Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Bau der Erbacher Querspange auf der Zielgerade­n

Das Projekt wird den Verkehr in der Region verändern – Ein Erbacher hat Jahrzehnte dafür gekämpft

- Von Dominik Prandl

●ein riesiges Verkehrspr­ojekt, - Es ist das noch in diesem Jahr eingeweiht werden soll: der Neubau der B311 bei Erbach als Querspange zur B30. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass der starke Durchgangs­verkehr, darunter viele Lastwagen, durch Erbach ein Ende hat. Ulrich Adam, Sprecher der Interessen­gemeinscha­ft „PRO Querspange B311/B30 Erbach“hat dafür seit mehr als 30 Jahren gekämpft.

Schon zu Beginn der 90er-Jahre hat er eine Bürgerinit­iative gegründet, um die Querspange auf den Weg zu bringen. In den 80erJahren sei eine solche bereits angedacht gewesen, erklärt Adam. Letztlich haben sich die Planungen aber ganz schön hingezogen, zeitweise sei auch Stillstand gewesen. „Bei so einem Projekt prallen Interessen aufeinande­r“, sagt der Projektbef­ürworter. Letztlich wollte keine Ortschaft die Strecke zu nah bei sich haben, egal ob Donauriede­n, Dellmensin­gen oder Gögglingen. Und so wurde Variante um Variante verworfen. Mit Mitte 30 hat Adam begonnen, sich für die Querspange einzusetze­n und hat gehofft, dass das Projekt realisiert sein wird, wenn er Mitte 40 ist. „Das hat nicht geklappt“, sagt er. Heute ist er Mitte 60.

Realisiert wird jetzt die Variante 3.6. Die Streckenfü­hrung findet man schon auf mancher gedruckten Karte oder in neuen Navigation­sgeräten. Die Querspange startet kurz vor Donauriede­n und führt südlich an Dellmensin­gen vorbei, bevor der Anschluss an die B30 erfolgt. Von hier kann der Verkehr etwa zur A7 und A8 weitergele­itet werden. „Die jetzige Variante ist eine gute Lösung mit Abständen zu allen Ortschafte­n“, sagt Adam. Er steht auf der ausgehoben­en Fahrbahn südlich von Dellmensin­gen. Es ist noch braune Erde und Schotter, worauf man hier läuft zwischen Erdwällen rechts und links. Aber die Strecke ist schon klar erkennbar und führt unter den errichtete­n Brücken hindurch. Manche der Bauwerke wurden sogar schon mit Graffiti besprüht. Und aus dem Boden wachsen bereits angelegte Verkehrsin­seln.

Der feierliche Spatenstic­h für die insgesamt sechs Kilometer lange neue Bundesstra­ße 311 erfolgte im August 2017. Seit 2019 wurden bislang zwölf Brückenbau­werke

fertiggest­ellt, zwei weitere sind derzeit im Bau. Drunter sind Brücken über die Donau, über die Bahnstreck­e und es wurden auch für Landwirte Brücken geschaffen, damit sie die Querspange ohne lange Umwege queren können. Parallel dazu läuft laut Regierungs­präsidium bereits seit zwei Jahren der Straßenbau. Über 250.000 Tonnen Bodenmater­ial seien inzwischen zu Straßendäm­men

geschüttet worden. Nun geht das Projekt in eine neue Phase: Der Bereich der B311 südlich von Erbach ist an der Reihe, dafür muss die Bundesstra­ße nun zwischen Oberdischi­ngen und Donauriede­n zwei Monate lang voll gesperrt werden. 54 Millionen Euro soll das Projekt Querspange insgesamt kosten – so der Stand aus dem Jahr 2020. Es ist anzunehmen, dass die Kosten durch die Inflation noch etwas steigen werden.

Zweimal mehr als 1000 Unterschri­ften hat Adam mit den Mitstreite­rn gesammelt, mehr als hundert Termine wahrgenomm­en und den Kontakt zu den Ministerpr­äsidenten in den vergangene­n Jahrzehnte­n gesucht, um das Projekt voranzubri­ngen. „Es ist unheimlich wichtig, dass man präsent ist“, betont er. Der Verkehr, der derzeit noch durch Erbach führt, sei einfach unerträgli­ch. Adam wohnt selbst direkt an der B311. „In der Nacht kann man nicht das Fenster aufmachen“, sagt er. 3000 bis 4000 LKW würden hier jeden Werktag vorbeifahr­en, auch nachts. Es seien viele internatio­nale Lastwagen dabei, denn hier führe die Strecke aus Frankreich beziehungs­weise Freiburg Richtung Osten weiter. „In den 70er-Jahren hat man noch über eine Autobahn als Verbindung nachgedach­t“, sagt er, „die wurde aber nicht realisiert“. Dass im Erbacher Gemeindera­t dann irgendwann die Querspange diskutiert wurde, sei eine Leistung der ursprüngli­chen Bürgerinit­iative gewesen. Die Vorfreude bei Adam und seinen Mitstreite­rn ist dann gestiegen, als der Verwaltung­sgerichtsh­ofs Baden-Württember­g die Klagen gegen die Pläne für die Querspange abgewiesen hatte. Bevor jedoch mit dem Brücken- und Straßenbau begonnen wurde, kümmerte man sich erst einmal um den Naturschut­z. So wurde etwa eine 5,8 Hektar große eingedeich­te und eingezäunt­e Fläche unweit von Dellmensin­gen für Wasser-, speziell Watvögel errichtet. Durch eine Pumpe kann hier der Wasserstan­d bestimmt werden. Es hat den Anschein, als würde auch die eine oder andere Tierart von dem Infrastruk­turprojekt profitiere­n.

Aktuell wird richtig geschafft auf den Baustellen. Die Verkehrsfr­eigabe für die Querspange ist für Ende dieses Jahres vorgesehen. Im kommenden Jahr werden laut Regierungs­präsidium dann noch abschließe­nde landschaft­spf legerische Leistungen und andere Restarbeit­en durchgefüh­rt. 12.600 bis 15.600 Fahrzeuge am Tag werden ab dem kommenden Jahr bereits die Querspange nutzen, so die Prognose. Die heutige B311 rund um Erbach soll dann zur Landesstra­ße zurückgest­uft werden. „Natürlich wird es auch weiterhin Binnenverk­ehr geben“, sagt Adam, die Berufspend­ler aus dem Donautal etwa würden die Ortsdurchf­ahrt weiterhin nutzen. Doch mit dem internatio­nalen Schwerlast­verkehr soll es dann endlich ein Ende haben. Adam erhofft sich eine Verkehrsbe­ruhigung in der Erbacher Innenstadt und eine höhere Lebensqual­ität. Vom Regierungs­präsidium heißt es aktuell nur, dass zwar eine Rückstufun­g zur Landesstra­ße, aber bisher kein Rückbau vorgesehen sei. Wenn nach Jahrzehnte­n endlich die Querspange fertiggest­ellt ist, wird das der nächste Punkt, auf den Adam ein Auge haben wird. „Es muss parallel zur Rückstufun­g ein Rückbau laufen“, sagt er. Aktuell verfolgt er noch gespannt die Bauarbeite­n riesigen Ausmaßes, die dazu führen werden, dass sich der Verkehrsf luss rund um Erbach schon bald grundlegen­d verändern wird.

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FOTOS: DOMINIK PRANDL Hier führt die neue Verbindung zwischen B311 und B30 entlang.
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Der Erbacher Ulrich Adam freut sich, dass sich jetzt richtig was tut.

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