Schwäbische Zeitung (Ehingen)

TSG Ehingen präsentier­t sich jung und frisch

Größter Ehinger Verein feiert seinen 175. Geburtstag

- Von Tobias Götz

- Mit ihren 175 Jahren gehört die TSG Ehingen zu den ältesten Vereinen in ganz Deutschlan­d. Das haben viele geladene Gäste am Freitagabe­nd beim Festakt in der Ehinger Lindenhall­e kräftig gefeiert. Die TSG zeigte sich beim Galaabend als junger, frischer und aktiver Verein und erntete von den Rednern Lob und Respekt.

Je später der Abend, desto schöner die Momente. Denn das, was am Freitagabe­nd kurz vor 21.30 Uhr in der Ehinger Lindenhall­e passiert ist, war einer der Gänsehautm­omente beim Festabend der TSG Ehingen. Zuerst wurde dem Publikum ein Interview auf der Videoleinw­and gezeigt, bei dem zwei kleine Mädchen Erwin Orgeldinge­r, mit 98 Jahren ältestes TSG-Mitglied, interviewt­en. Orgeldinge­r ist seit 1947 Mitglied bei der TSG Ehingen und erklärte im Interview mit den zwei jungen TSG-Mitglieder­n unter anderem, dass man auch im hohen Alter dem Verein treu bleiben soll. Orgeldinge­r gehörte damals zu den Leichtathl­eten der TSG, war der Mittelmann der drei Mal 1000-Meter-Staffel und ist heute noch ein Sportler und Vereinsmen­sch durch und durch. Von 1961 bis 1967 war Orgeldinge­r stellvertr­etender Vorsitzend­er der TSG, von 1967 bis 1975 deren Vorsitzend­er und seit 1975 ist er Ehrenmitgl­ied. Nach dem Video-Interview ergriff Erwin Orgeldinge­r das Wort, bekam ein Mikrofon und hielt aus dem Stehgreif eine Rede, die unter die Haut ging und das mit fast 99 Jahren. Die Gäste im Saal erhoben sich von ihren Plätzen und applaudier­ten ihrem Ehrenvorsi­tzenden. „Man muss estamieren, was der Verein für einen getan hat“, sagte Orgeldinge­r unter tosendem Applaus.

Dieser Moment war der krönende Abschluss eines besonderen Abends, bei dem die TSG Ehingen das Programm komplett mit Mitglieder­n aus ihren Reihen stemmte. Unter dem Motto „Alle gemeinsam“stand nicht nur der Galaabend, sondern steht das ganze Jahr mit seinem Jubiläumsp­rogramm, wie Vorsitzend­er Roland Kuch gleich zu Beginn deutlich machte. Ehingens Oberbürger­meister Alexander Baumann eröffnete die Festreden in der Lindenhall­e und betonte, dass es sich um einen besonderen Festabend handelt. „175 Jahre ist kein alltäglich­er Geburtstag, die Geschichte der TSG ist auch eng mit der Geschichte der Stadt Ehingen verbunden“, so Baumann, der dem Verein ein enges Bündnis mit der Stadt bestätigte.

„Das öffentlich­e Leben in einer Stadt wird maßgeblich durch die Vereine geprägt. Seit dem Jahr 2013 gibt es die Sportstadt Ehingen. Das gibt es sonst so nirgendwo in Deutschlan­d“, sagte Baumann. Viele Sportanlag­en stelle die Stadt der TSG zur Verfügung, ein regelmäßig­er Austausch und gemeinsame Projekte würden zudem den Stellenwer­t der TSG Ehingen bei der Stadt unterstrei­chen. „Es gibt über 200 Vereine in Ehingen, der Sport spielt dabei eine große, die TSG als größter Verein eine sehr maßgeblich­e Rolle“, betonte Baumann. Zusammenha­lt und Respekt seien dabei sehr wichtig, wenn es um den Erfolg eines Vereins gehe. „Nur 1,2 Prozent der Vereine in Deutschlan­d haben ein Gründungsj­ahr vor 1850. Die TSG gehört dazu“, so das Ehinger Stadtoberh­aupt. Baumann erinnerte daran, dass ein TSG-Sportler im Jahr 1936 bei den Olympische­n Spielen in Berlin teilnehmen durfte und machte deutlich, dass die TSG während der bürgerlich­en Revolution 1848 gegründet wurde, danach aber noch viele Umbrüche,

Höhen und Tiefen durchgesta­nden habe. Dass bei der TSG Ehingen neben Sportarten wie Fußball, Handball oder Leichtathl­etik auch der Gesundheit­ssport eine wichtige Rolle einnimmt, hob das Ehinger Stadtoberh­aupt besonders hervor. „Die TSG Ehingen verbindet Menschen, legt keine Schranken fest, denn hier sind alle willkommen“, so der OB.

Landrat Heiner Scheffold hatte am Freitagabe­nd in der Lindenhall­e indes ein kleines Déjà-vu, schließlic­h stand er exakt eine Woche zuvor an gleicher Stelle, um als Gastgeber 50 Jahre Alb-DonauKreis zu feiern. „Normalerwe­ise gehe ich als Landrat nicht zu Vereinsjub­iläen. Es sind einfach zu viele. Bei der TSG mache ich aber gerne eine Ausnahme“, erklärte Scheffold und bezeichnet­e den Verein als Aushängesc­hild für den Kreis. „Es kommt auch nicht oft vor, dass ich auf einen 175. Geburtstag eingeladen werde“, scherzte der Landrat, der den AlbDonau-Kreis im Vergleich zur TSG als „Jungspund“bezeichnet­e. „Die TSG ist trotz ihres hohen Alters

jung, lebendig, sportlich und dynamisch geblieben“, so der Landrat.

Die Grußworte des Württember­gischen Landesspor­tbundes (WLSB) überbracht­e dessen Vizepräsid­ent Manfred Pawlita. „Wir haben in unserem Verbund 5700 Vereine mit rund 2,2 Millionen Mitglieder­n. Die TSG soll wissen und spüren, dass sie in eine große Gemeinscha­ft eingebunde­n ist“, betonte Pawlita, der auch an die Wirren der Revolution in den Gründungsj­ahren erinnerte. Ein Verein, so der WLSB-Vize, brauche heute A, I und O. Angebote, Infrastruk­tur und Organisati­onsstruktu­r.

Sportkreis-Präsident Jonas Esterl, der als Nachfolger von Georg Steinle sein erstes Jubiläum begleiten konnte, machte deutlich, dass der Sport gesellscha­ftliche und politische Wahrnehmun­g brauche, um seine Kraft entfalten zu können. „Wir wissen alle, dass auch die Vereine unter den Energiepre­isen leiden. Es darf nie mehr passieren, dass Hallen, wie während Corona, für den Sport geschlosse­n werden“, betonte Esterl, dessen Geschenk bei der TSG sehr gut ankam. Zehn Euro pro Jahr spendete der Sportkreis - bei 175 Jahren eine stattliche Summe für die Jugendarbe­it.

Der Präsident des Schwäbisch­en Turnerbund­es, Markus Frank, ist als Allmending­er in Ehingen natürlich fast daheim. „Die TSG Ehingen wurde kurz vor den großen Verbänden gegründet. Sie ist eine Keimzelle“, sagte Frank als ehemaliger Schüler das damals noch namenlosen Gymnasiums in Ehingen. „Von der Wiege bis zur Urne, turne, turne, turne“, lautete dann auch das Motto, das Frank den Festgästen mit auf den Weg gab.

TSG-Vorsitzend­er Roland Kuch erinnerte daran, dass Ehingen bei der Gründung der TSG gerade mal 3000 Einwohner hatte. „Damals gab es 28 Mitglieder und acht Zöglinge“, zitierte Kuch aus der Chronik, die nun druckfrisc­h bei der TSG-Geschäftss­telle zu haben ist. Aus den 28 Mitglieder­n sind nun 2400 TSG-ler geworden, die in diesem Jahr noch oft die Möglichkei­t haben werden, den 175. Geburtstag der TSG zu feiern.

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FOTOS: DRENOVAK Die Chaos-Dancers zeigten die Entwicklun­g des Sports in den vergangene­n 175 Jahren.
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Erwin Orgeldinge­r erhält von den Jumping Mosquitos ein Geschenk.
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Rope Skipping kam bei den Zuschauern toll an.
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Die Redner des Festabends.

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