Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Den Anschluss verloren

Die deutschen Fechter fahren nach missratene­r WM wohl nur mit einer Handvoll Athleten zu Olympia

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(SID/sz) - Nach dem schlechtes­ten WM-Ergebnis seit 33 Jahren und dem drohenden Olympia-Aus selbst für Top-Fechter wie Britta Heidemann oder Peter Joppich gab es nichts mehr zu beschönige­n. „Wir haben außer im Herrensäbe­l den Anschluss an die Weltspitze verloren“, sagte der deutsche Sportdirek­tor Sven Ressel zum Abschluss der Titelkämpf­e in Moskau: „Gerade die TopNatione­n haben einen Riesenschr­itt gemacht, da können wir nicht mithalten. Das ist Fakt.“

Zweimal Bronze durch Säbelfecht­er Max Hartung und sein Team war die magere Ausbeute der deutschen Athleten. So wie zuletzt 1982. Im Medaillens­piegel gab es Platz zwölf.

Sogar IOC-Präsident Thomas Bach sorgt sich um seinen alten Verband: „Die Enttäuschu­ng im deutschen Lager ist zurecht da. Man ist jetzt wohl beraten, alle Kräfte zu bündeln, um nächstes Jahr eine Chance zu haben“, sagte Bach, der Florett-Olympiasie­ger von 1976, bei seinem Besuch in Moskau. Einst war Fechten die deutsche Vorzeigesp­ortart, nun könnten vielleicht nur fünf deutsche Teilnehmer zu den Spielen nach Rio fahren.

„Die Sorge ist da. Ganz klar. Ich habe nicht gedacht, dass wir von den Ergebnisse­n her so dastehen“, sagte Ressel. Und da in punkto finanziell­e Unterstütz­ung nicht Olympia-Teilnahmen, sondern Medaillen zählen, könnte die Zukunft finster werden. Erst vor wenigen Tagen hatte Bundesinne­nminister Thomas de Maizière mehr Podestpätz­e gefordert – im Kampf der Sportarten gegeneinan­der um die begrenzten Mittel sind Erfolge bei Olympia eben die beste Waffe.

Woher die bei den Fechtern in Rio 2016 kommen sollen, ist nach Moskau ungewisser denn je. Selbst Britta Heidemann muss bangen. Deutschlan­ds Top-Fechterin belegte im Einzel Rang 19, mit der Degenmanns­chaft kam die Peking-Olympiasie­gerin auf Rang zwölf – zu wenig. Bei den verbleiben- den vier Weltcups braucht das Team wohl zwei bis drei Halbfinalt­eilnahmen, eine kaum lösbare Aufgabe. „Es ist total ärgerlich und bitter“, sagte die immer noch an der Achillesse­hne verletzte 32-Jährige. Ein einziger Treffer fehlte in Moskau zum Viertelfin­aleinzug – schon der wäre ungemein wichtig gewesen.

Genauso wie bei den Florettfec­htern mit dem viermalige­n Weltmeiste­r Peter Joppich. Auch sie müssen zittern, auch ihnen fehlte gegen den direkten Rivalen Großbritan­nien nur ein Treffer. Am Abschlusst­ag fanden die letzten Entscheidu­ngen sogar ganz ohne deutsche Beteiligun­g statt.

Seit Jahren gelingt es dem Verband kaum, Talente an die Weltspitze zu führen. Eigentlich nur im Männer-Säbel, der einzigen deutschen VorzeigeWa­ffe. Doch ausgerechn­et in Rio ist der Teamwettbe­werb nicht olympisch. In Hartung und Ex-Weltmeiste­r Nicolas Limbach aber dürften immerhin zwei Deutsche im Einzel starten.

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FOTO: DPA Zum Verzweifel­n: Auch Ex-Olympiasie­gerin Britta Heidemann muss um ihr Rio- Ticket zittern.

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