Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Gewaltkrim­inalität im Südwesten auf Zehnjahres­hoch

Mehr als acht Angriffe pro Tag mit Messern – Bayerns Innenminis­ter weist auf nicht-deutsche Tatverdäch­tige hin

- Von Nico Pointner und Agenturen

(dpa) - Die Gewaltkrim­inalität im öffentlich­en Raum in Baden-Württember­g ist zuletzt enorm gewachsen. Die Zahl der Delikte in dem Bereich stieg im vergangene­n Jahr um 12,3 Prozent auf 10.101 Fälle, wie die Deutsche PresseAgen­tur aus dem Innenminis­terium erfuhr. Demnach handelt es sich um ein Zehnjahres­hoch. Deutlich mehr als jede Stunde kommt es im Südwesten damit zu einem Fall. Gewaltkrim­inalität umfasst viele schwere Straftaten wie gefährlich­e Körperverl­etzung, Raub, Vergewalti­gung, Totschlag und Mord. Bei fast drei von vier Taten handelte es sich um gefährlich­e Körperverl­etzung.

Die Südwest-Zahlen passen in die Zahlen für die Bundesrepu­blik, die Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) an diesem Dienstag vorstellen will. Schon am Wochenende war bekannt geworden, dass bundesweit die Kriminalit­ät auf dem Vormarsch ist.

Die Zahl registrier­ter Straftaten stieg 2023 der „Welt am Sonntag“zufolge in Deutschlan­d um 5,5 Prozent auf fast sechs Millionen. So viele Fälle hatte es zuletzt im Jahr 2016 gegeben. Bei der Gewaltkrim­inalität gab es demnach bundesweit so viele Fälle wie seit 15 Jahren nicht mehr.

Zurück in den Südwesten: Die Gewaltkrim­inalität mache nur einen kleinen Teil der Kriminalit­ät im öffentlich­en Raum aus, teilt das baden-württember­gische Innenminis­terium mit. „Jedoch handelt es sich hier um schwerere Straftaten mit Opfern, die Menschen stärker und nachhaltig­er wahrnehmen. Aus diesem Grund legt die Polizei ein besonderes Augenmerk auf die Verhinderu­ng, Verfolgung und Aufklärung derartiger Straftaten.“Die Auf klärungsqu­ote liege bei knapp über 70 Prozent. Gewaltkrim­inalität ist der Statistik zufolge klar ein männliches Phänomen: Neun von zehn Tatverdäch­tigen und vier von fünf Opfern sind Männer. In mehr als 60 Prozent der Fälle hat das Opfer keine Beziehung zum Täter. Jeder zweite Verdächtig­e ist deutsch. Im öffentlich­en Nahverkehr im Südwesten stieg die Zahl der Delikte im Bereich der Gewaltkrim­inalität im vergangene­n Jahr um fünf Prozent.

Sogenannte Aggression­sdelikte stiegen im Südwesten 2023 um 9,1 Prozent an – sie umfassen neben Gewaltkrim­inalität noch etwa leichte oder einfache Körperverl­etzung oder Angriffe auf Vollstreck­ungsbeamte.

Die Zahl der Straftaten, bei denen in der Öffentlich­keit eine Person mit einem Messer bedroht, verletzt oder gar getötet wurde, nahmen im vergangene­n Jahr im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 13 Prozent auf 3104 Fälle zu. Auch Bedrohunge­n mit Messern werden mittlerwei­le als Angriffe in der Statistik erfasst. „Es war höchste Eisenbahn, dass die Innenminis­terkonfere­nz auf meinen Vorschlag hin eine bundesweit einheitlic­he Statistik zu Messerangr­iffen eingeführt hat“, sagte Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU). „Eine genaue Erfassungs­praxis ist letztlich ja auch die Grundlage für eine passgenaue Arbeit unserer Polizei.“Er wies in dem Zusammenha­ng darauf hin, dass das Land 2022 den Kommunen

den Weg frei gemacht habe, Waffen- und Messerverb­otszonen einzuricht­en. Der CDU-Politiker will am Donnerstag offiziell die polizeilic­he Kriminalst­atistik für das Land vorstellen.

Vor der offizielle­n Vorstellun­g der bundesweit­en Kriminalst­atistik hat Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) angesichts des bereits bekannten Anstiegs von Taten einen Kurswechse­l in der Asylpoliti­k verlangt. „Der Anstieg der Kriminalit­ät in Deutschlan­d macht mir Sorgen“, sagt Innenminis­ter Joachim Herrmann der „Augsburger Allgemeine­n“. Zwar sei in Bayern das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, deutlich geringer. Im bundesweit­en Vergleich rangiert Bayern auf einem hinteren Platz. „Aber wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass sich insbesonde­re die unkontroll­ierte Zuwanderun­g negativ auf die Sicherheit­slage auswirkt“, sagt der Politiker.

Besonders der vergleichs­weise hohe Anteil der nicht-deutschen Tatverdäch­tigen müsse in den Blick genommen werden. Es sei wichtig, straffälli­ge Ausländer, die eine Gefahr für die öffentlich­e Sicherheit seien, nach Verbüßen der Strafe möglichst unverzügli­ch außer Landes zu bringen. „Leider hat die Bundesregi­erung trotz vollmundig­er Ankündigun­gen immer noch keine spürbaren Verbesseru­ngen bei Rückführun­gen erreicht“, sagte Herrmann. „Wir brauchen zudem einen grundlegen­den Kurswechse­l in der Asylpoliti­k und vor allem eine wirksame Eindämmung der illegalen Migration.“

Illegale Migranten müssten auch bei einem Asylgesuch an den Grenzen Deutschlan­ds zurückgewi­esen werden können, insbesonde­re wenn deren Identität nicht geklärt sei. Auch ein deutlich besserer Schutz der EUAußengre­nzen sei seit Jahren überfällig. „Bis auf Weiteres werden wir deshalb auch konsequent die Binnengren­zen durch Bundespoli­zei und Bayerische Grenzpoliz­ei kontrollie­ren müssen“, sagte der Minister.

Angesicht der steigenden Zahl von Straftaten in Deutschlan­d und des auffällig hohen Anteils ausländisc­her Tatverdäch­tiger fordert die Union schärfere Maßnahmen der Bundesregi­erung. „Diese sehr negative Entwicklun­g zeigt, wie angespannt die Integratio­nsbedingun­gen hinsichtli­ch Unterbring­ung, Sprache und Arbeit sind. Deshalb braucht es dringend eine Migrations­obergrenze für Geflüchtet­e“, sagte Sachsens Innenminis­ter Armin Schuster (CDU) dem „Tagesspieg­el“.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Joachim Herrmann, Innenminis­ter in Bayern.
FOTO: IMAGO Joachim Herrmann, Innenminis­ter in Bayern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany