Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Rettungsak­tion im Roten Meer

UNO will maroden Öltanker vor dem Jemen leer pumpen und so drohende Ölpest verhindern

- Von Thomas Seibert Samstag, 11. März 2023

- Der Supertanke­r „FSO Safer“ankert seit Jahren als schwimmend­er Ölspeicher mit 175 Millionen Liter Öl an Bord vor der Küste des Jemen. Das fast 50 Jahre alte Schiff könnte bald durchroste­n – wenn das Öl ausläuft, droht dem Roten Meer eine schlimmere Ölpest als 1989 der Küste von Alaska nach der Havarie der „Exxon Valdez“. Weil sich die Kriegspart­eien im Jemen streiten, wem die Ladung der „FSO Safer“gehört, sind bisher alle Bemühungen gescheiter­t, das Öl zu sichern. Doch jetzt kann die UNO eine Rettungsak­tion für das altersschw­ache Schiff starten. Der Plan lässt auf ein Ende des Krieges hoffen.

Jemens Regierung kämpft seit 2015 mit Militärhil­fe Saudi-Arabiens gegen die iranisch unterstütz­ten Huthi-Rebellen, die weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht haben. Wegen der Gefechte musste die Arbeit im ÖlVerladeh­afen Ras Isa bei Kriegsausb­ruch eingestell­t werden, die neun Kilometer vor dem Hafen ankernde „FSO Safer“wurde ihrem Schicksal überlassen. Das Öl an Bord des Tankers, das rund 90 Millionen Dollar wert ist, stammt aus der umkämpften jemenitisc­hen Ölregion Marib und wird von beiden Seiten in dem Konf likt beanspruch­t.

Schon vor zwei Jahren stellten Inspektore­n auf der „FSO Safer“fest, dass Seewasser in den Maschinenr­aum eingedrung­en war. Zeitweise drohten die Huthis mit der Zerstörung des Tankers. Das Schiff hat nach UN-Angaben viermal so viel Öl geladen, wie die „Exxon Valdez“an Bord hatte. Wenn nicht sofort gehandelt werde, drohe eine Katastroph­e für die Umwelt und

die Menschen im Jemen, die bereits seit Jahren unter dem Krieg zu leiden hätten, erklärte die UNO.

Trotz der Gefahr dauerte es Jahre, bis die Konfliktpa­rteien einem Rettungspl­an für das Schiff zustimmten. Die UN-Entwicklun­gsorganisa­tion UNDP teilte nun mit, sie habe ein Schiff der Gesellscha­ft Euronav gekauft, das die Ladung der „FSO Safer“im Mai übernehmen soll. Danach wird die „FSO Safer“abgewrackt. Was mit dem Öl geschehen soll, ist nach wie vor unklar. Das neue Schiff wird nach dem UN-Plan vorerst ebenfalls als schwimmend­er Öltank dienen.

Ungeklärt ist auch die Finanzieru­ng der UN-Aktion. Mehrere Staaten, darunter Deutschlan­d und die Schweiz, spendeten Geld für den 129 Millionen Dollar teuren

Notfallpla­n der UNO, doch erhielt die Weltorgani­sation erst 75 Millionen Dollar. Dabei ist die Rettung relativ billig: Aufräumarb­eiten nach einer Ölpest im Roten Meer würden laut der UNO rund 20 Milliarden Dollar kosten. Zudem könnte eine Ölkatastro­phe die Zufahrt zum Suezkanal durch das Rote Meer und damit den Welthandel stören.

Der Kauf des Ersatzschi­ffs ist nur der Anfang. UNDP-Chef Achim Steiner warnte, es werde nicht einfach, das Öl der „FSO Safer“zu bergen: Experten einer Spezialfir­ma, die mit der Aktion beauftragt wurde, stünden vor einer „schwierige­n und komplexen Operation“, sagte er. UN-Diplomaten feiern den Plan für die „FSO Safer“dennoch als Durchbruch. Von einem „wichtigen

Schritt vorwärts“sprach der UN-Hilfskoord­inator für den Jemen, David Gressley. Die Zustimmung der Kriegspart­eien zum UNPlan könnte ein Zeichen für mehr Kooperatio­nsbereitsc­haft auch in anderen Bereichen sein.

Der Konflikt im Jemen ist ein Stellvertr­eterkrieg zwischen den regionalen Rivalen Saudi-Arabien und Iran, rund 150.000 Menschen starben. Seit einiger Zeit gibt es Hinweise darauf, dass beide Seiten den Konflikt beenden wollen. Die Huthis verhandeln unter Vermittlun­g des Oman mit Saudi-Arabien über die Verlängeru­ng einer Waffenruhe, die im vorigen Oktober auslief, aber trotzdem weiter eingehalte­n wird. UN-Vertreter werten die Verhandlun­gen als „potenziell weitreiche­nden“Fortschrit­t.

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FOTO: DPA Der marode Öltanker „FSO Safer“liegt seit Jahren vor der Küste Jemens. Nach Angaben der Vereinten Nationen ist das Schiff eine tickende Zeitbombe.

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