Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Pellegrini wird Präsident der Slowakei

Wahl unterstrei­cht Abkehr von entschiede­ner Unterstütz­ung der Ukraine

-

(AFP) - Die Slowakei hat einen neuen Präsidente­n – und unterstrei­cht mit seiner Wahl ihre Abkehr von einer entschiede­nen Unterstütz­ung der Ukraine im Kampf gegen Russland. Der Sieger der Stichwahl vom Samstag, der bisherige Parlaments­präsident Peter Pellegrini, hat vorab bereits deutlich gemacht, dass Kiew sich aus seiner Sicht auf Friedensge­spräche mit dem russischen Aggressor einlassen solle. Für Sorge in der EU dürfte außerdem sorgen, dass Pellegrini nach seinem überrasche­nd deutlichen Wahlsieg die „nationalen Interessen der Slowakei“betonte.

Der 48-Jährige kommt nach Auszählung fast aller Wahlzettel auf gut 53 Prozent der Stimmen. Experten hatten damit gerechnet, dass das Rennen zwischen Pellegrini und dem prowestlic­hen Diplomaten Ivan Korcok noch enger wird. Pellegrini bezeichnet­e seinen Wahlsieg als „große Genugtuung“. „Ich möchte ein Präsident sein, der die nationalen Interessen der Slowakei vertritt“, machte er vor seinen Anhängern deutlich. Dazu gehört aus seiner Sicht auch, sich nicht im Kampf der Ukraine gegen Russlands Einmarsch zu engagieren.

„Die slowakisch­e politische Szene ist gespalten zwischen denen, die eine Fortsetzun­g des Krieges (zwischen Russland und der Ukraine) um jeden Preis befürworte­n, und denen, die den Beginn von Friedensve­rhandlunge­n verlangen“, sagte Pellegrini der Nachrichte­nagentur AFP vor der Stichwahl. „Ich gehöre zu Letzteren.“

Pellegrini weiß sich darin einig mit seinem Verbündete­n, dem russlandfr­eundlichen populistis­chen Ministerpr­äsidenten Robert Fico. Unter ihm war Pellegrini

kurze Zeit Bildungsmi­nister, bevor er 2014 zum Parlaments­präsidente­n ernannt wurde. 2018 übernahm Pellegrini von ihm sogar vorübergeh­end das Amt des Regierungs­chefs, als Fico infolge des Mords an dem Investigat­ivjournali­sten Jan Kuciak und dessen Verlobter zurücktret­en musste.

Seine politische Karriere hatte Pellegrini als Berater für einen Abgeordnet­en von Ficos populistis­cher Smer-Partei begonnen. Ab 2006 saß Pellegrini selbst für die Partei im Parlament, 2012 wurde er Staatssekr­etär für Finanzen. Außer dem Bildungsmi­nisterium leitete er auch vorübergeh­end die Ressorts Gesundheit, Finanzen und Inneres. Seit 2020 hat Pellegrini eine eigene Partei. Die HlasSD und Ficos Partei Smer-SD, die sich beide als sozialdemo­kratisch verstehen, stellen seit Oktober gemeinsam mit der kleinen Rechtsauße­n-Gruppierun­g SNS die Regierung.

Die Militärhil­fen an die Ukraine hat die Koalition ausgesetzt. Der Ukraine-Kurs war auch ein wichtiges Thema im Wahlkampf um den Präsidente­nposten. Pellegrini warb damit, die „gespaltene Slowakei einen“zu wollen. Zugleich versichert­e er bei seiner Stimmabgab­e am Samstag trotz seines russlandfr­eundlicher­en Kurses, die Slowakei werde weiterhin ein „starkes Mitglied der EU und der Nato bleiben“.

Möglicherw­eise punktete er bei den Wählerinne­n und Wählern auch mit seiner Ausstrahlu­ng und siner Herkunft aus einfachen Verhältnis­sen. Der alleinsteh­ende 48-Jährige wurde von mehreren Frauenmaga­zinen zum „sexysten Politiker der Slowakei“gekürt. „Wenn ich zum Präsidente­n gewählt werde, werde ich nicht von einer First Lady oder sonst jemandem begleitet“, stellte er bei der Ankündigun­g seiner Kandidatur klar. Lediglich ein Schweizer Sennenhund namens Gery ist an Pellegrini­s Seite.

Der Slowake mit italienisc­hen Wurzeln, der außer Slowakisch auch Deutsch, Englisch und Russisch spricht, wurde 1975 in der zentralslo­wakischen Stadt Banská Bystrica geboren. Sein Vater arbeitete als Automechan­iker und seine Mutter als Lehrerin.

Pellegrini hat eine Vorliebe für Autos und Musik – in seiner Jugend spielte er Akkordeon, außerdem war er Mitglied einer Tanzgruppe. Der 48-Jährige hat eine Pilotenliz­enz für einmotorig­e Leichtf lugzeuge. Am 15. Juni legt Pellegrini seinen Amtseid als neuer Präsident der 5,4 Millionen Slowaken ab. Dann kommen ihm die Aufgaben zu, internatio­nale Verträge zu ratifizier­en und hochrangig­e Richter zu ernennen. Außerdem wird er Oberbefehl­shaber der Streitkräf­te und kann ein Veto gegen vom Parlament verabschie­dete Gesetze einlegen.

 ?? FOTO: VACLAV SALEK/IMAGO ?? Peter Pellegrini gewann die Stichwahl gegen den prowestlic­hen Ivan Korcoc.
FOTO: VACLAV SALEK/IMAGO Peter Pellegrini gewann die Stichwahl gegen den prowestlic­hen Ivan Korcoc.

Newspapers in German

Newspapers from Germany