Neues Duell der alten weißen Männer?
Die Chancen für eine Neuauflage des Präsidentschaftswahlkampfs zwischen Joe Biden und Donald Trump stehen nicht schlecht
- Bisher läuft im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2024 wenig nach Plan. Statt ein heißes Vollbad im erwarteten Erfolg der Republikaner bei den Zwischenwahlen im November nehmen zu können, bereitete der Ausgang der Midterms Donald Trump eine eiskalte Dusche. Die Wähler wiesen die „Make-America-Great-Again“-Agenda (MAGA) und deren Kandidaten ein weiteres Mal zurück. Das Timing für die offizielle Ankündigung des vor zwei Jahren abgewählten MAGA-Präsidenten konnte kaum schlechter sein, einen neuen Anlauf auf das Weiße Haus nehmen zu wollen.
Joe Biden seinerseits hatte öffentlich angekündigt, über Weihnachten und Neujahr im Kreise der Familie eine Entscheidung darüber treffen zu wollen, ob er für eine zweite Amtszeit antreten wird. Eine Möglichkeit, die er 2020 noch ausgeschlossen hatte, als der damals 78-Jährige mit dem Versprechen antrat, das Land als „Übergangspräsident“zurück in die Normalität zu führen. Die Ankündigung lässt bis heute auf sich warten. „Ich bin noch nicht so weit, sie zu machen“, erklärte Biden gegenüber dem spanischsprachigen Sender Telemundo.
Eine Neuauflage Biden gegen Trump gilt unter Analysten in Washington wegen der Gravitationskräfte in beiden Parteien noch immer als die wahrscheinlichste Variante bei den Präsidentschaftswahlen im November 2024.
Es gibt in der amerikanischen Politik nur ein Beispiel, bei dem ein Präsident oder ehemaliger Amtsinhaber von der eigenen Partei bei den Vorwahlen zurückgewiesen wurde: Lyndon B. Johnson, der 1968 nach einem enttäuschenden Abschneiden bei den ersten Primaries in New Hampshire aus dem Rennen um die Nominierung ausschied. Der parteiinterne Zwist bei den Demokraten rächte sich mit einer Niederlage, die Richard Nixon ins Amt
verhalf. Obwohl es innerhalb der eigenen Partei nur wenig Enthusiasmus für den zu Beginn einer zweiten Amtszeit 82 Jahre alten Biden gibt, traut sich von den potenziellen Schwergewichten bisher niemand, den Präsidenten herauszufordern. Solange sich der Präsident nicht erklärt, bleibt das Bewerberfeld ohnehin eingefroren. Verbunden mit Treueschwüren, „hart für eine Wiederwahl Bidens zu arbeiten“. Dabei wünschen sich selbst unter den demokratischen Wählern nur 44 Prozent eine erneute Kandidatur des Amtsinhabers.
„Wir stürzen uns nicht in den Wahlkampf, bevor wir es müssen“, spielt ein Berater des Präsidenten Spekulationen herunter, er könnte sich gegen eine zweite Amtszeit entscheiden. Bill Clinton und Barack Obama hätten sich bis April Zeit gelassen, ihre Wiederwahl-Kampagne anzukündigen, George W. Bush sogar
bis Mai. Der demokratische Stratege Mark Longabaugh denkt, Biden habe maximal bis zum Sommer Zeit. „Dann muss er sich entscheiden.“
Die Gouverneure Gavin Newsom aus Kalifornien, J. B. Pritzker aus Illinois und Gretchen Whitmer aus Michigan halten sich für den Fall der Fälle alle Optionen offen.
Ebenso wie Verkehrsminister Pete Buttigieg und die Senatorinnen Elizabeth Warren und Amy Klobuchar. Denkbar bleibt auch, dass zudem Vizepräsidentin Kamala Harris Ansprüche anmelden wird, obwohl sie viele in der Partei enttäuscht hat. 2024 gelte das Pfadfinder-Motto, sagt der ehemalige Strippenzieher Obamas im Weißen Haus, David Axelrodt: „Allzeit bereit“.
Die einzig erklärte Herausforderin, Marianne Williamson, ein Selbsthilfe-Guru mit Quacksalber-Image, nimmt niemand wirklich
ernst. Nicht einmal der Haussender der Republikaner, FOX, der ihr Sendef läche einräumt, um Streit bei der Konkurrenz zu schüren. Auftrittsmöglichkeiten bietet der Sender auch einem anderen, der bessere Aussichten hat.
Die Rede ist von dem aufsteigenden Star der Konservativen, Ron DeSantis. Der 44-jährige Gouverneur aus Florida gilt als Hoffnungsträger der Republikaner, der „Trumpismus“ohne Trump verspricht.
Während der Sender, der 2016 maßgeblich beim Aufstieg Trumps ins Weiße Haus mithalf, dessen Auftritte zunehmend ausblendet, bewirbt FOX DeSantis wenig verdeckt als Alternative. Wie jeder potenzielle Kandidat in den USA hat der gerade mit großer Mehrheit wiedergewählte Gouverneur ein Buch veröffentlicht („The Courage to Be Free“), mit dem er nun auf „Lesereise“ geht. Erschienen ist es übrigens bei HarperCollins, ein Verlag, der wie FOX zum Imperium des Medienmoguls Rupert Murdoch gehört.
DeSantis zog es vor, in der „Ronald Reagan Library“darüber zu sprechen, wie seine Politik in Florida eine Blaupause für Amerika sein könnte, statt das CPAC-Spektakel in Washington zu besuchen, bei dem sich Trump feiern ließ. Der offiziell noch nicht erklärte Herausforderer wusste, dass der Ex-Präsident dort ein Heimspiel haben würde. Weshalb sich auch andere potenzielle Bewerber wie Mike Pence und die Gouverneure Glenn Youngkin aus Virginia und Chris Sununu aus New Hampshire fernhielten.
Ihnen wäre an der MAGA-Basis das gleiche Schicksal widerfahren wie Nikki Haley, die vor leeren Reihen für einen Generationswechsel warb. „Wir lieben Trump“, skandierten die TrumpFans
zum Ende ihrer Rede. Der Ex-Präsident genoss die Aufmerksamkeit seiner Anhänger, denen er in einer feurigen Rede „Rache“für 2020 versprach. „Ich bin euer Krieger, ich bin eure Gerechtigkeit, ich bin eure Vergeltung“, rief er der Menge zu, während er potenzielle Gegner als Verräter charakterisierte.
Dass er selbst nur unwesentlich jünger wäre als Amtsinhaber Biden, spielte Trump unter Berufung auf seinen ehemaligen Leibarzt Ronny Jackson herunter. „Er hat mir gesagt, dass ich 200 Jahre alt werde.“Viel gefährlicher als sein fortgeschrittenes Alter sind für den Kandidaten die Probleme an der rechtlichen Front. Es drohen Anklagen wegen seiner Rolle bei dem versuchten Putsch am 6. Januar im Bundesstaat Georgia und möglicherweise durch den Generalbundesanwalt.
In Kürze erwartet wird eine Entscheidung des New Yorker Chefanklägers Alvin L. Bragg, der als erster Staatsanwalt einen ehemaligen Präsidenten vor Gericht stellen könnte. Es geht dabei um mutmaßliches Schweigegeld Trumps an die Pornodarstellerin Stormy Daniels auf der Zielgeraden des Präsidentschaftswahlkampfs 2016, mit der er eine Affäre gehabt haben soll. Diese hatte bereits seinem damaligen Hausanwalt Michael Cohen eine Gefängnisstrafe eingetragen.
Nicht zuletzt wegen dieser rechtlichen Unwägbarkeiten halten sich ehemalige Verbündete und Geldgeber mit öffentlichen Unterstützungserklärungen für Trump zurück. Umfragen sehen DeSantis für einen noch nicht erklärten Kandidaten in einer erstaunlich starken Position und in den Umfragen liegt der abgewählte Ex-Präsident zudem unter den schwachen Zustimmungswerten Bidens. Trumps Wahlkampfteam stellt sich auch deshalb auf ein langes Rennen bei den Vorwahlen ein. Möglich bleibt 2024 damit alles. Ein Wettbewerb der beiden ältesten Präsidentschaftskandidaten in der Geschichte der USA oder ein Generationswechsel.