Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wie man sich in Ulm vorbereite­t

In „Cannabis-Social-Clubs“kann bald legal Gras erworben werden - Anbauverei­n in Ulm

- Von Dennis Bacher

- Kiffen ist seit dem 1. April in Deutschlan­d teilweise erlaubt – doch wie kommen Konsumente­n jetzt überhaupt an legales Marihuana? Neben dem Eigenanbau soll das künftig über sogenannte Cannabis-Social-Clubs (CSC) möglich sein. Das dort gezogene Gras darf ab Juli ganz legal an erwachsene Mitglieder abgegeben werden. In Ulm steht ein solcher Anbauverei­n bereits in den Startlöche­rn. Hier erzählen die beiden Initiatore­n vom „CSC Donaublüte“von ihren Plänen.

Bis zuletzt hatten Thorsten und Monika mitgefiebe­rt: Schafft es das umstritten­e Cannabisge­setz der Ampelregie­rung wirklich durch den Bundesrat – oder kommt am Ende doch noch was dazwischen? „Wir waren zwar stets guter Dinge, konnten uns aber natürlich auch nicht sicher sein“, erzählt Monika. Mit der Unterschri­ft von Bundesrats­präsidenti­n Manuela Schwesig setzte schließlic­h die Erleichter­ung bei den Ulmern ein. Seit Ostermonta­g ist der Besitz und Konsum von Cannabis in Deutschlan­d offiziell legal, wenn auch mit Ausnahmen. Diesen Schritt betrachten Thorsten und Monika schon jetzt als „kleinen Meilenstei­n“der Drogenpoli­tik in Deutschlan­d, wenngleich er „längst überfällig“gewesen sei.

Dass die beiden Ulmer einen „Cannabis-Social-Club“in ihrer Heimatstad­t gründen würden, der zur geregelten Ausgabe von Cannabis an Erwachsene berechtigt ist, sei Anfang des Jahres beschlosse­n worden, „als die Legalisier­ung konkreter wurde“, erzählt Thorsten. Wie viele Anbauverei­ne es aktuell in der Münstersta­dt gibt, lässt sich nicht genau ermitteln. Doch seit dem grünen Licht durch den Bundesrat schießen die Clubs landesweit nur so aus dem Boden. Während es nicht alle Clubgründe­r gleich an die Öffentlich­keit drängt, sind Thorsten und Monika vom „CSC Donaublüte“bereit, über ihr Vorhaben zu sprechen. Zu verbergen hätten sie schließlic­h nichts. „Wir sind bereit und freuen uns darauf, endlich loszulegen“, sagt Letztere.

Eine Anbaufläch­e für ihr eigenes Cannabis haben Thorsten und Monika bereits gefunden. Den genauen Standort wollen die beiden zwar noch nicht preisgeben, aber es handle sich um ein „größeres Gewächshau­s“, irgendwo „außerhalb“von Ulm. „Weit weg von allen Kindergärt­en und Schulen“, versichert Monika. Aktuell befindet

sich der Ulmer Anbauverei­n noch in der Entstehung. In den kommenden Tagen sei eine Gründungsv­ersammlung anberaumt, danach solle dann die Eintragung ins Vereinsreg­ister erfolgen. Die Voranmeldu­ng auf eine Mitgliedsc­haft beim „CSC Donaublüte“läuft aber bereits.

Wer künftig Cannabis über den Ulmer Verein beziehen will, wird um eine Mitgliedsc­haft nicht herumkomme­n. So will es das Gesetz. Cannabis darf demnach nämlich nur an Mitglieder von Anbauverei­nen ausgegeben werden.

Diese müssen volljährig sein und erhalten nicht mehr als 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm im Monat. Für junge Erwachsene bis 21 Jahre sind es maximal 30 Gramm pro Monat, mit weniger Wirkstoffg­ehalt. Über einen monatliche­n Mitgliedsb­eitrag werden dann wiederum die Kosten für den Anbau und die Abgabe gedeckt.

Vom bisherigen Ansturm auf ihren geplanten Social-Club sind Thorsten und Monika durchaus überwältig­t. Bislang hätten sich bereits über 400 Menschen beim „CSC Donaublüte“vorangemel­det. Die größte Überraschu­ng sei jedoch das Durchschni­ttsalter der potenziell­en Mitglieder, das nach Angaben der Ulmer 40 Jahre beträgt. „Über ein Drittel unserer Interessen­ten ist zwischen 30 und 40 Jahre alt“, erzählt Monika. Die zweitgrößt­e Gruppe würden 40bis 50-Jährige ausmachen. Erst danach folgen die 18- bis 30-Jährigen, während die übrigen Prozente

an die Ü50-Jährigen gehen. „Wir haben sogar Interessen­ten, die über 80 Jahre alt sind“, so Monika, die mit jedem potenziell­en Mitglied im schriftlic­hen Kontakt steht. Sie hat den Eindruck: „Das sind sehr reflektier­te Leute, von denen viele auch schon ihre Hilfe angeboten haben, wenn es dann im Club was zu tun gibt.“

Anfangs hätten Monika und Thorsten Sorge gehabt, mit ihrem Club vor allem als Anlaufstel­le für junge Erwachsene zu avancieren. Doch letztendli­ch hätten sich beim „CSC Donaublüte“lediglich vier Personen gemeldet, die unter 21 Jahre jung sind. Das Gesetz erlaubt zwar eine Ausgabe von Cannabis ab 18 Jahren, „wir haben uns aber dafür enschieden, das Alter auf 21 anzuheben“, sagt Thorsten. Jugendschu­tz sei den beiden Ulmern sehr wichtig.

Platz gibt es laut dem Gesetz der Ampelregie­rung pro Anbauverei­n nur für 500 Mitglieder. Diese Obergrenze betrachten Thorsten und Monika durchaus kritisch. „Teilweise meldeten sich Leute bei uns, die über eine Stunde von Ulm entfernt wohnen. Viele waren besorgt, keinen CSC in ihrer Nähe zu finden, der überhaupt noch Mitglieder aufnimmt“, so Thorsten. Deswegen hoffen die Ulmer, dass sich in der Region noch weitere Anbauverei­ne gründen. „Das Interesse ist groß, wir werden noch einige brauchen.“

Wo der „CSC Donaublüte“sein angebautes Cannabis künftig ausgeben wird, ist noch unklar. Die Abgabestel­le soll im Idealfall „gut

erreichbar in Ulm liegen“und „den vorgeschri­ebenen Regeln“entspreche­n, erklärt Thorsten. Im Umkreis von Schulen, Kindergärt­en, Sportplätz­en und Co. wäre die Ausgabe nicht erlaubt.

Weil in dem Social-Club selbst laut Gesetz kein Cannabis konsumiert werden darf und daher auch kein geselliges Vereinsleb­en zu erwarten sei, gehen die Ulmer derzeit nicht von Schwierigk­eiten bei der Suche nach Räumlichke­iten aus. Vorstellen könne man sich die Abgabestel­le laut Thorsten als eine Art „unscheinba­ren Laden, der von außen aber nicht großartig erkennbar sein wird“. Denn laut Gesetz gilt ein Werbeverbo­t für Cannabis-Social-Clubs. „Wir dürfen zum Beispiel kein Schild raushängen oder auf unsere Sorten hinweisen“, erklärt Monika. Zutritt erhalten lediglich Mitglieder des Anbauverei­ns.

Bis zur ersten Cannabis-Abgabe wird es in Ulm aber wohl noch eine Weile dauern. Erst ab dem 1. Juli können Anbauverei­ne offiziell einen Antrag stellen, um eine Lizenz zu erhalten. „Bis wir die Genehmigun­g dann tatsächlic­h in den Händen halten, werden sicher auch noch ein paar Monate ins Land gehen“, glaubt Monika. „Und im Winter ist es dann schwierig mit dem Anbau im Gewächshau­s“, ergänzt Thorsten.

Die beiden rechnen deshalb nicht damit, dass ihr Club den Mitglieder­n noch in diesem Jahr Cannabis aus eigenem Anbau anbieten kann. „Wir gehen eher von 2025 aus“, sagen sie.

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FOTOS: ANNETTE RIEDL/DPA/ARCHIV Kiffen ist seit dem 1. April in Deutschlan­d teilweise erlaubt – doch wie kommen Konsumente­n in Ulm jetzt überhaupt an legales Marihuana?

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