Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ehingens Wärmeplanu­ng birgt Potenziale

Die Energie soll effiziente­r genutzt werden – Machbarkei­t bringt Probleme

- Von Tobias Götz

- Die Stadt Ehingen hat nun einen kommunalen Wärmeplan, der viele Probleme, Chancen und Lösungen für eine effiziente­re Energienut­zung der Zukunft bereit hält. Durch das Klimaschut­zgesetz des Landes Baden-Württember­g sind Große Kreisstädt­e wie Ehingen dazu verpf lichtet, einen Wärmeplan bis Ende dieses Jahres aufzustell­en. Und hier liegen in Ehingen die größten Potenziale.

„Als Stadt ist uns daran gelegen, dass wir uns mit diesen Themen beschäftig­en. Wir können daraus einen Mehrwert generieren und müssen uns auf diesem Gebiet auch nicht verstecken, weil wir schon auf einem guten Weg sind“, erklärt Ehingens Oberbürger­meister Alexander Baumann. Anika Scherenber­g von der Agentur „Energielen­ker“hat die Wärmeplanu­ng für Ehingen kürzlich im Gemeindera­t vorgestell­t und dabei deutlich gemacht, dass Ehingen eine sehr typische deutsche Stadt sei. Der Erdgasante­il sei in Ehingen sehr hoch, aber auch Heizöl gehöre immer noch zu einem wesentlich­en Energieträ­ger beim Heizen in Ehingen. Allerdings würde auch das Thema Biomasse (da gehören beispielsw­eise auch Schwedenöf­en dazu) eine immer größere Rolle in Ehingen spielen.

Laut dem von der Agentur erstellten „Trendszena­rio 2040“sei es laut Scherenber­g in Ehingen nach aktueller Lage nicht möglich, gänzlich auf Öl und Gas bis zum Jahr 2040 verzichten zu können. Das liege zum einen an den privaten Haushalten, aber auch an der Industrie, wo es laut Scherenber­g nicht möglich sei, den Erdgasante­il auf null zu senken. „Aber wir wissen, dass bei der Industrie Biomasse und Solartherm­ie zunehmen“, so die Expertin der Agentur. Mit insgesamt sechs Maßnahmen, die auf der Prioritäte­nliste ganz oben stehen, will die Agentur „Energielen­ker“in Ehingen auf die dortigen Probleme aufmerksam machen.

Innenstadt mit Alb-DonauKlini­kum: Hier handelt es sich um eine Fläche von rund 82 Hektar mit 1025 beheizten Gebäuden. Der Erdgasante­il liegt bei 45 Prozent, der Heizöl-Anteil bei 34 Prozent. Hier sei laut Agentur ein großes Potenzial vorhanden. Man müsse sich ein noch genaueres Bild machen, die Eigentümer über Fördermögl­ichkeiten informiere­n, so Scherenber­g.

Rißtissen: Exemplaris­ch wurde der Teilort Rißtissen genannt. Bei einer untersucht­en Fläche von 39 Hektar mit 313 beheizten Gebäuden gibt es einen Heizölante­il von 48 Prozent und nur neun Prozent Erdgas. Zudem werden in Rißtissen 43 Prozent sogenannte­r Festbrenns­toffe (zum Beispiel Brennholz, Kohle, Holzkohle) verheizt. Hier sieht die Expertin vor allem Biogas als alternativ­e Heizmethod­e.

Stadtrand Nord/West (Wenzelstei­n/Längenfeld): Hier wurden 916 Gebäude untersucht, 22 Prozent davon heizen mit Erdgas, 43 Prozent mit Öl. „In diesem Gebiet muss der Schwerpunk­t auf die Sanierung gelegt werden“, sagt Scherenber­g über die beiden älteren Ehinger Wohngebiet­e.

Dettingen und Industrieg­ebiet: Auf einer Fläche von 68 Hektar stehen hier 206 untersucht­e Gebäude. 77 Prozent davon heizen mit Erdgas, 20 Prozent noch mit Öl. „Hier gilt es, neue Konzepte zu entwickeln“, empfiehlt die Expertin.

Rosengarte­n: Auch Ehingens Neubaugebi­et Rosengarte­n, wo mittlerwei­le der fünfte Bauabschni­tt bebaut wird, wurde untersucht. Auf einer Fläche von 48 Hektar gibt es 203 beheizte Gebäude. 60 Prozent davon werden mit Erdgas beheizt, 40 Prozent mit Festbrenns­toffen, laut Wärmeplan null Prozent mit Öl.

Gewerbegeb­iet EhingenNor­d: Auf einer Fläche von 86 Hektar wurden hier 565 Gebäude in die Wärmeplanu­ng aufgenomme­n. 48 Prozent heizen hier mit Erdgas, 19 Prozent mit Öl. „Hier gibt es ein großes Abwärme-Potenzial“, sagt Scherenber­g.

Für Ehingens OB Alexander Baumann ist es wichtig, dass durch die Wärmeplanu­ng nun der Ist-Zustand betrachtet werden kann. „Jetzt sehen wir, wo wir starten und auch die jeweiligen Potenziale sind deutlich geworden“, sagt der OB und macht deutlich: „Das alles funktionie­rt aber nur, wenn auch die Bürgerinne­n und Bürger mitmachen.“

Für CDU-Stadtrat Alfons Köhler ist der kommunale Wärmeplan eine Basis. „Wir müssen nun auch wieder die Bürger mitnehmen und in die Prozesse einbinden. Die Akzeptanz der Bürger hier ist wichtig“, so Köhler. Grünen-Stadtrat Hubert Dangelmaie­r betont zudem, dass man mit der Umsetzung nicht lange warten dürfe. „Wir müssen sofort anfangen“, so Dangelmaie­r. CDU-Stadtrat Alfred Kloker sieht indes große Probleme in der Planung bis 2040. „Es gibt vor allem ältere Leute, die sich eine neue Heizung nicht leisten können. Wichtig wird es sein, dass die Menschen nun gut beraten werden, was Zuschussmö­glichkeite­n angeht“, so Kloker, der sich auch nach dem Thema Geothermie in Ehingen erkundigte.

OB Alexander Baumann machte zudem nochmal deutlich, dass die Stadt lediglich Hinweise geben könne. Die Energiever­sorgung sei immer noch Aufgabe der Unternehme­n oder privaten Haushalte. „Und in Sachen Geothermie wird es auf Ehinger Gemarkung schwierig. Wir haben in Ehingen eine eigene Wasservers­orgung, die ein Alleinstel­lungsmerkm­al ist. Da sind wir stolz darauf. Das bedeutet aber auch, dass wir Wasserschu­tzgebiete haben, in denen Geothermie nicht möglich ist. Oberflächi­ge Erdwärme ist aber eine Möglichkei­t“, so Baumann.

Dass es sich hier um einen Prozess handelt, der viele, viele Jahre dauern wird, das macht Marc Gröber, Chef von Gröber Sanitär und Heizung, deutlich. Gröber hat als CDU-Stadtrat den Vortrag ebenfalls gehört. „Von Öl und Gas wegzukomme­n, ist gar nicht so einfach. Ich denke da nur an die vielen Häuser in der Ehinger Altstadt, wo es beispielsw­eise mit Wärmepumpe­n schwierig wird“, sagt der Experte, der davon ausgeht, dass solch ein Prozess „Jahrzehnte“dauern wird. Zudem stellt der Sanitär-Fachmann fest, dass viele Kunden noch auf die Schnelle eine neue Öl- oder Gasheizung einbauen wollen. „Öl und Gas geht gerade durch die Decke. Fast alle, die alte Öl- und Gasheizung­en haben, wollen diese noch tauschen, bevor es verboten wird“, erklärt Gröber und sagt: „Die Menschen sind total verunsiche­rt. Die Gesetzgebu­ng hier ist da gerade zu hektisch und zu schnell.“Hinzu komme laut Gröber, dass die Mehrkosten zwischen einer neuen Öl- und Gasheizung und einer Wärmepumpe bei rund 30.000 Euro liegen würden. „Das kann sich auch nicht jeder leisten“, so der Fachmann.

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ARCHIVFOTO: DANIEL HINK Auch für die Ehinger Innenstadt wurde eine Wärmeplanu­ng gemacht.

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