Jetzt ist Taktgefühl gefragt
Thomas Schelkle durfte am Sonntagabend schon mal das Dirigieren üben. Zwar nur vor der Stadtkapelle, aber eine gewis- se Symbolkraft hatte die
Szene schon. In den nächsten acht Jahren wird in seinem Job viel von dem gefragt sein, was auch ein Dirigent beherrschen muss: Taktgefühl vor allem, aber auch zu erkennen, wo gibt es Misstöne, wo gilt es einzugreifen, um für Harmonie zu sorgen.
Die mehr als 62 Prozent der Stimmen sind ein deutlicher Auftrag der Bürgerinnen und Bürger, die Themen anzugehen, die er im Wahlkampf beleuchtet hat. Das klare Resultat ist aber auch eine Bürde: Das Vertrauen der Menschen, den Richtigen für ihre Stadt gewählt zu haben, ist groß. Vielleicht hat auch seine Ansage, im Falle eines Wahlsieges einen Umzug von Biberach nach Munderkingen in Erwägung zu ziehen, manch wankelmütigen Wähler überzeugt. Denn vielen ist es wichtig, zu wissen, dass auch ihr Bürgermeister in der Stadt wohnt, für deren Wohl er sorgen soll. Drum muss Thomas Schelkle das Thema zwar nicht in den nächsten Wochen, aber doch zeitnah angehen. Und gut erklären, falls er sich es doch anders überlegt.
Die beiden Mitbewerber werden von ihrem Ergebnis sicher enttäuscht sein, wenngleich dies nur einer öffentlich einräumte. Moritz Heinzmann verdient Respekt für seinen stets fairen und intensiven Wahlkampf. Er kann daraus zwei Erkenntnisse ziehen. Erstens: Als jüngster Kandidat ein Drittel der Wähler einer Stadt auf seine Seite zu bringen, ist beachtlich. Zweitens: Seine Zeit war noch nicht ganz reif, aber wenn er so engagiert und zielstrebig bleibt, ist ein Karrieresprung nur eine Frage der Zeit. Die Kandidatur von Hafiz Kavgaci war mutig. Das spricht für ihn. Er hat versucht, fachliche Defizite durch forsches Auftreten und Provokationen zu kompensieren. Das ging schief.
Die Wahlbeteiligung von 56,11 Prozent wird ganz unterschiedlich beurteilt. So oder so steht fest: Fast der Hälfte der wahlberechtigten Menschen in Munderkingen und Algershofen scheint es egal, wer die Geschicke ihrer Stadt lenkt. Das ist schade – aber leider ein Spiegel der Gesellschaft. Schimpfen ist leichter als ins Wahllokal gehen.