„Ehrwürdige“Pläne für Brandruinen
Wiederaufbau der Häuser Löbbert und Dangel soll neuen Wohnraum schaffen
- Kaum ein Thema hat den Bürgermeisterwahlkampf in Munderkingen so geprägt wie die Zukunft der Brandruinen. Was die Kandidaten bei der Formulierung ihrer Ideen offensichtlich nicht ahnten: Es gibt schon sehr konkrete Pläne für einen wichtigen Teil des Areals. Diese wurden am Mittwoch im Gemeinderat vorgestellt und stießen auf positive Resonanz im Gremium. Nur ein Problem trieb die Räte um.
Groß war das Interesse an der Sitzung im so gut wie selten gefüllten Ratssaal, was vor allem am Thema Brandruinen sowie einem weiteren Bauvorhaben lag. Zunächst warf Bauamtsleiter Roland Kuch einen Blick auf das viel zitierte „Quartier“zwischen Martinstraße, Donaustraße und Kirchgasse, zu dem neben den drei von Bränden stark beschädigten Gebäuden Martinstraße 2, 6 und 8 drei rückwärtige, teils bewohnte Häuser gezählt werden. „Von den sechs Gebäuden sind drei als erhaltenswert eingestuft und eines steht unter Denkmalschutz“, erklärte Kuch. Es gibt unterschiedliche Eigentümer, zum Teil sind die Bauten und Nutzungen sogar miteinander verwoben. Eine komplizierte Gemengelage, machte auch Bürgermeister Michael Lohner klar. Zu kompliziert, um an eine vielfach gewünschte gesamte Überplanung des Quartiers zu denken.
Um einen ersten Schritt voranzukommen, haben die Stadt als Eigentümer des Hauses Löbbert (Martinstraße 6) und das Ehepaar Dangel als Eigentümer des Gebäudes Martinstraße 8 zusammen mit dem Architekturbüro Münz aus Biberach ein Konzept für die Nutzung der beiden Häuser erarbeitet. Das Resultat stellten Architekt Ralf Münz und Harald Dangel dem Gemeinderat vor. „Es sind im Laufe der Beplanung viele Probleme aufgetreten“, berichtete Münz, der sich mit seinem Büro auch in Biberach viel mit der Altstadtgestaltung beschäftige. So sei klar geworden: Die beiden rund 100 Quadratmeter großen Grundf lächen seien jede für sich zu klein, um wirtschaftlich bebaubar zu sein. „Wir mussten also beide Gebäude zusammennehmen.“Da
sich das Haus Dangel von der Bausubstanz her als nicht erhaltenswert erwiesen habe, sei ein Wiederaufbau der beiden miteinander verbundenen Häuser die einzig sinnvolle Lösung. Dabei soll ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohnungen und einer Praxis entstehen.
Beide Häuser sollen durch ein gemeinsames Treppenhaus erschlossen werden. Im Erdgeschoss von der Martinstraße aus gesehen links möchte Ute Griesinger-Dangel ihre seit dem jüngsten Brand nicht mehr nutzbare Psychotherapie-Praxis wiedereinrichten, im rechten Teil des Doppelhauses sind zwei Garagenstellplätze und rückwärtig Abstell- und Technikräume vorgesehen. In den Geschossen darüber sollen insgesamt fünf Wohnungen mit Flächen von 70 bis 158 Quadratmetern entstehen. Unter anderem Loggien sollen den Wohnungen einen modernen Charakter verleihen. „Auf Dachgaupen haben wir bewusst verzichtet, weil die gesamte Munderkinger Altstadt von großen Dachziegelf lächen geprägt ist“, erklärte Architekt Münz.
Überhaupt habe er „großen Respekt vor dem mittelalterlichen Stadtbild“, deshalb sei es das Ziel gewesen, das neue Haus „ehrwürdig einzufügen – irgendwie modern, aber so, als ob es schon immer
da gewesen wäre“. Im entsprechenden Stil ist die Fassade auf der Nordseite zur Martinstraße gestaltet: zehn Sprossenfenster mit Fensterläden in den Obergeschossen, fünf kleine Dachfenster im Satteldach. Lediglich die Praxis im Erdgeschoss erhält bodentiefe Fenster, um genügend Lichteinfall zu gewährleisten. Die südliche Rückseite erhält allein schon durch die Loggien ein relativ modernes Bild. Auch die verpflichtende Photovoltaikanlage wird auf diese Dachseite montiert. Die zur Ost- und Westseite weisenden Giebel werden in der Höhe an das benachbarte Laese-Haus angepasst.
„Wir wollen möglichst schnell loslegen und reden dabei nicht von Jahren, sondern im Idealfall von Monaten“, erklärte Harald Dangel. Ziele seien, Wohnraum für Munderkingen zu schaffen, die Praxis wiederzueröffnen und „der Martinstraße wieder ein schönes Bild zu verleihen“.
Die Pläne stießen im Rat auf ein positives Echo. „Ich finde es gut, dass eine Familie aus Munderkingen Geld in die Hand nimmt und was richtig Gutes macht“, sagte etwa Markus Merkle. Tatsächlich ist das Ehepaar Dangel als alleiniger Bauherr geführt, über die Modalitäten für den Erwerb des städtischen Hauses Löbbert beriet der Gemeinderat anschließend in
nichtöffentlicher Sitzung. Der Stadt selbst entstünden durch das Projekt letztlich keine Kosten, erklärte Bürgermeister Lohner.
Lediglich das Problem der Parkplätze bereitete dem Rat Sorgen. Fünf Wohnungen, eine Praxis und nur zwei weitere Stellplätze in der ohnehin schon beengten Martinstraße – das sei nicht optimal. „Hätten wir das ganze Erdgeschoss mit Parkplätzen belegt, wäre die Wirtschaftlichkeit des Projekts in Frage gestellt“, erklärte dazu Harald Münz. Das Problem werde man in Absprache mit der Baurechtsbehörde klären, ergänzte Lohner. „Es ist zu lösen.“
Auf die Frage, ob auch mit dem Eigentümer des Hauses Martinstraße 2 verhandelt worden sei, antwortete der Bürgermeister: „Ja aber dessen zeitliche Vorstellung entspricht nicht der unseren.“Natürlich könne man warten, bis man alle drei Grundstücke gemeinsam überplanen könne. „Aber ich tät’s nicht.“
An der weiteren Entwicklung müssten dann andere weiterstricken. Sprich sein Nachfolger.
Als zweites großes Bauprojekt wurde dem Gemeinderat der Umbau der alten Gerberei im Haldenweg zu Mehrfamilienhäusern vorgestellt. Ein Bericht dazu folgt.