Was von der O-bis-O-Regel zu halten ist
Der Frühling steht vor der Tür – und damit die Frage, wann man die Sommerreifen aufziehen soll
Die ewige Debatte, wenn es um den Reifenwechsel geht: Wann soll ich es machen oder machen lassen? Einige Autofahrer vertrauen beim Wechsel der Reifen auf die alte Obis-O-Regel: Winterreifen werden von Oktober bis Ostern gefahren.
„Doch die Witterungslage kann diese Grenzen durchaus überschreiten, zumal Ostern ja kein fixer Termin ist“, sagt ADACSprecherin Katja Legner. Und in Deutschland gilt die sogenannte „situative Winterreifenpflicht“. Das heißt, man müsse bei winterlichen Straßenverhältnissen wie Glatteis, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte auch mit Winterreifen unterwegs sein, erklärt die Expertin.
Und auch in unseren Breitengraden ist von Oktober bis in den April Schneefall durchaus möglich. In diesem Zeitraum sind auch Temperaturen um den Gefrierpunkt keine Seltenheit. „Man kann sich an Ostern schon entlanghangeln, aber mehr auch nicht“, sagt Vincenzo Lucà vom TÜV Süd. Wenn die Temperaturen nachts nicht mehr dauerhaft unter die fünf Grad sinken, könne
man den Wechsel in Angriff nehmen. „Wer aber noch mal auf Nummer sicher gehen will, wartet dann trotzdem noch ein bisschen“, sagt Lucà.
Und wann endet die Sommerreifensaison? Die Sommerbereifung wird heikel, wenn wieder die Drei-Grad-Grenze erreicht wird. „Bei diesen Temperaturen kann es tatsächlich zu Schneefall kommen – auch wenn der nicht liegen bleibt“, sagt Lucà. Daher empfiehlt sich: Sieht man schon ein bisschen Schneematsch, sollte
man mit Sommerreifen nicht mehr fahren. Die O-bis-O-Regel hat daher als Faustformel durchaus ihre Berechtigung, dient aber eher zur Orientierung.
Steht der Zeitpunkt zum Wechsel fest, kommt die nächste Frage: Wechsle ich selbst oder fahre ich in die Werkstatt? „Wer selber wechseln kann, der tut es einfach“, sagt Lucà. Wer das aber nicht will oder kann, fährt in eine Werkstatt. Obacht: unbedingt rechtzeitig planen und einen Termin vereinbaren.
Zu diesem Aufwand gibt es eine Alternative: „Ganzjahresreifen können dann eine Lösung sein, wenn man im Zweifel sein Auto stehen lassen und auf Alternativen ausweichen kann“, sagt Katja Legner. Sie müssen das AlpineSymbol – ein Berg-Piktogramm mit Schneeflocke – aufweisen, um auch als Winterreifen zu gelten. Zudem sind bis zum 30. September 2024 Reifen mit „M+S“Kennzeichnung als wintertauglich erlaubt, wenn sie bis zum 31. Dezember 2017 hergestellt worden sind.
Der Ganzjahresreifen ist aber ein Kompromiss. Sommer- und Winterreifen sind für ihre jeweiligen Jahreszeiten die Spezialisten und haben dort ihre Stärken. Echte Saisonreifen weisen immer bessere Fahrsicherheitseigenschaften auf, betont Legner.
Der Ganzjahresreifen lohnt sich laut Lucà für Menschen, die nur in der Stadt und nicht im Gebirge fahren, keine hohen Geschwindigkeiten erreichen oder lange Wege zurücklegen: „Dann ist das eine gute Sache. Aber er kann nicht mit den Spezialisten mithalten.“
Preislich seien die reinen Kosten in etwa gleich mit den Sommer
und Winterreifen. Zwar muss der Satz Ganzjahresreifen nur einmal angeschafft werden, doch er kommt oft ganzjährig auf mehr Kilometer und muss schneller ersetzt werden. „Das Einzige, was man tatsächlich spart, ist der Reifenwechsel, die Einlagerungsgebühren und die Zeit“, sagt Lucà.
Winterreifen im Sommer sind nicht ausdrücklich verboten. Könnte man Kosten sparen und diese dann „aufbrauchen“? Vor allem, wenn sie schon weniger als vier Millimeter Profil haben und so nach Ansicht des ADAC nicht mehr wirklich wintertauglich sind. Denn gesetzlich sind bei Reifen generell stets nur 1,6 Millimeter Minimalprofil nötig.
Nein, das sei keine gute Idee, so der ADAC. Denn bei sommerlichen Temperaturen zeigen Winterreifen Schwächen, die sogar gefährlich für einen selbst und andere werden können. Unter anderem die Bremseigenschaften im Trockenen und die Haftung verschlechtern sich gefährlich.
„Fährt man aber im Frühjahr noch zwei Wochen mit den Winterreifen rum, macht das nichts aus“, sagt Lucà. „Da muss man jetzt keine Angst haben, dass man die Reifen runterfährt.“(dpa)