in der Welterbestätte zu Gute (insbesondere Förderung der übrigen Anrainerkommunen zur Einrichtung von Themenwegen, statische Sicherungsmaßnahmen an der Bocksteinhöhle, Konzeption/Erneuerung/Anbringung von Schutzgittern an Höhlenfundstellen,
Konzeption/Umsetzung Gästeführerbroschüre Welterbestätte, Besucherzählsysteme).
Auf die Frage, wie die Landesregierung zukünftig die Einrichtung eines Informationszentrums im Umfeld des „Hohle Fels“unterstützen möchte und in welchem Zeithorizont aus Sicht der Landesregierung mit der Fertigstellung des Informationszentrums gerechnet werden kann, verweist die Ministerin darauf, dass die Entscheidungshoheit über die Einrichtung von Informationseinheiten zu Welterbestätten bei deren Trägern liege. Konkret teilt Razavi mit: „Hierzu bestehen keine Direktiven des Landes, des Bundes oder der UNESCO.“Die Landesdenkmalpflege unterstütze diesbezügliche
Initiativen inhaltlich und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel über die Denkmalförderung wie etwa oben geschildert auch finanziell. Für Teile mit einer überwiegenden touristischen Nutzung, wie beispielsweise einer Tourist-Information, könnte die Stadt Schelklingen grundsätzlich auch Fördermittel aus dem Tourismusinfrastrukturprogramm des Landes beantragen.
Die Gefahr , dass aufgrund mangelnder Unterstützung zum Beispiel für die Realisierung des Informationszentrum in Schelklingen oder des Archäoparks in Niederstotzingen eine Aberkennung des UNESCO-Welterbetitels drohen könne, weißt das Ministerium zurück. „Der Welterbestatus ist durch die Nichtrealisierung einer Informationseinheit oder deren Schließung nicht gefährdet, da diese Einheiten nicht konstitutiver Teil der Welterbestätte sind“, so das Schreiben. Beide Talabschnitte sowohl Achals auch Lonetal seien weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich und erlebbar. „Unter anderem durch die mit finanzieller und konzeptioneller Unterstützung des Landes entstandenen Themenwege wird sie nach wie vor niederschwellig und erlebnisorientiert vermittelt“, so die Ministerin schriftlich.
Das Fazit, das die betroffenen Kommunen aus der Antwort ziehen können, ist erneut mehr als ernüchternd. Eine längerfristige Förderung für Betriebskosten ist und wird wohl durch die Landesregierung nicht geschaffen. Konkrete Fördersummen oder Förderprogramme werden ebenfalls nicht genannt, da passende Projekte bisher nicht existieren. Generell wird die Verantwortung von der Regierung komplett den Trägerkommunen aufgelastet. Einen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung und die zuständige Ministerin nicht. Vorerst können sämtliche UNESCO-Welterbestätten in Baden-Württemberg nur hoffen, dass die Einschätzung des Ministeriums zum Erhalt des Welterbestatus stimmt. Doch daran haben in der Vergangenheit schon mehrere lokale Experten gezweifelt.