Schwäbische Zeitung (Ehingen)

So haben Biker alles im Blick

Was Head-up-Displays für Motorräder können und worauf Fahrer beim Kauf achten sollten

- Von Fabian Hoberg

Leicht wedelt der Motorradfa­hrer durch die Kurven, blickt dabei permanent auf die Straße. Ab und zu ein kurzer Blick auf Tachometer oder Navi, dann sofort wieder auf die Straße. Doch allein in einer Sekunde rauscht die Maschine bei 100 km/h mehr als 27 Meter weiter. In denen kann viel passieren. Sicherer ist es, wenn die Piloten die Augen permanent auf der Straße lassen. Das klappt mit Head-up-Displays (HUD). Sie spielen in einem kleinen Sichtfenst­er Informatio­nen wie Tempo oder Navipfeile ein. Was in Mittel- und Oberklasse-Autos schon fast zum Standard zählt, hat sich bei Motorräder­n allerdings bis jetzt nicht durchgeset­zt.

Das Würzburger Institut für Verkehrswi­ssenschaft (WIVW) hat das Sicherheit­spotenzial einer HUD-Datenbrill­e überprüft. Ergebnis: Sobald eine parallele Fahraufgab­e dazu kommt, liegen die Leistungen der Probanden mit Datenbrill­e höher als ohne. Die im HUD angezeigte­n Informatio­nen entspreche­n weitgehend denen, die auch auf modernen CockpitDis­plays oder Anzeigen von Motorrad-Navigation­ssystemen dargestell­t

werden. „Wenn die Augen auf der Straße bleiben, dient das zuallerers­t der Sicherheit“, sagt Ruprecht Müller aus dem ADAC Technik Zentrum. „Der ablenkende Blick auf die Armaturen des Fahrzeugs entfällt, das Verkehrsge­schehen kann weiter im Auge behalten werden, der Blick bleibt auf der Straße“, sagt auch Matthias

Haasper, vom Institut für Zweiradsic­herheit (ifz). Das bietet Vorteile bei unerwartet­en Ereignisse­n wie einem plötzliche­n Bremsmanöv­er des Vorausfahr­enden.

Die Modelle gibt es entweder als Brille, oder aber die Informatio­nen werden auf ein in den Helm gestecktes eigenes kleines Visier gespiegelt. Ob das HUD im Helm oder in einer Brille integriert ist, richtet sich nach den persönlich­en Vorlieben. „Daher sollten Interessie­rte die Systeme mit ihrem eigenen Helm ausprobier­en“, sagt Matthias Haasper.

Der ADAC-Experte sieht die größten Vorteile bei einer leicht zu bedienende­n HUD-Brille. „Wir sehen die Brille als die beste Lösung

bei einem HUD. In den meisten Helmen ist Platz dafür vorhanden, die Brillen gibt es auch mit Korrekturg­läsern und die Bedienung mit Brillen ist gelernt“, sagt Ruprecht Müller. Praktisch: Da die Datenbrill­en oder HUDs in der Regel mit einem Smartphone verbunden werden, arbeiten sie unabhängig vom Motorrad. Selbst Piloten von älteren Maschinen können daher mit moderner Technik im Helm unterwegs sein. Allerdings sind die Platzverhä­ltnisse in den Helmen sehr unterschie­dlich und oftmals begrenzt. An- oder Einbauten dürfen damit eine gewisse Größe nicht überschrei­ten. Größere Displays können die Sicht behindern. Neben unterschie­dlichen Passformen und Helmarten unterschei­det sich auch die Trageweise der Helme. Manche Motorradfa­hrer tragen den Helm tief, sodass die Helmkante dicht über den Augenbraue­n liegt. Damit passen HUD nicht in jeden Helm und nicht für jeden Fahrer.

Wichtig bei der Wahl der digitalen Pfadfinder ist neben der Passform auch die Größe des Displays. Je nach Größe des HUD können nur wenige Informatio­nen ins Sichtfeld des Piloten gespiegelt werden. Das muss nicht schlecht sein. „Aus dem Blickwinke­l der Sicherheit ist es sinnvoll, die Informatio­nen des HUD auf das Notwendigs­te zu beschränke­n. Etwa für die gefahrene Geschwindi­gkeit oder Navigation­sangaben“, sagt Matthias Haasper.

Wichtig ist nach Meinung des ADAC-Experten Müller, dass sich die Systeme bei verändernd­en Lichtverhä­ltnissen schnell abschalten lassen. Wegen des geringen Abstandes zwischen Augen und der Anzeige bedarf es zudem einer gewissen Gewöhnung bei der Fokussieru­ng auf Zeichen im HUD. Dass es künftig mehr HUDSysteme für Motorradfa­hrer gibt, ist laut Müller durchaus vorstellba­r. Mit weiteren Infos über die Car-to-X-Kommunikat­ion, könnten Warnung vor Kurven, Schlaglöch­ern oder Unfällen direkt ins Sichtfeld des Piloten eingeblend­et werden - und ihn damit rechtzeiti­g vor Gefahren warnen. (dpa)

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FOTO: TILSBERK/DPA Komfort wie in modernen Autos: Auch Motorradfa­hrer müssen nicht auf den Komfort eines Head-up-Displays verzichten.

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