Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Umsiedlung­sprogramm für Flüchtling­e gestartet

Osteuropas Staatschef­s werfen EU Versagen vor

- Von Daniela Weingärtne­r und unseren Agenturen

- Ein leeres Flugfeld, auf dem Journalist­en, Militärs und Flughafenm­itarbeiter herumstehe­n. Von links kommt ein Flugzeug ins Bild, das durch den wolkenbede­ckten Himmel gen Norden rauscht. Mit diesen Filmaufnah­men dokumentie­rte die EU am Freitag, dass das Umsiedlung­sprogramm von 160 000 Flüchtling­en aus Griechenla­nd und Italien in andere EU-Staaten begonnen hat. Gerade mal 19 Eritreer wurden aus Italien weggebrach­t – ausgerechn­et nach Schweden, das schon großzügig Flüchtling­e aufnimmt.

„Es ist ein Beispiel für das, was wir schaffen können, wenn wir im Geist der Solidaritä­t zusammenar­beiten“, sagte der für Flüchtling­sfragen zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoul­os und enthüllte damit unfreiwill­ig die Hilflosigk­eit der europäisch­en Institutio­nen.

Am Donnerstag­abend hatten sich in Luxemburg die EU-Außenminis­ter zu einer Westbalkan­konferenz getroffen, um Wege aus der Krise zu suchen. Eingeladen waren Vertreter der Balkanländ­er und Syriens Nachbarsta­aten Türkei, Jordanien und Libanon. Beraten wurde, wie die EU diese Länder besser unterstütz­en kann, damit die Lebensbedi­ngungen der Flüchtling­e erträglich­er werden und weniger Menschen weiterzieh­en Richtung Europa.

Ähnlich wie Avramopoul­os will auch die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini eine größere Bereitscha­ft erkennen, wieder mehr an einem Strang zu ziehen. In den vergangene­n Wochen hatte Ungarns Alleingang beim Bau eines Zauns zu Serbien und die scharfe Kritik der osteuropäi­schen Länder an Angela Merkels Aufnahmebe­reitschaft die Debatte dominiert. Am Freitag trafen sich die Präsidente­n von Ungarn, Tschechien, Polen, der Slowakei und Kroatien, um zu beraten, wie sie gemeinsam zum Schutz der Südostgren­ze der EU beitragen könnten. Dabei warfen sie der EU Versagen vor. Die EU sei unfähig, ihre Grenzen zu schützen, sagten die Staatschef­s der Visegrad-Länder zum Abschluss ihres zweitägige­n Treffens im ungarische­n Plattensee-Ort Balatonfür­ed.

Eine Mehrheit der EU-Innenminis­ter will der Europäisch­en Grenzschut­zagentur Frontex mehr Kompetenze­n übertragen. Einige Länder, darunter Ungarn, wollen einen solchen Eingriff in ihre Souveränit­ätsrechte aber nicht hinnehmen. Stattdesse­n verlangt Ministerpr­äsident Victor Orban, abgewiesen­e Asylbewerb­er schneller in ihre Heimatländ­er zurückzusc­hicken. Deshalb plant die EU eine Änderung der Entwicklun­gspolitik. Künftig soll Entwicklun­gshilfe nur gezahlt werden, wenn sich das Empfängerl­and bereit erklärt, eigene Staatsbürg­er aus Europa zurückzune­hmen.

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