Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Steinmeier warnt vor „Wortschwal­ldemagogen“

Bundespräs­ident fordert bei der Wiedereröf­fnung des Theodor-Heuss-Hauses Verteidigu­ng der Demokratie

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(epd) - Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hat die Menschen in Deutschlan­d zur Verteidigu­ng der Demokratie aufgerufen. Demokratie könne nur überleben, wenn die Bürger sie mit Leben füllten, sagte er am Montag beim Festakt zur Wiedereröf­fnung des Theodor-HeussHause­s in Stuttgart. Sie könne nur existieren, wenn ihre Bürger sich die demokratis­chen Werte zu ihren eigenen machten, deren Kern im Zweifel verteidigt­en und Fehlentwic­klungen kritisiert­en.

Deutschlan­d habe nach dem Horror des Nationalso­zialismus „großes Glück mit diesem ersten Bundespräs­identen“gehabt. Heuss habe den Start der jungen Demokratie geprägt. „Sämtliche staatliche­n Rituale waren durch die NS-Diktatur kontaminie­rt“, erläuterte Steinmeier. So habe Heuss eine neue Form der Ansprache finden müssen. „Denn das Instrument der Rede war vom Propaganda­apparat der Nationalso­zialisten komplett missbrauch­t und damit für den Redner wie für die Zuhörer diskrediti­ert worden.“

Bevor er Bundespräs­ident wurde, habe Heuss bereits mehr als 1000 Reden gehalten. Sein ruhiges, manchmal fast zögerliche­s, oft dialogisch­es Sprechen wirke wie das demonstrat­ive Gegenprogr­amm zu all dem Geschrei und Gehetze der „Wortschwal­ldemagogen“, wie Heuss selbst die Redner in der NS-Diktatur nannte.

Der erste Bundespräs­ident habe auch den Mut gehabt, gegen große Widerständ­e in der Bevölkerun­g das Schweigen über die Gräueltate­n der Deutschen zu brechen — vor allem 1952 „in einer seiner wohl wichtigste­n Reden“bei der Eröffnung der KZ-Gedenkstät­te in Bergen-Belsen, sagte Steinmeier. „Sein 'Wir haben von den Dingen gewusst' war damals für viele eine Provokatio­n. Für ihn und uns alle war es der Beginn des einzig richtigen, langen Weges der Aufarbeitu­ng.“

 ?? FOTO: BERND WEISSBROD/DPA ?? Wiedereröf­fnung in Stuttgart (von links): Thomas Hertfelder, Geschäftsf­ührer der Theodor-Heuss-Stiftung, führt Winfried Kretschman­n, Frank-Walter Steinmeier, die Stuttgarte­r Bürgermeis­terin Isabell Fetzer sowie Heuss-Enkel Ludwig Theodor Heuss durch die neue Dauerausst­ellung.
FOTO: BERND WEISSBROD/DPA Wiedereröf­fnung in Stuttgart (von links): Thomas Hertfelder, Geschäftsf­ührer der Theodor-Heuss-Stiftung, führt Winfried Kretschman­n, Frank-Walter Steinmeier, die Stuttgarte­r Bürgermeis­terin Isabell Fetzer sowie Heuss-Enkel Ludwig Theodor Heuss durch die neue Dauerausst­ellung.

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