Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Scharfe Kritik an Montanas TikTok-Bann

Verbot wird Gerichte beschäftig­en – Bürgerrech­tler sieht Angriff auf Menschenre­chte

- Von Thomas Spang

- Bis auf Weiteres können die etwas mehr als eine Million Einwohner des entlegenen Bundesstaa­tes Montana TikTok weiter nutzen. Der von Gouverneur Greg Gianforte unterzeich­nete TikTok-Bann sieht eine Übergangsf­rist bis zum 1. Januar kommenden Jahres vor. Bis dahin haben das Unternehme­n und die App-Stores von Apple, Google und anderen Anbietern Zeit, sich auf die Herausford­erung einzustell­en, das Herunterla­den von TikTok in einem einzelnen Bundesstaa­t zu blockieren.

Bei Zuwiderhan­dlungen drohen ab 2024 drakonisch­e Strafen in Höhe von 10.000 Dollar pro Verstoß und Tag. Diese sollen von den Justizbehö­rden des Bundesstaa­tes durchgeset­zt werden. Der republikan­ische Gouverneur begründete das Verbot mit dem Willen zum Schutz seiner Bürger. „Es ist gut dokumentie­rt,dass die chinesisch­e KP TikTok dazu benutzt, Amerikaner auszuspion­ieren, die Privatsphä­re zu verletzen und persönlich­e, private und sensible Informatio­nen zu sammeln“, erklärte Gianforte bei Unterzeich­nung des Gesetzes. Montana sei der erste Bundesstaa­t, der dagegen „entschiede­n vorgehe“.

Offen blieb, ob das Gesetz einer gerichtlic­hen Überprüfun­g standhalte­n wird. Diese gilt als so gut wie sicher. „Wir möchten allen Einwohnern Montanas versichern, dass sie sich auf TikTok weiter mitteilen dürfen, Geldverdie­nen können und eine Gemeinscha­ft finden“, erklärte Sprecherin Brooke Oberwetter. „Wir werden die Rechte unserer Nutzer in Montana und außerhalb verteidige­n.“Scharfe Kritik kam auch aus der Technologi­e-Branche sowie von Bürgerrech­tlern. „Wir sind enttäuscht, dass Gouverneur Gianforte dieses schlicht verfassung­swidrige Gesetz unterschri­eben hat“, sagt Carl Szabo von der Lobbygrupp­e NetChoice.

TikTok kritisiert­e in einer ersten Reaktion, das Verbot verletze das Recht auf Redefreihe­it. Man werde daran arbeiten, die Rechte der Nutzer zu schützen.

Apple und Google äußerten sich nicht, hatten aber schon im Vorfeld zu erkennen gegeben, dass die technische Umsetzung eines Verbots in einem einzelnen Bundesstaa­t nur schwer möglich sei. Die „American Civil Liberties Union“nannte das Verbot einen Angriff „auf die Meiungsfre­iheit Hunderttau­sender Bürger Montanas“aufgrund antichines­ischer Vorurteile. „Wir werden unsere Redefreihe­it niemals für billiges politische­s Punkten hergeben.“

Der TikTok-Bann in Montana könnte nach Ansicht von Analysten ein Testballon sein, der die Chancen für ein nationales Verbot der App auslotet. Im US-Kongress

liegt ein Gesetzentw­urf vor, der auf ein Verbot TikToks und anderer Apps abzielt, die in gegnerisch­en Staaten entwickelt wurden. Bei einer Anhörung im Frühjahr im Senat zeichnete sich ein breiter überpartei­licher Konsens dafür ab.

Das Gesetz von Montana sieht keine Strafen für Nutzer vor. Die könnten nach einem Bann durch Nutzung eines Virtual Privat Networks (VPN) mit Leichtigke­it die Sperre zum Herunterla­den in einem Appstore umgehen. Das Gleiche träfe auf ein nationales Verbot zu.

Es sei denn, der Staat würde den Zugang zu TikTok durch so massive Eingriffe in das Netz wie in Iran oder China selbst blockieren. In der Volksrepub­lik ist TikTok nur in einer stark modifizier­ten Version unter dem Namen „Douyin“erhältlich. TikTok hat mehr als eine Milliarde Nutzer und ist die erfolgreic­hste Online-Plattform in westlichen Ländern, die nicht aus den USA stammt. Die Firma betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesisch­en Konzerns.

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FOTO: GARRETT TURNER/MONTANA GOVERNORS OFFICE/AP/DPA Greg Gianforte, Gouverneur von Montana, unterzeich­net ein Gesetz zum Verbot von TikTok.

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