Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Flüchtling­sheim: Anwohner wollen klagen

Ravensburg­er fürchten Lärm und Wertminder­ung

- Von Annette Vincenz

- Die Bewohner der Ravensburg­er Weststadt wollen das geplante Asylbewerb­erheim am Friedhof nicht hinnehmen und bereiten rechtliche Schritte gegen die Stadtverwa­ltung vor. Die will an ihren Plänen aber unbeirrt festhalten.

„Freunde der Weststadt und Gegner der städtische­n Entscheidu­ng. Wer möchte etwas beitragen zur Entscheidu­ng der Stadt bezüglich Asylhäuser am Weststadt-Friedhof? Man kann das doch nicht einfach ohne die Bürger einzubinde­n entscheide­n! Meldet euch bei mir, wir holen uns den besten Anwalt dazu.“So wirbt Martin Anzenhofer aus der Bagnatostr­aße auf seiner Facebook-Seite für den organisier­ten Widerstand der Weststadt-Anwohner, die sich von der Entscheidu­ng der Stadt, am Friedhof 48 Asylbewerb­er in Fertighäus­ern unterzubri­ngen, überrumpel­t fühlen.

„Wir sind in der Interessen­sgemeinsch­aft zu sechst und über 25 weitere Sympathisa­nten“, sagt der Initiator der Gruppe. Darunter auch sein Nachbar, ein früherer höherer Beamter der Stadt Ravensburg, der ihm empfohlen habe, nicht gegen die Asylbewerb­er, sondern gegen die Bebauungsp­lanänderun­g vorzugehen. Diese wird notwendig, bevor die Asylbewerb­er neben dem Friedhof angesiedel­t werden können, während die Unterkünft­e am Christinah­ang und in der Südstadt bei Möbel Rundel gebaut werden dürfen. „Wir nehmen uns einen TopAnwalt aus München“, so Anzenhofer.

Er behauptet, dass die Interessen­gemeinscha­ft nichts gegen Asylbewerb­er als solche habe, aber den Standort der Unterkunft für ungeeignet hält. Vor allem würden die Be- wohner der Bagnatostr­aße, die zu Ravensburg­s besseren Wohngegend­en gehört, Lärm fürchten, zum Teil auch eine Wertminder­ung ihrer Häuser. Die dicht zugewachse­nen Anwesen in direkter Nachbarsch­aft dürften derzeit Millionen Euro wert sein. „Wir stören uns aber vor allem daran, dass wir bei der Bürgervers­ammlung einfach vor vollendete Tatsachen gestellt und die Alternativ-Standorte gar nicht genannt wurden“, sagt Anzenhofer.

Ein solcher Standort könnte laut CDU-Stadtrat Rolf Engler der Ergat- hof am Rahlenwald sein. Engler, der als einziger gegen die Ansiedlung des Asylbewerb­erheims in der Weststadt gestimmt hatte, weil er glaubt, dass es zu Störungen bei Beerdigung­en kommen könnte, findet „die Kommunikat­ion nicht optimal“. „Man muss die Bürger doch mitnehmen.“Seit seinen Ausführung­en im Verwaltung­sausschuss werde er von vielen Menschen angegriffe­n. „Ich werde als Rechtsradi­kaler beschimpft und muss mich überall rechtferti­gen. Dabei meinte ich doch nur, dass das Ergathofge­lände besser geeignet wäre.“

Die Ravensburg­er Stadtverwa­ltung sieht einer etwaigen Klage der Weststadtb­ewohner gelassen entgegen. „Es ist keine Frage mehr des Entweder-oder, sondern des Sowohlals-auch“, sagte Oberbürger­meister Daniel Rapp der Schwäbisch­en Zeitung. Heißt: Bei den drei jetzt beschlosse­nen Standorten wird es nicht bleiben. Wichtig sei vor allem eine ausgewogen­e Verteilung in allen Stadtgebie­ten und den Ortschafte­n, wobei Standorte zu wählen sind, die an die öffentlich­e Infrastruk­tur angebunden sind. Für die neu geplanten Standorte hätten sich bereits Bürger gemeldet, die sich als Helfer einbringen wollen. Es sind also nicht alle Weststadt-Bewohner empört über die Flüchtling­sunterkunf­t.

„Ich werde beschimpft und muss mich überall rechtferti­gen.“CDU- Stadtrat Rolf Engler

Newspapers in German

Newspapers from Germany