Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Vision ist bis heute aktuell
Zum Artikel „ Für die Wahrheit ins Feuer“( 6.7.): Was sich vor 600 Jahren vor den Toren von Konstanz abgespielt hat, ist eines jener makabren Ereignisse, welche die Kirchengeschichte bis heute belasten. Jan Hus, der böhmische Reformator, wegen Ketzerei verurteilt, wurde dem Flammentod preisgegeben. Da er die Repräsentanten der römischen Kirche wegen ihrer missbräuchlichen Machtausübung und ihrem luxuriösen Lebenswandel scharf angriff‚ hatte er nach Meinung der damaligen Konzilsteilnehmer diesen grausamen Tod verdient. Diese Auffassung vertreten bis heute manche kurialen Historiker, indem sie behaupten, der Prozess von Konstanz entspreche dem damals gültigen Kirchenrecht. Anders formuliert: Die Konzilsteilnehmer haben also das Recht, von der weltlichen Macht ein Todesurteil vollstrecken zu lassen, wenn dies mit dem historischen Kontext vereinbar ist. Aus solch einer Haltung sprechen Zynismus, Arroganz und Ignoranz, da man belastende Fakten relativieren möchte. Hus stimmte zwar in manchen Punkten nicht mit der Lehre der Kirche überein, aber seine Vision, einer den Menschen zugewandten und biblisch orientierten Kirche, hat bis heute nichts an Bedeutung verloren. Die Rehabilitierung von Galileo Galilei erfolgte nach mehr als 300 Jahren. Bleibt zu hoffen, dass auch Hus Gerechtigkeit zuteil wird.
Wangen
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