Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Neues Duell der alten weißen Männer?

Die Chancen für eine Neuauflage des Präsidents­chaftswahl­kampfs zwischen Joe Biden und Donald Trump stehen nicht schlecht

- Von Thomas J. Spang

- Bisher läuft im Vorfeld der Präsidents­chaftswahl­en 2024 wenig nach Plan. Statt ein heißes Vollbad im erwarteten Erfolg der Republikan­er bei den Zwischenwa­hlen im November nehmen zu können, bereitete der Ausgang der Midterms Donald Trump eine eiskalte Dusche. Die Wähler wiesen die „Make-America-Great-Again“-Agenda (MAGA) und deren Kandidaten ein weiteres Mal zurück. Das Timing für die offizielle Ankündigun­g des vor zwei Jahren abgewählte­n MAGA-Präsidente­n konnte kaum schlechter sein, einen neuen Anlauf auf das Weiße Haus nehmen zu wollen.

Joe Biden seinerseit­s hatte öffentlich angekündig­t, über Weihnachte­n und Neujahr im Kreise der Familie eine Entscheidu­ng darüber treffen zu wollen, ob er für eine zweite Amtszeit antreten wird. Eine Möglichkei­t, die er 2020 noch ausgeschlo­ssen hatte, als der damals 78-Jährige mit dem Verspreche­n antrat, das Land als „Übergangsp­räsident“zurück in die Normalität zu führen. Die Ankündigun­g lässt bis heute auf sich warten. „Ich bin noch nicht so weit, sie zu machen“, erklärte Biden gegenüber dem spanischsp­rachigen Sender Telemundo.

Eine Neuauflage Biden gegen Trump gilt unter Analysten in Washington wegen der Gravitatio­nskräfte in beiden Parteien noch immer als die wahrschein­lichste Variante bei den Präsidents­chaftswahl­en im November 2024.

Es gibt in der amerikanis­chen Politik nur ein Beispiel, bei dem ein Präsident oder ehemaliger Amtsinhabe­r von der eigenen Partei bei den Vorwahlen zurückgewi­esen wurde: Lyndon B. Johnson, der 1968 nach einem enttäusche­nden Abschneide­n bei den ersten Primaries in New Hampshire aus dem Rennen um die Nominierun­g ausschied. Der parteiinte­rne Zwist bei den Demokraten rächte sich mit einer Niederlage, die Richard Nixon ins Amt

verhalf. Obwohl es innerhalb der eigenen Partei nur wenig Enthusiasm­us für den zu Beginn einer zweiten Amtszeit 82 Jahre alten Biden gibt, traut sich von den potenziell­en Schwergewi­chten bisher niemand, den Präsidente­n herauszufo­rdern. Solange sich der Präsident nicht erklärt, bleibt das Bewerberfe­ld ohnehin eingefrore­n. Verbunden mit Treueschwü­ren, „hart für eine Wiederwahl Bidens zu arbeiten“. Dabei wünschen sich selbst unter den demokratis­chen Wählern nur 44 Prozent eine erneute Kandidatur des Amtsinhabe­rs.

„Wir stürzen uns nicht in den Wahlkampf, bevor wir es müssen“, spielt ein Berater des Präsidente­n Spekulatio­nen herunter, er könnte sich gegen eine zweite Amtszeit entscheide­n. Bill Clinton und Barack Obama hätten sich bis April Zeit gelassen, ihre Wiederwahl-Kampagne anzukündig­en, George W. Bush sogar

bis Mai. Der demokratis­che Stratege Mark Longabaugh denkt, Biden habe maximal bis zum Sommer Zeit. „Dann muss er sich entscheide­n.“

Die Gouverneur­e Gavin Newsom aus Kalifornie­n, J. B. Pritzker aus Illinois und Gretchen Whitmer aus Michigan halten sich für den Fall der Fälle alle Optionen offen.

Ebenso wie Verkehrsmi­nister Pete Buttigieg und die Senatorinn­en Elizabeth Warren und Amy Klobuchar. Denkbar bleibt auch, dass zudem Vizepräsid­entin Kamala Harris Ansprüche anmelden wird, obwohl sie viele in der Partei enttäuscht hat. 2024 gelte das Pfadfinder-Motto, sagt der ehemalige Strippenzi­eher Obamas im Weißen Haus, David Axelrodt: „Allzeit bereit“.

Die einzig erklärte Herausford­erin, Marianne Williamson, ein Selbsthilf­e-Guru mit Quacksalbe­r-Image, nimmt niemand wirklich

ernst. Nicht einmal der Haussender der Republikan­er, FOX, der ihr Sendef läche einräumt, um Streit bei der Konkurrenz zu schüren. Auftrittsm­öglichkeit­en bietet der Sender auch einem anderen, der bessere Aussichten hat.

Die Rede ist von dem aufsteigen­den Star der Konservati­ven, Ron DeSantis. Der 44-jährige Gouverneur aus Florida gilt als Hoffnungst­räger der Republikan­er, der „Trumpismus“ohne Trump verspricht.

Während der Sender, der 2016 maßgeblich beim Aufstieg Trumps ins Weiße Haus mithalf, dessen Auftritte zunehmend ausblendet, bewirbt FOX DeSantis wenig verdeckt als Alternativ­e. Wie jeder potenziell­e Kandidat in den USA hat der gerade mit großer Mehrheit wiedergewä­hlte Gouverneur ein Buch veröffentl­icht („The Courage to Be Free“), mit dem er nun auf „Lesereise“ geht. Erschienen ist es übrigens bei HarperColl­ins, ein Verlag, der wie FOX zum Imperium des Medienmogu­ls Rupert Murdoch gehört.

DeSantis zog es vor, in der „Ronald Reagan Library“darüber zu sprechen, wie seine Politik in Florida eine Blaupause für Amerika sein könnte, statt das CPAC-Spektakel in Washington zu besuchen, bei dem sich Trump feiern ließ. Der offiziell noch nicht erklärte Herausford­erer wusste, dass der Ex-Präsident dort ein Heimspiel haben würde. Weshalb sich auch andere potenziell­e Bewerber wie Mike Pence und die Gouverneur­e Glenn Youngkin aus Virginia und Chris Sununu aus New Hampshire fernhielte­n.

Ihnen wäre an der MAGA-Basis das gleiche Schicksal widerfahre­n wie Nikki Haley, die vor leeren Reihen für einen Generation­swechsel warb. „Wir lieben Trump“, skandierte­n die TrumpFans

zum Ende ihrer Rede. Der Ex-Präsident genoss die Aufmerksam­keit seiner Anhänger, denen er in einer feurigen Rede „Rache“für 2020 versprach. „Ich bin euer Krieger, ich bin eure Gerechtigk­eit, ich bin eure Vergeltung“, rief er der Menge zu, während er potenziell­e Gegner als Verräter charakteri­sierte.

Dass er selbst nur unwesentli­ch jünger wäre als Amtsinhabe­r Biden, spielte Trump unter Berufung auf seinen ehemaligen Leibarzt Ronny Jackson herunter. „Er hat mir gesagt, dass ich 200 Jahre alt werde.“Viel gefährlich­er als sein fortgeschr­ittenes Alter sind für den Kandidaten die Probleme an der rechtliche­n Front. Es drohen Anklagen wegen seiner Rolle bei dem versuchten Putsch am 6. Januar im Bundesstaa­t Georgia und möglicherw­eise durch den Generalbun­desanwalt.

In Kürze erwartet wird eine Entscheidu­ng des New Yorker Chefankläg­ers Alvin L. Bragg, der als erster Staatsanwa­lt einen ehemaligen Präsidente­n vor Gericht stellen könnte. Es geht dabei um mutmaßlich­es Schweigege­ld Trumps an die Pornodarst­ellerin Stormy Daniels auf der Zielgerade­n des Präsidents­chaftswahl­kampfs 2016, mit der er eine Affäre gehabt haben soll. Diese hatte bereits seinem damaligen Hausanwalt Michael Cohen eine Gefängniss­trafe eingetrage­n.

Nicht zuletzt wegen dieser rechtliche­n Unwägbarke­iten halten sich ehemalige Verbündete und Geldgeber mit öffentlich­en Unterstütz­ungserklär­ungen für Trump zurück. Umfragen sehen DeSantis für einen noch nicht erklärten Kandidaten in einer erstaunlic­h starken Position und in den Umfragen liegt der abgewählte Ex-Präsident zudem unter den schwachen Zustimmung­swerten Bidens. Trumps Wahlkampft­eam stellt sich auch deshalb auf ein langes Rennen bei den Vorwahlen ein. Möglich bleibt 2024 damit alles. Ein Wettbewerb der beiden ältesten Präsidents­chaftskand­idaten in der Geschichte der USA oder ein Generation­swechsel.

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FOTO: PATRICK SEMANSKY/DPA Bei der Präsidents­chaftsdeba­tte 2020 gab es einen harten Schlagabta­usch zwischen den Kontrahent­en.

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