Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bayern droht Bund mit Klage in Karlsruhe
Seehofer sieht wegen Flüchtlingsandrangs Handlungsfähigkeit der Länder gefährdet
(dpa/AFP/sz) - Bayern droht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingskrise mit einer Verfassungsklage gegen den Bund. Wenn die Bundesregierung nicht die Initiative ergreift, um den Andrang von Flüchtlingen zu begrenzen, will die Regierung von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) dies vor dem Bundesverfassungsgericht durchsetzen.
Wie die Staatskanzlei in München am Freitag ankündigte, will sich Bayern auf das Argument berufen, der Bund gefährde durch Untätigkeit in der Flüchtlingskrise die „eigenstaatli- che Handlungsfähigkeit der Länder“. Die Ministerpräsidentenkonferenz in Bremen erkannte die besondere Belastung Bayerns an. Die Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen Bundesländer nach dem „Königsteiner Schlüssel“werde aber durch logistische Probleme behindert.
Seehofer und sein Kabinett forderten darüber hinaus die Zurückweisung der Flüchtlinge direkt an der Grenze. Andernfalls drohte die Staatsregierung mit „anlassbezogenen eigenen Maßnahmen“. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte die Möglichkeit, „dass man drei Meter hinter der Grenze jemand verhaften kann, wenn er sich illegal in Deutschland aufhält“. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hält dieses Vorhaben für wenig hilfreich. Das Problem lasse sich dort sicher nicht lösen, sondern vielmehr an den Außengrenzen Europas, sagte er. Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner warnte, es seien „Ausschreitungen“zu befürchten, wenn Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben wollten, nach Österreich zurückgeschoben werden.
Auch Vizekanzler Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier dringen auf eine europäische Lösung. Im Magazin „Der Spiegel“forderten die SPD-Politiker feste Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen in der EU sowie mehr Personal für die Sicherung der Außengrenzen. Für den baden-württembergischen Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid sind die Aussagen seiner Parteigenossen „nichts Neues“. Auch die Landes-SPD plädiere für eine gesteuerte Zuwanderung. Doch im Gegensatz zur CDU werde nicht das Asylrecht infrage gestellt. „Da gibt es keine Begrenzung“, sagte Minister Schmid.