Für eine zukunftsfähige Ulmer Innenstadt
Laden-Aktiv-Manager Norbert Hoffmann über Leerstände, Flächenmanagment und Galeria
- Weitaus mehr als eine Reihe verschiedener Geschäfte muss eine Innenstadt heute sein, um als attraktiv, einladend und zukunftsfähig zu gelten. Vor allem in Zeiten von bequemem und unkompliziertem Onlinehandel. Doch was heißt das genau, welche Konzepte funktionieren und wie muss der öffentliche Raum gestaltet werden, damit er sozusagen zum „Wohnzimmer der Bürger“wird? Wenn jemand auf all diese Fragen Antworten hat, dann ist es Norbert Hoffmann. Er ist Ulms neuer Laden-Aktiv-Manager.
Was aber heißt das genau? Der Ökonom aus Frankfurt stellt von vornherein klar: „Meine Tätigkeit umfasst weitaus mehr als lediglich der Blick auf den Einzelhandel oder die 'Läden' in der Innenstadt.“Vielmehr gehe es grundsätzlich um die Flächen, also zum einen die Geschäfte, aber auch den Platz dazwischen. In den kommenden Jahren will er neue Ansätze für Ulms Innenstadt entwickeln, die sie mittel- und langfristig zukunftsfähig machen.
Die Idee zu einem solchen Experten für Ulms Innenstadt entsprang der Projektgruppe Innenstadtdialog, die seit 2019 Maßnahmen erarbeitet hat, wie die Ulmer Innenstadt attraktiv für alle gestaltet werden kann. „Ulm war mit einem derartigen Projekt Vorreiter, das Bewusstsein für eine zukunftsfähige Innenstadt ist hier sehr groß“, sagt Norbert Hoffmann. Das hebe Ulm im Vergleich zu anderen Städten hervor. Und Hoffmann vermag dies durchaus gut einzuschätzen, schließlich berät er mehrere Städte zum Thema Innenstadtentwicklung. „Ulm ist überdurchschnittlich attraktiv“, sagt er. Das zeige sich an den vielen Anfragen von Einzelhändlern, aber auch Gastronomen, die bei ihm auf dem Schreibtisch landen. „Sei es der Kölner Gastronom, der aus Ulm kommt und hier ein neues Konzept ausprobieren will oder ein Einzelhändler aus Norddeutschland, der sich nun im Süden etablieren will oder bereits vorhandene Unternehmen, die
sich vergrößern wollen“, zählt Hoffmann ein paar Beispiele auf.
Wenn die Nachfrage nach einer Fläche in Ulms Innenstadt scheinbar so hoch ist, sollte es ja eigentlich keinen Leerstand geben. Den aber gibt es. Hoffmann betont: „Leerstand ist nicht nur schlecht. Man braucht ihn, sonst gibt es keine Fluktuation und Veränderung in der Innenstadt.“Entsprechende Verhandlungen zu leeren Flächen gebe es durchaus, nicht immer ginge das schnell über die Bühne. In anderen Fällen seien Flächen zwar schon vermietet, müssten jedoch noch umgestaltet werden, wie etwa die Fläche des ehemaligen S.Oliver-Geschäfts in der Hirschstraße.
Zudem gehe es bei der Auswahl von Nachmietern nicht nur darum, gleiche Angebote zu schaffen oder ohne Überlegungen irgend einen Interessenten anzunehmen, nur damit die Fläche vermietet ist. Und hier kommt das zukunftsfähige Konzept ins Spiel. „Bis vor ein paar Jahren war die Innenstadt eben ein Ort zum Einkaufen. Es war klar: auf die freien Flächen müssen Einzelhändler. Das ist inzwischen nicht mehr so“, erklärt Hoffmann. Vielmehr gehe es bei der „Innenstadt der Zukunft“um einen Ort, an dem man gerne verweilt, sich trifft, sich aufhält, amüsiert, seine
Freizeit verbringt. „Quasi das, was auf dem Dorf früher der Marktbrunnen war. Man wusste, dass man dort immer jemanden antrifft und kam als Gemeinschaft zusammen“, erläutert der Berater.
Neben Einzelhändlern und Gastronomen sieht Norbert Hoffmann in zukunftsfähigen Innenstädten also auch Ärzte, Angebot von Kunst und Kultur, urbanes Handwerk und Dienstleister. Und selbstverständlich auch Aufenthaltsf läche zwischendrin, Sitzgelegenheiten, Schattenplätze, Spielmöglichkeiten für Kinder.
Ulm, so betont Hoffmann, hat für die Weiterentwicklung seiner Innenstadt bereits eine gute Ausgangssituation. „Ulm ist eine anspruchsvolle Stadt, die Stadtverwaltung sowie die Bürger wollen hier wirklich etwas bewegen. Außerdem bietet die Stadt eine schöne Kulisse durch die Fassaden und Häuser“, analysiert der Laden-Aktiv-Manager.
Die Sedelhöfe sind in Hoffmann Augen ein großer Gewinn für die gesamte Innenstadt. „Die Sedelhöfe sind eine Attraktion am Beginn der Haupteinkaufszone Ulms. Die anderen Händler gewinnen damit eher“, sagt Hoffmann auf die Frage, ob die neu gebauten Sedelhöfe das Interesse der Passanten nicht eher weg von der restlichen Innenstadt und hin zu sich ziehen. Und wie sieht es der Experte um die Zukunft von großen Einkaufskomplexen wie Galeria bestellt? „Dieses Warenhausmodell hat, so wie es aktuell ist, keine Zukunft. Und auch wenn Galeria in Ulm erhalten bleiben soll, so wird sich dort an dem Standort sicher etwas neu entwickeln müssen.“Alles unter einem Dach - diese Devise sei nicht mehr attraktiv. „Das bedeutet immer wahnsinnig viel Fläche, viel Personal und diese Häuser brauchen viele Kunden, damit sich das überhaupt trägt“, so Hoffmann.
Seine Arbeit hat gerade erst begonnen. Viele Gespräche, Beratungen, Diskussionen und Verhandlungen wird Hoffmann in Ulm führen werden. Dabei gehe es nicht nur darum, neue Standortsuchende zu betreuen, sondern auch Bestandskunden. „Mit dieser Art von Beratung wollen wir uns gemeinsam anschauen, wie etwa der Einzelhändler oder Gastronom erfolgreich bleiben kann - um einem Leerstand vorzubeugen.“Norbert Hoffmann will in den kommenden Jahren durch sein Tun ein neues Denken etablieren. „Wir müssen die Innenstadt neu denken. Es geht um das Ganze“, ist Ulms Laden-Aktiv-Manager überzeugt.