Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Bayerische „Notmaßnahm­en“bleiben nebulös

Seehofer stellt Forderunge­n an Berlin – Freistaat sieht Grenze der Belastbark­eit in Flüchtling­skrise erreicht

- Von Ralf Müller

- Groß war der Medienandr­ang am Freitag nach einer Sondersitz­ung der bayerische­n Staatsregi­erung in München. Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) hatte im Vorfeld mit der Zurückweis­ung von Flüchtling­en an der Grenze oder deren Weiterleit­ung in andere Bundesländ­er gedroht. Doch konkreter wurden die „Notmaßnahm­en“nicht.

Diese „Notmaßnahm­en“seien für den Fall gedacht, dass alle anderen Forderunge­n an die Adresse der Bundesregi­erung nicht auf fruchtbare­n Boden fallen sollten, erläuterte Seehofer. Seine Forderunge­n umfassen Bekanntes: Berlin müsse sich in der EU für die Beachtung des Schutzes der EU-Außengrenz­en und der Dublin-Verordnung einsetzen. Außer- dem müssten „umgehend“die gesetzlich­en Grundlagen für die Einführung des „Landgrenzv­erfahrens“, besser bekannt als „Transitzon­en“, geschaffen werden, sagte Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU).

Etwas versöhnlic­her gab sich Seehofer, was die Weiterleit­ung von Asylbewerb­ern in andere Länder nach dem so genannten Königstein­er Schlüssel angeht. Das habe zuletzt etwas besser funktionie­rt. Sollten jedoch andere Länder wieder in das alte Schema des Abwehrens zurückfall­en, müsse man an die „unmittelba­re Weiterleit­ung aller neu eintreffen­den Asylbewerb­er“denken.

Die bayerische CSU-Staatsregi­erung stellt sich vor, dass Asylbewerb­er in den für die Erstaufnah­me zuständige­n Mitgliedss­taat zurückzuüb­erstellen sind, wie es das Dublin- Abkommen vorsieht. „Falls der Bund auch hier nicht tätig werden sollte“, heißt es im Kommuniqué des Ministerra­ts, „behält sich der Freistaat vor, anlassbezo­gen eigene Maßnahmen zu ergreifen“. Wie diese Maßnahmen aussehen, wollte Seehofer nicht verraten: „Wir wissen schon, was wir tun werden. Aber es wäre nicht sehr klug, darüber zu reden“.

Keine Zeitvorgab­e für Klage

Ebenfalls keine zeitliche Vorgabe gibt es für eine Klage vor dem Bundesverf­assungsger­icht, die Bayern erheben will, wenn der Bund nicht „bald“wirksame Maßnahmen ergreift, um den weiteren Zuzug von Asylbewerb­ern zu begrenzen.

Im Streit mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) wollte Seehofer allerdings die Konfrontat­ion nicht weiter treiben. „Wir arbeiten weiter vernünftig zusammen unter Aufrechter­haltung unterschie­dlicher Standpunkt­e“, sagte er. An die Adresse Merkels gerichtet ist die Aufforderu­ng der bayerische­n Regierung, ein Signal zu setzen, dass „Deutschlan­d die Grenzen der Belastbark­eit erreicht hat“.

Die bayerische Regierung beschloss ein Sonderprog­ramm „Zusammenha­lt fördern, Integratio­n stärken“im Umfang von 489 Millionen Euro. Damit sollen unter anderem 3772 zusätzlich­e Stellen bei Polizei, Behörden und Gerichtsba­rkeit sowie im Schulsyste­m geschaffen werden. Bis 2019 sollen 28 000 staatliche oder staatlich geförderte Mietwohnun­gen neu entstehen.

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FOTO: AFP Horst Seehofer droht damit, eine Klage in Karlsruhe einzureich­en.

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