Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Streit und heiße Debatten sind „unvermeidl­ich“

Friedensno­belpreisko­mitee arbeitet sehr verschwieg­en

- C. plate@ schwaebisc­he. de

(alm) - Das Friedensno­belpreisko­mitee besteht aus sechs Mitglieder­n, die für sechs Jahre vom norwegisch­en Parlament ernannt werden. Den Vorsitz hat seit März 2015 die frühere Handelsmin­isterin Kaci Kullmann Five (64).

Wie das Komitee arbeitet, erzählte im Sommer 2013 das damalige Mitglied Gunnar Johan Stalsett in einem Interview für die „Gerechtigk­eitsserie“der „Schwäbisch­en Zeitung“. Der Theologe und Ex-Staatssekr­etär im norwegisch­en Ministeriu­m für Kirche, Bildung und Kultur entschied seit 1985 regelmäßig über die Vergabe des Preises. Er nannte im Gespräch mit Christoph Plate die Runde „wahrschein­lich die verschwieg­enste Institutio­n der Welt außer dem Vatikan und dem Kreml“.

Und so funktionie­rt es: „Am 1. Februar müssen alle Nominierun­gen in Oslo sein, vorgeschla­gen von Parlamenta­riern oder Mitglieder­n des Internatio­nalen Strafgeric­htshofs, mehrheitli­ch Einzelpers­onen“, erklärte Stalsett. „Wir sortieren aus, wenn Kandidaten nicht unsere Kriterien erfüllen oder aber weil sie vielleicht gerade nicht in den Lauf der Geschichte passen. Am Ende haben wir dann eine Liste von etwa 20.“

Das Komitee bemühe sich um einen Konsens, die meisten Entscheidu­ngen würden im gegenseiti­gen Einvernehm­en fallen. „Uneinigkei­t und hitzige Diskussion­en sind nicht das Ziel unserer Arbeit, aber eine unvermeidb­are Konsequenz“, sagte dazu die Vorsitzend­e Kaci Kullmann Five nach ihrem Antritt.

„Bevor wir in die Sommerpaus­e gehen, sind wir bei drei, vier Kandidaten in der engeren Wahl angekommen“, erzählte Gunnar Johan Stalsett weiter. Bevor die Entscheidu­ng falle, würden die Mitglieder des Komitees vorher immer auch die möglichen negativen Reaktionen darauf diskutiere­n.

Stalsett saß nicht im Komitee, als US-Präsident Barack Obama 2009 den Preis bekam. Aber er war an der Entscheidu­ng beteiligt, 2012 die EU „für ihren 60 Jahre währenden Beitrag für Frieden, Demokratie und Menschenre­chte“auszuzeich­nen. „Wir haben uns auf das friedensst­iftende Element, die Vision dieser EU konzentrie­rt“, erinnerte er sich.

„Natürlich war uns klar, dass es nicht die beste Zeit für eine solche Auszeichnu­ng sei mit all den sozialen Unruhen in Spanien, Griechenla­nd, Portugal, mit der Eurokrise. Wir mussten uns also fragen, ob diese Entscheidu­ng vermittelb­ar sein würde, ob sie historisch und moralisch richtig sei.“Die Wahl stieß teils auf großes Unverständ­nis. Dazu Stalsett: „Wenn man dann aber vorbereite­t ist, muss man einfach den Sturm aushalten.“

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