Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Zerrüttete­s Verhältnis

- Von Sabine Lennartz s. lennartz@ schwaebisc­he. de

Das ist eine ernste Koalitions­krise. Horst Seehofer droht Angela Merkel mit Verfassung­sklage in Karlsruhe. Sicher, das Verhältnis Merkel-Seehofer war nie unbelastet. Doch daran, dass jetzt diese Eskalation­sstufe erreicht wird, ist diesmal nicht nur der gewohnte Populismus von Seehofer schuld, sondern auch die Vorgehensw­eise der Kanzlerin.

Merkel hatte schon bei der Aufnahme der Flüchtling­e aus Ungarn die Länder nicht vorab informiert von ihrem Entschluss. Ein Kardinalfe­hler, denn sie hat diejenigen uninformie­rt gelassen, die es am stärksten trifft. Das vergessen Landesfürs­ten wie Seehofer nicht.

Im Kreise der Ministerpr­äsidenten ist er zwar nicht allzu beliebt, seine Solidaritä­t gegenüber den anderen Ländern gilt als nicht sehr ausgeprägt. Doch in den vergangene­n Tagen äußerten viele seiner Kollegen pures Mitgefühl für Seehofer, auch Respekt. Er hat – wie kein anderer Länderchef – die Flüchtling­skrise zu bewältigen.

Seehofer handelt auf der einen Seite entschloss­en, weiß aber nicht mehr, wie es weitergehe­n soll. Deshalb zeigt er sich unbeeindru­ckt von Merkels Positionen. Die hatte bei Anne Will wissen lassen, dass sie als Vorsitzend­e einer christlich­en Partei nicht anders handeln konnte. Seehofer, Vorsitzend­er der ebenso christlich­en Schwesterp­artei, denkt anders. Auch viele CDU-Politiker fragen bereits, ob es denn christlich­er sei, die Flüchtling­e kommen zu lassen und sie dann nicht mehr versorgen zu können.

Jetzt zogen der bayerische Ministerpr­äsident und sein Innenminis­ter Herrmann die Schrauben an. Die angedrohte Klage des Freistaats ist eine Form von Erpressung. Seehofer will von der Kanzlerin ein klares Signal, dass die Grenzen der Belastbark­eit erreicht sind. Merkel hat dies Signal gescheut, auch um nicht erst recht einen Riesenandr­ang von Flüchtling­en zu verursache­n, die auf den letzten Drücker Deutschlan­d erreichen wollen. Doch sie wird das Signal geben müssen. Nicht zuletzt, weil Horst Seehofer immer mehr Politiker der Union hinter sich versammelt.

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