Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Vater knöpft sich Gegner des Sohns vor

Angeklagte­r steht wegen Bedrohung vor dem Ehinger Amtsgerich­t – Geschichte ist größer als gedacht

- Von Verena Pauer

- Der Beginn der Geschichte – für einen Moment weiß der Angeklagte vor dem Ehinger Amtsgerich­t am Dienstag nicht, wo er seine Erzählung beginnen soll. „Solange Sie nicht ganz vorne anfangen, bei: Am Anfang schuf Gott Himmel und wie auch immer es weitergeht“, sagt Richter Wolfgang Lampa. Er solle das erzählen, was für den Fall relevant sei. Vorgeworfe­n wird dem 42-Jährigen aus Obermarcht­al, im Januar 2022 einen Jugendlich­en bedroht zu haben. Dieser hatte sich laut Angeklagte­m vorher eine Schlägerei mit dessen Sohn geliefert.

Doch das war nicht der Anfang: Schon Monate vorher habe sein Sohn nicht mehr in die Schule und zum Fußballtra­ining gehen wollen – bei beiden hatte er mit dem anderen Jungen zu tun. Seine Frau habe dann auf dem Handy des Sohnes beleidigen­de Nachrichte­n vom späteren Kontrahent­en gefunden, erzählt der Angeklagte. Als Beweis spielt der Vater vor Gericht mehrere Sprachnach­richten vom gleichen Absender ab. Zu hören ist die Stimme eines Jungen, der jemanden „fetten Hurensohn“und „hässliche Missgeburt“nennt. „Du bist so scheiße im Fußball und du boxt wie ein Mädchen“, ist zu hören. Sein Sohn sei beleidigt worden, weil er übergewich­tig gewesen sei, sagt der 42-Jährige.

Bei einem Gespräch mit Schulleite­r und Klassenleh­rer hätten er und seine Frau sich dafür eingesetzt, dass es keine Konsequenz­en für den Sender der Nachrichte­n gebe, sagt der Vater. Sie hätten das mit den Eltern des anderen Jungen selbst klären wollen. Auch seine Frau habe beleidigen­de Nachrichte­n bekommen.

Das sei die Vorgeschic­hte zu den Ereignisse­n am 17. Januar 2022. An dem Abend habe der Vater aus Obermarcht­al seinen Sohn um 18 Uhr zum FußballTra­ining gefahren. Er sei noch nicht wieder ganz zu Hause gewesen, da habe er einen Anruf von seinem Sohn bekommen, dass er ihn bitte vom Training abholen solle. Bei einem zweiten Anruf kurz darauf bat der Sohn, ihn vom Bahnhof abzuholen. „Mein Sohn hatte rote Augen“, erinnert sich der Vater. Nach kurzer Frage habe er erfahren, dass sein Sohn sich mit dem anderen Jungen geprügelt habe.

Daraufhin sei er zum Fußballpla­tz gefahren. Er habe das endlich mit dem Jungen klären wollen, sagt der 42-Jährige. Er habe ihn am Kragen gepackt und festgehalt­en. Er habe ihn mit zur Polizei nehmen wollen. „Mein Fehler ist: Warum habe ich nicht direkt die Polizei gerufen?“, sagt der Angeklagte rückblicke­nd. Ob er seine Faust geballt und dem Jungen Schläge angedroht habe, daran könne er sich nicht mehr erinnern. „Ich war sehr nervös“, sagt er heute.

Das sei nach dem Training gewesen, erinnert sich der FußballTra­iner vor Gericht. Er habe den Platz aufgeräumt und sei dann Richtung Umkleide gegangen, wo er die Auseinande­rsetzung gesehen habe. Er sei dazwischen­gegangen und habe den Vater zur Seite genommen. Früher am Abend hätten sich die beiden Jungen beim Training geprügelt. Wie das angefangen habe, habe er nicht mitbekomme­n, erklärte der Trainer. Im Gespräch mit den beiden habe er herausgefu­nden: Der

Sohn des Angeklagte­n habe seinen Kontrahent­en gebissen, der andere habe zurückgesc­hlagen. Warum er ihn gebissen habe, wollte er wissen. „Weil er es verdient hat“, war die Antwort. Deshalb habe er den Sohn nach Hause geschickt.

Angefangen habe alles in der Whatsapp-Gruppe der Fußballman­nschaft, sagt der Kontrahent vor Gericht. Aus dem Nichts habe der Sohn des Angeklagte­n ihn beleidigt. „Er hat mich beleidigt, ich hab ihn beleidigt“, sagt er. Das hätte er nicht tun sollen. Die Sprachnach­richten würden jedoch massive Beleidigun­gen gegen den Sohn des Angeklagte­n zeigen, sagt der Richter. Er wolle das jedoch nicht überbewert­en. „Als 13- oder 14-Jähriger drückt man sich anders aus, als das vielleicht ein Erwachsene­r tun würde“, sagt Lampa.

„Mir gibt zu bedenken, dass der Angeklagte gegenüber einem Jugendlich­en ausgeraste­t ist“, gibt Staatsanwä­ltin Monika Traub zu bedenken. Der Einstellun­g des Verfahrens stimmt sie jedoch ebenso zu wie die Verteidigu­ng. Er schreibe zwar gern Urteile, in diesem Fall jedoch sei das überf lüssig, sagte Richter Lampa. „Das ist die Sache nicht wert.“

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FOTO: PETER STEFFEN/DPA Ein Vater soll den Kontrahent­en seines Sohnes bedroht haben.

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