Scharfe Kritik an Montanas TikTok-Bann
Verbot wird Gerichte beschäftigen – Bürgerrechtler sieht Angriff auf Menschenrechte
- Bis auf Weiteres können die etwas mehr als eine Million Einwohner des entlegenen Bundesstaates Montana TikTok weiter nutzen. Der von Gouverneur Greg Gianforte unterzeichnete TikTok-Bann sieht eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar kommenden Jahres vor. Bis dahin haben das Unternehmen und die App-Stores von Apple, Google und anderen Anbietern Zeit, sich auf die Herausforderung einzustellen, das Herunterladen von TikTok in einem einzelnen Bundesstaat zu blockieren.
Bei Zuwiderhandlungen drohen ab 2024 drakonische Strafen in Höhe von 10.000 Dollar pro Verstoß und Tag. Diese sollen von den Justizbehörden des Bundesstaates durchgesetzt werden. Der republikanische Gouverneur begründete das Verbot mit dem Willen zum Schutz seiner Bürger. „Es ist gut dokumentiert,dass die chinesische KP TikTok dazu benutzt, Amerikaner auszuspionieren, die Privatsphäre zu verletzen und persönliche, private und sensible Informationen zu sammeln“, erklärte Gianforte bei Unterzeichnung des Gesetzes. Montana sei der erste Bundesstaat, der dagegen „entschieden vorgehe“.
Offen blieb, ob das Gesetz einer gerichtlichen Überprüfung standhalten wird. Diese gilt als so gut wie sicher. „Wir möchten allen Einwohnern Montanas versichern, dass sie sich auf TikTok weiter mitteilen dürfen, Geldverdienen können und eine Gemeinschaft finden“, erklärte Sprecherin Brooke Oberwetter. „Wir werden die Rechte unserer Nutzer in Montana und außerhalb verteidigen.“Scharfe Kritik kam auch aus der Technologie-Branche sowie von Bürgerrechtlern. „Wir sind enttäuscht, dass Gouverneur Gianforte dieses schlicht verfassungswidrige Gesetz unterschrieben hat“, sagt Carl Szabo von der Lobbygruppe NetChoice.
TikTok kritisierte in einer ersten Reaktion, das Verbot verletze das Recht auf Redefreiheit. Man werde daran arbeiten, die Rechte der Nutzer zu schützen.
Apple und Google äußerten sich nicht, hatten aber schon im Vorfeld zu erkennen gegeben, dass die technische Umsetzung eines Verbots in einem einzelnen Bundesstaat nur schwer möglich sei. Die „American Civil Liberties Union“nannte das Verbot einen Angriff „auf die Meiungsfreiheit Hunderttausender Bürger Montanas“aufgrund antichinesischer Vorurteile. „Wir werden unsere Redefreiheit niemals für billiges politisches Punkten hergeben.“
Der TikTok-Bann in Montana könnte nach Ansicht von Analysten ein Testballon sein, der die Chancen für ein nationales Verbot der App auslotet. Im US-Kongress
liegt ein Gesetzentwurf vor, der auf ein Verbot TikToks und anderer Apps abzielt, die in gegnerischen Staaten entwickelt wurden. Bei einer Anhörung im Frühjahr im Senat zeichnete sich ein breiter überparteilicher Konsens dafür ab.
Das Gesetz von Montana sieht keine Strafen für Nutzer vor. Die könnten nach einem Bann durch Nutzung eines Virtual Privat Networks (VPN) mit Leichtigkeit die Sperre zum Herunterladen in einem Appstore umgehen. Das Gleiche träfe auf ein nationales Verbot zu.
Es sei denn, der Staat würde den Zugang zu TikTok durch so massive Eingriffe in das Netz wie in Iran oder China selbst blockieren. In der Volksrepublik ist TikTok nur in einer stark modifizierten Version unter dem Namen „Douyin“erhältlich. TikTok hat mehr als eine Milliarde Nutzer und ist die erfolgreichste Online-Plattform in westlichen Ländern, die nicht aus den USA stammt. Die Firma betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Konzerns.