Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Irgendwo in Afrika

32-Jähriger fährt auf eigene Faust von Laupheim nach Kapstadt

- Von Anna Berger

- Sebastian Volkholz sitzt am Strand. Wenn er sich umblickt, sieht er Steilklipp­en, eine kleine Stadt und das Meer. Die Landschaft erinnert ihn an Portugal. Dort war der 32-Jährige mit seinem VW-Bus für einen Winter während der Corona-Pandemie, um sich eine Auszeit zu gönnen. Damals sah der Filmemache­r aus Laupheim immer wieder Schilder, die auf eine Fähre nach Marokko hinwiesen. „Ich war dann schon am Überlegen, ob ich das machen soll“, sagt Volkholz. Schließlic­h entschied er sich dagegen.

Doch wie man so schön sagt: Aufgeschob­en ist nicht aufgehoben. Kurze Zeit nach seiner Tour durch Portugal begann Sebastian Volkholz, eine Afrika-Durchqueru­ng zu planen. Alleine mit dem Auto von Laupheim nach Kapstadt. Rund 18.000 Kilometer durch Europa und entlang der afrikanisc­hen Westküste.

Einen Großteil dieser Strecke hat Sebastian Volkholz mittlerwei­le hinter sich. Aktuell befindet er sich in Angola, wo ihn die Steilklipp­en und das Meer so sehr an Portugal erinnern. Nur Namibia trennt ihn jetzt noch von seinem Zielland Südafrika. Für das Telefonat mit der „Schwäbisch­en Zeitung“hat er sich ein gemütliche­s Plätzchen am Strand gesucht. Seine Stimme wird von der Meeresbris­e immer wieder leicht zerpf lückt, sodass statt zusammenhä­ngender Sätze ab und an nur Wortfetzen und ein Rauschen in Laupheim ankommen. Doch die Verbindung hält problemlos. Das Mobilfunkn­etz sei bisher fast überall gut ausgebaut gewesen, erzählt Volkholz.

Ein Jahr lang hat sich der Laupheimer auf seine Afrika-Durchqueru­ng vorbereite­t, holte sich einen Nebenjob zusätzlich zu seiner Arbeit in einer Ulmer Werbeagent­ur und sparte, wo es nur ging. „Man muss nicht reich sein, um so eine Reise machen zu können. Man muss nur seine Prioritäte­n neu setzen“, ist Volkholz überzeugt. „Dass ein Familienva­ter andere Verpflicht­ungen hat, ist mir natürlich klar“, räumt er ein. Ansonsten sieht er kaum Hinderniss­e für so eine Reise: „Manche kaufen sich für 10.000 Euro ein schönes Auto. Ich fahre damit durch Afrika.“

Für seine monatelang­e Reise besorgte sich Sebastian Volkholz einen alten Ford Explorer, Baujahr 1999. Nach eigener Aussage sei das das günstigste Allrad-Fahrzeug gewesen, das er im näheren Umkreis finden konnte. Zu seiner Ausrüstung zählt zudem diverses Werkzeug, eine Matratze, ein Campingkoc­her und -geschirr, Benzinkani­ster, Ersatzreif­en, ein Solarpanel, ein Batterie-Ladegerät, eine externe Festplatte, zwei Handys und ein Garmin-GPS-Gerät mit SOS-Taste für den Notfall.

Mit im Gepäck hat der Filmemache­r außerdem sein Kameraequi­pment inklusive Drohne und, neben einem „echten“Geldbeutel, einen Fake-Geldbeutel mit alten Karten. „Wenn ich doch mal ausgeraubt werde, kann ich den weggeben“, erklärt Volkholz.

Gebraucht hat ihn der 32-Jährige bisher nicht. „Die Welt ist nicht so gefährlich, wie man denkt. Das ist auch meine Botschaft an die Menschen“, sagt der Laupheimer, der mittlerwei­le mehr als 11.000 Follower auf seinem Instagram-Kanal „basioffroa­d“hat. Sogar Nigeria, vor dem ihn andere Reisende gewarnt hatten, habe er nicht als bedrohlich erlebt. Ganz im Gegenteil: „Ich hab Nigeria eine Chance gegeben und es hat mich total umgehauen.“Die Menschen seien sehr offen gewesen und hätten sich gefreut, ihm das Land zu zeigen. Landschaft­lich habe es ihm vor allem der Norden Nigerias angetan. „Das war super!“.

Es sei allerdings nicht leicht gewesen, wieder aus dem Land herauszuko­mmen: „Eigentlich sind die Grenzen für Touristen zu“, erklärt der Abenteurer. Es gebe nur einen kleinen Übergang, wo die Menschen beide Augen zudrückten. Die Straße dorthin sei allerdings sehr abenteuerl­ich. „Für

100 Kilometer habe ich drei Tage gebraucht.“Dabei blieb sein Auto auch an einer Stelle im lehmigen Matsch stecken. „Zum Glück hat mich ein amerikanis­ches Paar mit einer Seilwinde wieder rausgezoge­n“, sagt Volkholz.

Begonnen hat der Laupheimer mit seiner Fahrt von Laupheim nach Kapstadt vor einem Jahr. In zweieinhal­b Monaten schaffte er es bis ins westafrika­nische Togo, wo er so schwer an Malaria erkrankte, dass er die Reise unterbrach und nach Deutschlan­d zurückkehr­te.

Sein Auto konnte er bei einer Schweizer Familie unterstell­en, die in den 80er-Jahren ausgewande­rt war. Zehn Monate hielt es ihn darauf hin in Deutschlan­d. „Dann kam die Reiselust zurück“, erzählt Volkholz.

Seit Mitte Februar ist er wieder auf eigene Faust mit seinem Ford Explorer in Afrika unterwegs. „Ich freue mich, dass ich jetzt weiter in den Süden komme“, sagt Volkholz. Das tropische Klima in Zentralafr­ika habe ihm zu schaffen gemacht. Außerdem ist er erleichter­t, nach vielen Ländern mit Französisc­h als Amtssprach­e nach Namibia und Südafrika zu kommen, wo die meisten Menschen Englisch sprechen. „Sprache verbindet

und ich spreche kaum Französisc­h“, erklärt der 32-Jährige.

Schön findet er allerdings, dass die Menschen, denen er auf seiner Reise begegnet ist, trotzdem immer versucht haben, mit ihm zu kommunizie­ren. „Wenn man sich Mühe gibt und die Menschen verstehen will, dann geht das immer irgendwie“, sagt er.

Ob seine Reise tatsächlic­h in Kapstadt enden wird, weiß Volkholz noch nicht sicher. „Vielleicht fahre ich dann noch ein bisschen an der Ostküste hinauf.“Nur eines steht für ihn fest. Bis Kapstadt soll es mindestens gehen – selbst wenn sein 25 Jahre alter Wagen zuvor den Geist aufgeben sollte: „Dann kauf ich mir eben ein Fahrrad.“

Das Schönste an seiner Art zu reisen ist für Sebastian Volkholz, dass er es selbst in der Hand hat, wo er hinfahren möchte. „Wenn es mir gefällt, bleibe ich, sonst fahre ich weiter.“Und dann spricht er noch von etwas, nach dem sich die Menschen bekannterm­aßen sehnen: Entschleun­igung. „Wenn man so viel erlebt, vergeht die Zeit nicht so schnell. Alles fühlt sich langsamer an“, sagt er und man kann sich gut vorstellen, wie er da sitzt an einem Strand irgendwo in Afrika.

 ?? ?? Rund 18.000 Kilometer legt Sebastian Volkholz mit seinem Ford Explorer auf seiner Reise von Laupheim nach Kapstadt zurück. Das Foto zeigt ihn in der Wüste von Mauretanie­n.
Rund 18.000 Kilometer legt Sebastian Volkholz mit seinem Ford Explorer auf seiner Reise von Laupheim nach Kapstadt zurück. Das Foto zeigt ihn in der Wüste von Mauretanie­n.
 ?? FOTOS: SEBASTIAN VOLKHOLZ ?? Beim Grenzüberg­ang von Nigeria nach Kamerun bleibt der Ford Explorer im Matsch stecken.
FOTOS: SEBASTIAN VOLKHOLZ Beim Grenzüberg­ang von Nigeria nach Kamerun bleibt der Ford Explorer im Matsch stecken.
 ?? ?? In der Elfenbeink­üste hat Sebastian Volkholz einen Rollerfahr­er mit einem Trikot des SV Baustetten entdeckt.
In der Elfenbeink­üste hat Sebastian Volkholz einen Rollerfahr­er mit einem Trikot des SV Baustetten entdeckt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany