Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kein Künstler mehr – ein Mechaniker
(dpa/SID) - Tiger Woods gab eine Menge von seinem Seelenleben preis, als er mit leidender Miene nach Antworten suchte. Was er bei seinem Scheitern in St. Andrews gelernt habe? Er wusste es nicht: „Ich treffe den Ball solide, aber ich nutze meine Möglichkeiten nicht. Wir müssen das angehen, es ist frustrierend.“Nur wie? Der früher fast Außerirdische, der 2000 und 2005 auf dem Old Course des Royal and Ancient Golf Clubs die Konkurrenz deklassierte, als er mit acht und fünf Schlägen Vorsprung gewann, scheint zutiefst ratlos zu sein.
Damals jubelten ihm Tausende Zuschauer an der 18. Bahn der British Open zu – dieses Mal schwang im aufmunternden Applaus ein Hauch von Mitleid mit dem alternden Heroen mit. Natürlich waren die Bedingungen im rauen schottischen Sommer mit Starkregen, Windböen und zehnstündiger Unterbrechung schwer, seine jungen Nachfolger aber kamen damit klar. Die bittere Erkenntnis: Woods spielte mit sieben Schlägen über Platzstandard auf dem Par-72-Kurs fast so schlecht wie der 58-jährige Brite Nick Faldo (+10) und der 65 Jahre alte Tom Watson (USA/ +12) auf ihrer Abschiedstour.
Und: Der 39-Jährige stellte schon wieder eine Negativmarke auf. Das erste Mal in seiner Karriere verpasste er – nach der desaströsen US Open – beim zweiten Major in Folge die Qualifikation für die Finalrunden, den Cut. „Der Künstler“, befand daraufhin der frühere amerikanische Major-Siegers Paul Azinger, „ist zum Mechaniker geworden.“
Schlussrunde erst heute
Das ist Martin Kaymer nicht, doch hat der 30-Jährige aus Mettmann seine gute Ausgangsposition in der dritten Runde nicht genutzt. Bei guten Bedingungen spielte Kaymer nur eine 70er-Runde und rutschte mit einem Gesamtergebnis von 211 um acht Plätze auf den 33. Rang ab. „Das war ein sehr, sehr frustrierender Tag“, sagte der zweimalige Majorsieger am Sonntag. Auch Bernhard Langer verlor an Boden. Mit 214 (74+70+73) Schlägen liegt der mit 57 Jahren zweitälteste Spieler im verbliebenen Feld vor der auf heute verschobenen Schlussrunde am Ende des Leaderboards auf Platz 78. Der 22 Jahre junge Amateur Paul Dunne aus Irland übernahm zusammen mit Louis Oosthuizen aus Südafrika und dem Australier Jason Day die Spitze mit je zwölf Schlägen unter Platzstandard. Der Amerikaner Jordan Spieth lauert – nur einen Schlag zurück – auf die Chance zum dritten Majorsieg in dieser Saison.
Erstmals seit 1988, als der Spanier Seve Ballesteros gewann, wird das einzige europäische Major nach den wetterbedingten Verzögerungen am Montag zu Ende gehen. Nicht mehr dabei ist dann auch Marcel Siem, der den Cut um einen Schlag verfehlt hat.