Bahnhalt auch in Ertingen und Neufra
Auf der Donaubahn sollen batteriebetriebene Züge verkehren – Regio-S-Bahnlinie bis Herbertingen
- Gute Nachrichten gab es beim „Schienengipfel“in Riedlingen. Die Planungen für die Donaubahn nehmen Fahrt auf. Die Regio-S-Bahn-Linie mit Stundentakt wird bis Herbertingen ausgebaut. Zusätzliche Haltepunkte sind in Ertingen und Neufra vorgesehen, ebenso in Zwiefaltendorf. Die schlechte Nachricht seitens der Bahn: Die zeitliche Perspektive liegt, bei sportlicher Planung und Umsetzung, in einem Zeitraum von mindestens zehn Jahren.
Der Landtagsabgeordnete Thomas Dörf linger hatte schon beim ersten Treffen in Riedlingen vor rund anderthalb Jahren gefordert: „Die Donautalbahn muss attraktiver werden, sie muss raus aus dem Verkehrsschatten.“Seither sei dafür einiges geschehen, merkte er bei der zweiten Auflage an. Die gegenüber dem östlichen Landkreis mit der Südbahn und der B 30 vernachlässigte Verkehrsachse im westlichen Kreisgebiet erfahre mehr Aufmerksamkeit. Und es gebe jetzt den Lenkungskreis, „um mehr Tempo bei der Abstimmung und dem Ausbau zu machen“. Als „starkes Signal“wertete Riedlingens Bürgermeister Marcus Schafft die Teilnahme einer großen Zahl von Bürgermeistern und Ortsvorstehern. „Auch der Landkreis legt sich mächtig ins Zeug“, merkte der Gastgeber zur Einführung der Regiobuslinie an, der den Verkehrsknoten in Riedlingen attraktiver mache. Er verwies auf Projekte wie die Gartenschau 2035 und wünschte sich eine „zeitliche Überschneidung der Zeitachsen“, um dazu möglichst viele Besucher am Riedlinger Bahnhof begrüßen zu können.
Produkte wie das Deutschlandund Jugendticket allein seien nicht ausreichend, betonte Berthold Frieß, Ministerialdirektor im Verkehrsministerium. Vielmehr müsse beim Ausbau der Infrastruktur geliefert werden:
„Wir brauchen Angebote, damit man fahren kann.“Die Planungen für die Strecke Ehingen bis Herbertingen seien weit vorangeschritten, auch wenn es Rückschläge gegeben habe. So sei Mitte 2022 der Ausbau der elektrischen Stellwerke durch die DB Netz zurückgestellt worden. „Wir konnten es aber einigermaßen einhegen.“
Frieß stellte die Erkenntnisse der „Stefans-Studie“vor, der „Strategie emissionsfreier Fahrzeuge auf nicht elektrifizierten Strecken“wie auf der Donaubahn. Diese korrespondiere unmittelbar auch mit der Regio-SBahn-Linie. Bei Testfahrten wurden streckenscharf die Emissionen bewertet und einer wirtschaftlichen Betrachtung unterzogen. Im Vergleich waren die Antriebsarten WasserstoffHybrid, Batterie-Hybrid und konventionell elektrische Technologie. „Zu unserer Überraschung“habe es ein eindeutiges Ergebnis gegeben: „Der Wasserstoff liegt ganz hinten.“Grund seien hohe Kosten für Infrastruktur und den Betriebsstoff selber. Zudem würden relativ früh lange Tankpausen benötigt. „Für alle der untersuchten Netze gibt es dafür keine Option“, stellte Frieß fest, wobei es sich angesichts der Weiterentwicklungen
nur um eine Momentaufnahme handle. Das Gutachten empfehle bei der volkswirtschaftlichen Bewertung für einen 30-Jahres-Zeitraum für das Teilnetz „Donaubahn Plus“aktuell den Einsatz batteriebetriebener Fahrzeuge.
Martin Klust, Referent für Schienenpersonenverkehr im Verkehrsministerium, kam geradezu ins Schwärmen: Die Strecke Ulm – Tuttlingen biete eine „Regional-Express-Lage, wie sie im Bilderbuch steht“. Für das, nach der Inbetriebnahme von Stuttgart 21, ab Dezember 2025 geltende Fahrbahnkonzept ist man bei Abfahrt Tuttlingen nach einer Stunde in Herbertingen, hat nach weiteren 30 Minuten exakt eine „Halblage“in Ehingen und kommt bei einer „Null-Lage“schließlich in Ulm an. Dabei füge sich der Fahrplan gut in andere Systeme wie Busverbindungen ein. Die favorisierte batteriebetriebene Technologie spiele hier eine wesentlichen Vorteil aus: Sie funktioniere ohne die beim Dieselantrieb erforderliche Neigetechnik, benötige keinen Infrastrukturausbau und ermögliche trotzdem die gleichen Fahrzeiten. Durch die bessere Fahrdynamik könnten zudem Verzögerungen im Tageslauf sogar abgebaut werden, statt sich weiter aufzubauen. Die Betriebsstabilität eröffne Reserven im System. Ohne Neigetechnik sei zwischen Riedlingen und Herbertingen Tempo 160 problemlos möglich. Bei Tuttlingen, auf der längsten Bahnstrecke des Landes ohne Oberleitung, benötigen die batteriebetriebenen Fahrzeuge allerdings „Oberleitungsinseln oder Schnellladestationen“. Übergangsweise werden für den Regionalexpress keine Dieselfahrzeuge mehr bestellt werden.
Einziger Wermutstropfen ist laut Klust, dass zunächst Taktlücken erforderlich sind, um den Güterverkehr einzubinden. Mit Fertigstellung des Betriebsbahnhofs in Inzigkofen werde voraussichtlich ab 2028 aber ein lückenloser Stundentakt möglich sein. Dem Güterverkehr werde große Bedeutung zugemessen, handle es sich hier nicht um Durchgangsverkehr, sondern um Zielverkehr zur Bedienung regionaler Unternehmen, was wiederum die Straßen entlaste. Auf Nachfrage stellte Klust auch fest: „Für den Regionalexpress brauchen wir kein Ausweichgleis.“Allerdings soll, gerade im Hinblick auf den Güterverkehr sowie für weitere Produkte, die Option in Zwiefaltendorf bestehen bleiben. Dort hält die Stadt Riedlingen planerisch die Möglichkeit eines zweiten Gleises offen.
Für die Regio-S-Bahn Donau-Iller stellte Klust eine neue Variante vor, die zwischen Riedlingen und Herbertingen Haltepunkte auch in Neufra und Ertingen vorsieht und über dem Ausbaustandard 2025 des Landes liegt und zunächst von den Landkreisen mitfinanziert werden muss. Um gegenüber dem Auto unattraktive Fahrzeiten von 90 Minuten von Ertingen bis Ulm zu vermeiden, soll zwischen Ehingen und Herbertingen ein zusätzliches langsameres Produkt eingesetzt werden, wodurch sich bei einem Umstieg in Ehingen die Fahrzeit auf 70 Minuten verkürze. Zugleich
bestehe auch für Riedlingen ein Anschluss „richtig gut Richtung Süden“. Bei dieser Variante gibt es noch die Alternative zwischen zwei Untervarianten mit unterschiedlicher Taktung. Die Kreise Biberach und Sigmaringen favorisieren die Version mit gutem Anschluss in Ehingen, würden aber auch die vom AlbDonau-Kreis bevorzugte Alternative mit besserer Fahrtenverteilung zwischen Ehingen und Ulm mittragen. „Wir sind auf der Zielgeraden“, versicherte Klust. Eine Machbarkeitsstudie sei in Auftrag gegeben, man befinde sich nun „am Anfang der konkreten Umsetzung“. Eine „ganz konkrete Perspektive“bestehe für die Halte in Ertingen und Neufra. Allerdings handle es sich insgesamt um ein „gigantisches Projekt“, betonte Thomas Schäfer, Leiter Planung und Steuerung bei der DB Netz. Betroffen seien allein zwölf Stellwerke und sieben Stationsbauwerke. Er rechne mit einer zeitlichen Größenordnung von mindestens zehn Jahren – „und das wäre schon sportlich“. Beispielsweise bedürfe es auch umfangreicher Umbaumaßnahmen an den Bahnhöfen, nachdem vor Ort keine Fahrdienstleiter mehr eingesetzt werden. Angesichts der aktuellen Großprojekte fehlen derzeit allein im Südwesten 44 Ingenieure zur Projektabwicklung, so Schäfer.
Oliver Dümmler, Geschäftsführer Regio-S-Bahn Donau-Iller, wies darauf hin, dass alles, was über die ab Fahrplan 2026 verkehrende S-Bahn-Linie hinausgeht, zusätzlicher Infrastruktur bedürfe. Die Finanzierung sei noch zu klären. Als „Bremsklötze“erwiesen sich häufig die Bahnübergänge, ergänzte Schäfer. Und Fries wies auf den Lenkungskreis als Schnittstelle hin. Die Anrainergemeinden bat er für den weiteren Prozess: „Bitte achten Sie darauf, dass Sie bei dem, was Sie zu verantworten haben, nicht selber Schwergang reinbringen.“