Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Germanwings-Unglück: Streit um Schmerzensgeld
Hinterbliebene von Opfern des Flugzeugabsturzes zeigen sich „empört“über das Angebot der Lufthansa
(dpa) - Im Streit um das Schmerzensgeld für die Hinterbliebenen der Germanwings-Katastrophe wird der Ton schärfer. Mehrere Dutzend Angehörigenfamilien seien empört über ein Angebot des Mutterkonzerns Lufthansa, sie lehnten es als „unangemessen“ab, heißt es in einem Brief des Rechtsanwalts Elmar Giemulla an die Airline.
„So niedrig habe ich es in meiner Zeit als Anwalt bislang noch nie erlebt“, sagte der Jurist. Seine Mandanten erwarteten ein neues Angebot. Giemulla vertritt nach eigenen Angaben 36 Familien und fordert mindestens 100 000 Euro für jedes Opfer. Die Lufthansa teilte mit, man kommentiere anwaltliche Korrespondenz nicht. Zur Frage, wie das Schmerzensgeld in einem Fall wie der Germanwings-Katastrophe berechnet werden könne, heißt es in dem Brief Giemullas: „Eine Antwort kann jedoch sicher gegeben werden: Nicht mit 25 000 Euro!“
Auch das Angebot der Lufthansa, nächsten Angehörigen wie Eltern, Kindern oder Lebenspartnern ohne weitere Prüfung jeweils ein Schmer- zensgeld von 10 000 Euro zu zahlen, wies der Anwalt als unangemessen zurück. Die Gruppe sei zu klein gefasst, zudem müsse der Betrag „im unteren sechsstelligen Bereich liegen“, schrieb er in dem Brief an die Gegenseite. „Zu niedrige Zahlungen können, gerade wenn sie freiwillig erfolgen, als Ignoranz und damit als Verletzung empfunden werden.“
Sein Anwaltskollege Christof Wellens nannte das Schmerzensgeld-Angebot „völlig unakzeptabel“. Es habe bei seinen Mandanten Enttäuschung und Verärgerung ausgelöst. Wellens vertritt nach eigenen Worten 32 Opfer-Familien zivilrechtlich. Er bezeichnete die angebotenen Summen als „Brotkrumen“.
Bei dem Absturz der Germanwings-Maschine am 24. März in den französischen Alpen waren alle 150 Menschen an Bord ums Leben gekommen, darunter 72 Deutsche. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hatte der deutsche Copilot seinen Kollegen aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine absichtlich zum Absturz gebracht. Die Ermittlungen ergaben, dass der 27-Jährige psychische Probleme und Suizidgedanken hatte.