Wettballern um die Schale
Die Bayern und der BVB glänzen im Meisterkampf – Die Titelchancen der Konkurrenten
- Ganz wie bei einem Schlagabtausch im Tennis: Aufschlag FC Bayern München, der Gegner FC Schalke bekommt ein paar Asse und Winner um die Ohren gehauen – 6:0, beeindruckend. Auf dem Platz nebenan serviert wenig später der Ranglistenzweite Borussia Dortmund. Zack, zack. Gegner Borussia Mönchengladbach hat keine Chance gegen all die Schmetterbälle vom BVB – 5:2. Okay, ein 6:2 hätte noch besser ins Filzball-Bild gepasst, aber wir sind ja beim Fußball. Und im endlich einmal wieder spannenden Kampf um die Meisterschaft.
Das Wettballern lässt die TitelKontrahenten davonziehen. Seit diesem drittletzten Spieltag ist endgültig klar, die Bayern und die Dortmunder machen Platz eins und zwei unter sich aus, der Showdown um die Schale fällt an den kommenden zwei Wochenenden. „Die Bayern müssen Gas geben, wir werden Gas geben“, sagte BVBChefcoach Edin Terzic und fügte kämpferisch hinzu: „Wir haben gezeigt, dass wir bis zum Ende daran glauben und bis zum Ende alles jagen werden.“Nüchterner sah es Thomas Tuchel, der wie Terzic seine erste Meisterschaft gewinnen würde: „Es geht nächste Woche wieder bei 0:0 los, daher besteht kein Grund, komplett euphorisch zu werden und an irgendwelche Vorentscheidungen zu denken.“
Weiter liegt Bayern nur ein Pünktchen vorne, dafür spricht die Tordifferenz (+55 bei Bayern, +36 beim BVB) klar für den Titelverteidiger und Abo-Meister, der Schale Nummer 11 in Serie anstrebt. Doch was spricht für den Verfolger, was für den Rekordmeister?
Das Momentum: Nach dem 1:3 in Mainz bekamen die Bayern die Kurve, gewannen drei Partien hintereinander. Thomas Müller spricht von „einer kleinen Entwicklung“dank „toller Trainingswochen“und sagte nach dem Sixpack gegen Schalke: „Es war ein kleines Fest, hat Spaß gemacht. Schön, dass wir es nach zwei schmuckloseren Siegen (2:0 gegen Hertha, 2:1 in Bremen, d. Red.) mal höher haben ausfallen lassen.“Der BVB hat seine Heim-Pflichtaufgaben (6:0 gegen Wolfsburg, 5:2 gegen Gladbach) erledigt. Alles steht und fällt mit der Auswärtshürde Augsburg. Der FCA braucht noch ein Pünktchen zum endgültigen Klassenerhalt.
Das Restprogramm: In Stuttgart (3:3) und in Bochum (1:1) ließen die Dortmunder durch Unvermögen und VAR-Pech vier Punkte liegen, die Anti-Serie von vier sieglosen
Partien in der Fremde muss am Sonntag in Augsburg durchbrochen werden, um am letzten Spieltag gegen Mainz noch um die Schale mitreden zu können. Bayern hat es selbst in der Hand und auf den Füßen – zwei Siege, gegen Leipzig und in Köln, reichen. Verliert der BVB nach einem BayernHeimsieg gegen RB tags darauf in Augsburg, sind die Roten vorzeitig Meister.
Die Form: Bayern stabilisiert sich unter Tuchel. Der Trainer sagte:
„Es war der nächste Schritt in die richtige Richtung, verschüttetes Selbstvertrauen kommt zurück.“Serge Gnabry traf in den letzten drei Spielen viermal, ist im Jahr eins nach Robert Lewandowski nun mit 13 Treffern Bayerns bester Torschütze. Die Defensive um das Innenverteidiger-Duo Benjamin Pavard und Matthijs de Ligt steht immer besser. Beim BVB besticht die Offensive um Sébastien Haller, Karim Adeyemi und Donyell Malen. „Uns gefällt, wie
wir die Tore erzielen und wer sie macht“, sagte Terzic. „Wir haben die meisten Teenager-Tore, die meisten Joker-Tore, aber niemanden, der zweistellig getroffen hat.“Klar, ohne Erling Haaland. Andererseits sei man so „unberechenbarer“.
Die Physis: Da beide aus den Pokal-Wettbewerben raus sind, haben sie seit Ende April keine englischen Wochen mehr. Die Kondition darf kein Thema sein.
Die Psychologie: „Die Kunst ist jetzt, fokussiert und im Tunnel zu bleiben“, sagte Tuchel. „Wir müssen das nächste Spiel wieder mit dem Willen, der Leichtigkeit und der Freude angehen.“In der JägerRolle wendet Terzic diesen Kniff an: „Den Mix aus Lob, wenn alle auf uns draufhauen, und Kritik, wenn uns alle loben.“BVB-Stürmer Malen sagte: „Ich träume von der Meisterschale. So spielen wir auch.“
Das Umfeld: Beim BVB muss man sich damit abfinden, dass Leader und Mittelfeld-Chef Jude Bellingham für eine Ablöse von mehr als 100 Millionen Euro wohl zu Real Madrid wechselt. Aber die Problematik der Superstar-Abgänge kennt man. Für mehr Stress sorgt in München die Diskussion um Vorstandsboss Oliver Kahn. Über dessen Zukunft bzw. Abwahl wird erst nach Saisonende, am 30. Mai, vom Aufsichtsrat entschieden – zugunsten des Endspurts um die Schale.