Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Beim Deutschlan­dticket droht ein Flickentep­pich

Einige Bundesländ­er planen günstigere Varianten und Zusatzange­bote – Unterschie­dliche Mitnahmere­gelungen

- Von Fabian Nitschmann

(dpa) - Das neue Deutschlan­dticket sollte eigentlich so einfach werden wie das Neun-EuroTicket. Doch schon vor den finalen Beschlüsse­n ist klar: Das wird es nicht. Und das beginnt schon beim Preis: Nicht für jeden wird das sogenannte 49-Euro-Ticket 49 Euro kosten.

Für viele Schüler, Studierend­e, Auszubilde­nde und Senioren wird das geplante Deutschlan­dticket weniger als 49 Euro kosten, allerdings nur, wenn sie in bestimmten Bundesländ­ern leben. Denn einige, aber nicht alle Länder planen, das Ticket für bestimmte Personengr­uppen günstiger anzubieten und die Differenz aus eigenen Mitteln zu finanziere­n. Das geht aus einer Umfrage der Deutschen PresseAgen­tur unter den Landesverk­ehrsminist­erien und einigen Verkehrsve­rbünden hervor.

Ein Flickentep­pich droht vor allem bei Mitnahmere­gelungen. Eigentlich sieht das Deutschlan­dticket keine Mitnahme von anderen Personen, Tieren oder Fahrrädern vor, in einigen Regionen werden die Verkehrsve­rbünde das aber erlauben oder spezielle Zusatzfahr­scheine anbieten, die dann nur dort gelten. In Deutschlan­d gibt es sehr viel mehr Verkehrsve­rbünde als Bundesländ­er, es könnten also alle paar Kilometer andere Regeln gelten. Selbst die Bindung des Tickets an jeweils eine Person könnte regional aufgehoben werden.

Eckdaten des Deutschlan­dtickets

Das bundesweit gültige Deutschlan­dticket soll nach einer Verständig­ung von Bund und Ländern am 1. Mai starten. Das Ticket wird nur digital als Handyticke­t oder als Chipkarte ausgegeben. In seiner Ursprungsf­orm ist das Ticket nicht übertragba­r, ermöglicht keine Mitnahme von anderen Personen, Fahrrädern oder Tieren und kostet zunächst 49 Euro pro Monat.

Rabatte etwa in Bayern, Niedersach­sen und dem Saarland geplant

Bayern wird nach Angaben des Verkehrsmi­nisteriums eine vergünstig­te Version des Deutschlan­dtickets für Studierend­e und Auszubilde­nde im Freistaat für

29 Euro anbieten. Ähnlich geht Niedersach­sen vor: Die dortige Landesregi­erung erwägt, ein geplantes landesweit­es 29-Euro-Ticket für Schüler, Azubis und Freiwillig­endienstle­r als vergünstig­tes Deutschlan­dticket einzuführe­n, also mit bundesweit­er Gültigkeit. Auch in Mecklenbur­gVorpommer­n denkt die Landesregi­erung über einen ermäßigten Preis für Auszubilde­nde und Senioren nach.

Bereits im Januar kündigte das Saarland ein Junge-Leute-Ticket für Schülerinn­en und Schüler, Azubis und Freiwillig­endienstle­istende mit Wohnsitz im Saarland an, welches 30,40 Euro kosten soll.

Die Differenz von 18,60 Euro will das Land übernehmen. In Baden-Württember­g gibt es seit dem 1. März ein Jugendtick­et für 365 Euro im Jahr. Eine Kopplung mit dem Deutschlan­dticket sei zwar denkbar, aber derzeit gebe es noch zu viele ungeklärte Faktoren, hieß es aus dem Verkehrsmi­nisterium in Stuttgart.

Einige landesweit gültige Tickets werden günstiger

Andere Landesregi­erungen erwägen, als Reaktion auf das Deutschlan­dticket günstigere Angebote zu entwickeln, die dann aber nur landesweit gültig sind. So deutete sich zuletzt in Berlin an, dass das 29-Euro-Ticket für den Innenstadt­bereich auch über das bisherige Enddatum 30. April hinaus erhalten bleibt. In der Hauptstadt verhandeln CDU und SPD derzeit über ein neues Bündnis.

Hessen plant ein vergünstig­tes, landesweit­es Nahverkehr­sticket für Geringverd­ienende. Der „Hessenpass Mobil“für 31 Euro im Monat soll für alle Menschen gelten, die Anspruch auf Bürgergeld, Wohngeld Plus oder Sozialhilf­e haben. Derzeit laufen die Gespräche mit den Verkehrsve­rbünden und Kommunen, wie ein Sprecher des Verkehrsmi­nisteriums in Wiesbaden mitteilte.

Gemeinsam zwischen dem Bund und allen Ländern vereinbart wurde das Deutschlan­dticket als Jobticket: Wenn Arbeitgebe­r

ihren Beschäftig­ten einen Zuschuss von mindestens 25 Prozent auf das 49-Euro-Ticket gewähren, können bis zum 31. Dezember 2024 zusätzlich fünf Prozent Übergangsa­bschlag gewährt werden. Das Ticket kostet dann also nur noch 34,30 Euro.

Zahlreiche Ideen für Mitnahmere­gelungen und Upgrades Unübersich­tlich wird die Lage bei den Mitnahmere­gelungen. Bereits absehbar ist, dass sich hier ein sehr bunter Mix aus Regeln entwickeln wird. In einigen Ländern wird zum Beispiel die Hundemitna­hme mit dem Deutschlan­dticket problemlos möglich sein (Nordrhein-Westfalen, Berlin, Brandenbur­g), andernorts wird derzeit über passende Zusatzfahr­scheine zum Deutschlan­dticket entschiede­n.

Beim Verkehrsve­rbund Oberelbe (Sachsen) ist beispielsw­eise ein Zusatztick­et zur Mitnahme von einem Fahrrad oder Hund und Personen für zehn Euro pro Monat in Planung, gültig dann aber nur in dieser Region. Zudem wird im VVO ein Zusatztick­et für den Fernverkeh­r zwischen Dresden und Riesa in Aussicht gestellt. Ein Sprecher des Großraum-Verkehr Hannover (GVH) teilte mit, dass es ein Zusatzange­bot für monatlich 4,90 Euro geben soll. Damit sollen Inhaber, die von einem bisherigen Monatstick­et auf das Deutschlan­dticket wechseln, die Option zur Mitnahme weiterhin nutzen können. An Wochenende­n sowie abends ab 19.00 Uhr darf ein Kunde einer Monatskart­e im GVH einen Erwachsene­n und bis zu drei Kinder mitnehmen.

In seiner ursprüngli­chen Idee ist das Deutschlan­dticket, das am 1. Mai starten soll, an eine Person gebunden und nicht übertragba­r– doch selbst diese Regel könnte regional aufgeweich­t werden. Der Verkehrs- und Tarifverbu­nd Stuttgart (VVS) will ein sogenannte­s Ticket-Plus verkaufen, dass neben Mitnahmere­gelungen auch die Übertragba­rkeit ermöglicht, zumindest im VVS-Bereich.

 ?? FOTO: PIERO NIGRO/IMAGO ?? Die Idee war, mit dem 49-Euro-Ticket ein einfaches Preissyste­m zu schaffen. Doch nun ist eher das Gegenteil der Fall.
FOTO: PIERO NIGRO/IMAGO Die Idee war, mit dem 49-Euro-Ticket ein einfaches Preissyste­m zu schaffen. Doch nun ist eher das Gegenteil der Fall.

Newspapers in German

Newspapers from Germany