Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Schmerzen besiegt, Degenkolb auch
André Greipel sprintet zum dritten Mal bei der Tour de France 2015 zum Etappentriumph
(dpa/SID) - André Greipel setzte mit letzter Verbissenheit zum Tigersprung an, dann reckte er die Siegerfaust nach oben. Direkt dahinter senkte der Zweite John Degenkolb wieder einmal frustriert den Kopf. Die deutsche Sprinter-Hierarchie bleibt bei der 102. Tour de France wie gehabt: Ungeachtet seiner Sturzverletzungen vom Vortag stürmte Greipel auf dem 15. Teilstück zu seinem persönlichen Triple; er triumphierte mit einer halben Radlänge vor Degenkolb und dem Norweger Alexander Kristoff. Das Kraftpaket aus Rostock feierte nach den 183 Kilometern von Mende nach Valence bereits zum dritten Mal – nach seinen Siegen in Zeeland und Amiens.
Schmerzen kannte der 33-Jährige offenbar keine. „Ich bin eben ein Fischkopp. Ich stecke so was weg“, sagte der zweimalige Deutsche Meister mit Blick auf seine schmerzhafte Wunde und ergänzte: „Das Team hat mich fantastisch unterstützt. Die letzten Tage sind nicht einfach gewesen, am Freitag der Hitzestich, am Samstag der Sturz. Aber jetzt ist alles super.“Für Greipels Chef Marc Sergeant war spätestens in Valence klar: „Er ist der beste Sprinter der Tour.“
Greipel, der sich am Samstag bei einem Sturz unterhalb des linken Knies verletzt hatte und mit einer Bandage unterwegs war, holte bereits seinen neunten Tour-Etappensieg. Dagegen ist der sieben Jahre jüngere Degenkolb, angesichts der vier Bergwertungen am Sonntag eigentlich höher eingeschätzt, aus deutscher Sicht die tragische Figur. Beim x-ten Anlauf auf seinen ersten Etappensieg musste sich der Frankfurter schon zum fünften Mal seit seinem Tour-Debüt 2013 mit einem zweiten Platz begnügen. „John muss nicht verzweifeln, seine Saison ist super. Wir sind alle für ihn da, in Paris gibt es noch eine Chance“, sagte Degenkolbs Helfer Si- mon Geschke. Das Quäntchen Glück, das Degenkolb in diesem Jahr Siege bei Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix beschert hatte, fehlt ihm derzeit.
Christopher Froome, der Mann in Gelb, musste sich keiner Attacken seiner Rivalen erwehren und liegt vor der ersten Alpenetappe deutlich vor seinen Rivalen Nairo Quintana (3:10 Minuten Rückstand) und Tejay van Garderen (3:32).
Auf dem Tagesstück nach Valence bestimmte zunächst eine Fluchtgruppe, der auch Geschke und Peter Sagan angehörten, das Geschehen. 29 Kilometer vor dem Ziel kam es zum Zusammenschluss. Im Finale waren dann aber die Sprinter gefragt. Dabei schaffte Greipel auch ohne seinen zuvor abgehängten Bodyguard Marcel Sieberg den Sieg. Auch für Rivale Mark Cavendish war die Fahrt durch die Voralpen zu schwer.
Die 14. Etappe am Samstag hatte der Brite Stephen Cummings gewonnen, der dem südafrikanischen Team MTN-Qhubeka ausgerechnet am Internationalen Nelson-Mandela-Tag den ersten Sieg beim Tour-Debüt beschert hat. Der 34-Jährige ließ im Finale auf dem Flugfeld in Mende die französischen Radsport-Hoffnungen Thibaut Pinot (FDJ) und Romain Bardet (Ag2R) ganz alt aussehen.