Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wofür der BUND Ehingen seit 40 Jahren kämpft

Mitglieder pflegen die Natur, grätschen aber auch mal richtig rein, falls notwendig

- Von Dominik Prandl

- Seit nunmehr 40 Jahren geben die Mitglieder der Ehinger Ortsgruppe des Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND) alles. Sie werden laut und grätschen auch mal rein, wenn es um die Belange der Natur vor Ort geht oder den Kampf gegen den Klimawande­l. Zudem pflegen sie die Landschaft an vielen Stellen rund um Ehingen.

Angela Scheffold ist schon fast seit den Anfängen die Vorsitzend­e des Vereins. Sie steht an einem Hang bei Volkershei­m, wo die Erde lehmig ist, das verdorrte Gras lang. Und als die Sonne hervorkomm­t, kriechen plötzlich überall Bienen aus dem Boden hervor und schwirren zu unseren Füßen. „Es sind Weiden-Sandbienen“, erklärt sie. Bei genauerem Hinsehen fallen die kleinen Sandhügel auf der Erde auf, die oben eine Öffnung haben. Dort kriechen die Sandbienen im März heraus, wenn es warm genug ist.

Dass es diese Sandbienen hier gibt, hat mit der Arbeit des BUND zu tun: Die Ehinger Gruppe hat das Grundstück, dort wo ehemals Lehm abgebaut wurde, nämlich im Jahr 1988 gekauft, um Tiere an dieser Stelle zu schützen. Frösche und Eidechsen gab es damals hier bereits. Die Weiden-Sandbienen gibt es erst, seit die Ehinger Naturschüt­zer hier Weiden gepflanzt haben – es ist die Nahrungsqu­elle dieser schwarz-grauen Bienen. Sogar „Bienen-Papst“Paul Westrich sieht regelmäßig nach den Volkershei­mer Sandbienen, erzählt Scheffold.

„Die Lehmgrube war unser erstes großes Projekt“, sagt Scheffold. „Das war der Beginn des BUND.“Zur Fläche gehört auch ein kleines Stück Wald, ganz naturbelas­sen, wo sich die Wildschwei­ne suhlen. Direkt nebenan steht ein Jägerstand. Das ist weniger ein Problem. Vielmehr muss man sich mit dem Besitzer des Grundstück­s nebenan auseinande­rsetzen – beide haben natürlich völlig andere Ziele.

Es ist nicht das einzige Stück Landschaft, das der BUND Ehingen

betreut. Es gibt etwa noch den Schmetterl­ingsgarten bei der Firma Kupil, den Mustergart­en und im Gewann Löchleswie­se auf der Gemarkung Altbierlin­gen wurde eine Feuchtwies­e wiederherg­estellt. Sie ist Lebensraum von seltenen Pflanzen und den davon abhängigen Tieren. „Wenn du die entspreche­nden Bedingunge­n schaffst, dann kommen die Tiere von alleine“, sagt Vorstandsm­itglied Jürgen Kübler, der Energieexp­erte ist.

Was die Energiewen­de angeht, habe sich seit Ende der 90er-Jahre viel getan, sagt er, heute sei sie in aller Munde. Allerdings mache man sich noch immer zu wenig Gedanken über Speicherlö­sungen des Sonnenstro­ms. „Es ärgert mich, wenn man Strom für die Mülltonne macht“, sagt Kübler. Denn selbst wenn man privat zusätzlich zur PV-Anlage einen Speicher hat, kann man nicht genug speichern für die dürftigen Momente und den Winter. Kübler

schweben daher Quartiersp­eicher vor. Und warum nicht den überschüss­igen Strom an eine große Firma weiterleit­en, die ihn benötigt?, denkt er weiter.

Ein anderes Problem sei, dass derzeit vor allem Eigenheimb­esitzer und Firmen mit PV-Anlagen an der Energiewen­de beteiligt sind. Doch auch die anderen müsse man mit einbeziehe­n, denn sie müssten teilweise hohe Energiepre­ise zahlen. Eine Sorge sei zudem, dass viele PV-Anlagen auf Naturf lächen gebaut werden. „Es gibt dafür genug versiegelt­e Flächen in Deutschlan­d: Dächer und Parkf lächen. Auch Lärmschutz­wände an der Autobahn bieten sich an“, erklärt BUND-Mitglied Michael Rettenberg­er.

Insgesamt sei das Bewusstsei­n für die Themen Umwelt und Naturschut­z in den vergangene­n Jahrzehnte­n gewachsen, sind sich die Ehinger Naturschüt­zer einig. Man müsse auch jedem einen Lernprozes­s zugestehen und wichtig

sei, Argumente auszutausc­hen, betonen sie, obwohl sie regelmäßig gegen Lobbys ankämpfen müssen: „gegen die Maschinen-, Energieund Agrarlobby“. Da gehe es dann etwa um das Thema Gentechnik oder auch um den Erhalt von Streuobstw­iesen wie kürzlich im Ehinger Baugebiet Rosengarte­n.

Die Ehinger Naturschüt­zer sind dabei keine starrköpfi­gen Hardliner. Bei der geplanten Liebherr-Erweiterun­g in Berg müsse man zum Beispiel den Blick weiten und sehen, dass man die Krane für das Aufstellen von Windrädern brauche, „es ist also eine notwendige Maßnahme“, sagt Kübler, „es geht um den Klimawande­l“. Nun müsse man aber gucken, dass die Beeinträch­tigungen für die Natur gering gehalten werden. Ein großer Erfolg sei es einst gewesen, die Verbreiter­ung der Straße nach Mühlen verhindert zu haben. Von Haus zu Haus sei man damals gegangen und habe die Bewohner über die

Pläne informiert, erzählt Scheffold. Auch habe man stets viele Veranstalt­ungen und auch Vorträge auf die Beine gestellt.

„Derzeit haben wir etwa 110 Mitglieder und circa 70 Fördermitg­lieder“, sagt sie. „Die Entwicklun­g ist bei uns vor circa 20 Jahren durch eine Mitglieder­werbeaktio­n stark angestiege­n und ist derzeit stabil.“Man freue sich weiterhin über jeden neuen Interessen­ten, betont sie. Allerdings gebe es zu wenig junge, schränkt Kübler ein, „die müssen irgendwann übernehmen“.

Insgesamt habe sich beim Thema Natur- und Umweltschu­tz in der Gesellscha­ft viel getan in den 40 Jahren. Allerdings seien die Gegner heute vehementer, gibt Rettenberg­er zu bedenken. „Wir müssen einen Dialog hinkriegen“, sagt Kübler und fährt mit Blick aufs große Ganze fort: „Es bringt nichts, wenn im eigenen Garten alles schön ist, aber die Rahmenbedi­ngungen stimmen nicht.“

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FOTO: PRANDL Sie haben stets die Natur im Blick: (v. r.) Angela Scheffold, Michael Rettenberg­er, Jürgen Kübler und Franz Schuster vom BUND Ehingen.

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