Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
USA und Kuba beginnen diplomatische Beziehungen
Beide Länder eröffnen heute wieder Botschaften
- Der schwarze Gitterzaun ist frisch gestrichen, das goldene Kügelchen, das den Fahnenmast im Vorgarten krönt, auf Hochglanz poliert. Auf den Beeten duftet neuer Mulch. Noch verdeckt ein rotsamtenes Tuch das Messingschild, auf dem steht, dass dies hier die diplomatische Mission Kubas in Washington ist.
Ein Palais an der 16th Street, knapp drei Kilometer nördlich vom Weißen Haus, zur Linken die litauische Botschaft, zur Rechten die polnische, neben der ein imposanter Freimaurertempel aufragt. Erbaut wurde das Haus mit Sandstein aus Indiana, von 1919 an war es das Domizil der kubanischen Auslandsvertretung. Es gibt alte Fotos, die Fidel Castro, vier Monate nach dem Sieg seiner Rebellenarmee über den Diktator Fulgencio Batista, auf seiner prächtigen Marmortreppe zeigen. Als Präsident Dwight D. Eisenhower im Januar 1961 die diplomatischen Beziehungen abbrach, sank die Villa in den Dornröschenschlaf. 1977 erwachte sie wieder daraus, denn Jimmy Carter stellte die Weichen vorübergehend auf Normalisierung, was zur Folge hatte, dass Havanna unter Schweizer Flagge eine Interessenvertretung an der 16th Street unterhalten konnte.
Heute nun fährt Bruno Rodriguez vor, der Außenminister der Karibikinsel, um zwei Meter hinter dem Gitterzaun die Fahne seines Landes zu hissen. Es ist keineswegs sein erster Trip in die Vereinigten Staaten, doch in Washington war er noch nie, zumindest nicht in offizieller Mission. Es ist überhaupt das erste Mal nach fünf Dekaden politischer Eiszeit, dass die US-Hauptstadt einem Politiker aus Kuba den roten Teppich ausrollt.
Doch so historisch der Durchbruch sein mag, zumindest das Kabinett Obama feiert ihn in eher bescheidenem Stil. Eigentlich wollte John Kerry, Barack Obamas rastloser Außenminister, am Montag nach Havanna reisen, um vor der Botschaft am Malecón das Sternenbanner hochzuziehen. Nun belässt er es bei einem kurzen Auftritt im State Department. Kerry ist voll und ganz damit beschäftigt, skeptischen Kongressabgeordneten einen noch wichtigeren historischen Durchbruch zu erklären, das Atomabkommen mit dem Iran. Frühestens im August hat er Zeit für die Reise in die Karibik. Und Roberta Jacobson, seiner Chefunterhändlerin in den Normalisierungsgesprächen, ist erkennbar daran gelegen, die Latte niedrig zu hängen. Die Menschen auf Kuba sollten von dem Tauwetter keine Wunder erwarten, dämpft sie, „lassen Sie uns ehrlich sein, die Dinge ändern sich nicht über Nacht“.