Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Umsiedlungsprogramm für Flüchtlinge gestartet
Osteuropas Staatschefs werfen EU Versagen vor
- Ein leeres Flugfeld, auf dem Journalisten, Militärs und Flughafenmitarbeiter herumstehen. Von links kommt ein Flugzeug ins Bild, das durch den wolkenbedeckten Himmel gen Norden rauscht. Mit diesen Filmaufnahmen dokumentierte die EU am Freitag, dass das Umsiedlungsprogramm von 160 000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien in andere EU-Staaten begonnen hat. Gerade mal 19 Eritreer wurden aus Italien weggebracht – ausgerechnet nach Schweden, das schon großzügig Flüchtlinge aufnimmt.
„Es ist ein Beispiel für das, was wir schaffen können, wenn wir im Geist der Solidarität zusammenarbeiten“, sagte der für Flüchtlingsfragen zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos und enthüllte damit unfreiwillig die Hilflosigkeit der europäischen Institutionen.
Am Donnerstagabend hatten sich in Luxemburg die EU-Außenminister zu einer Westbalkankonferenz getroffen, um Wege aus der Krise zu suchen. Eingeladen waren Vertreter der Balkanländer und Syriens Nachbarstaaten Türkei, Jordanien und Libanon. Beraten wurde, wie die EU diese Länder besser unterstützen kann, damit die Lebensbedingungen der Flüchtlinge erträglicher werden und weniger Menschen weiterziehen Richtung Europa.
Ähnlich wie Avramopoulos will auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini eine größere Bereitschaft erkennen, wieder mehr an einem Strang zu ziehen. In den vergangenen Wochen hatte Ungarns Alleingang beim Bau eines Zauns zu Serbien und die scharfe Kritik der osteuropäischen Länder an Angela Merkels Aufnahmebereitschaft die Debatte dominiert. Am Freitag trafen sich die Präsidenten von Ungarn, Tschechien, Polen, der Slowakei und Kroatien, um zu beraten, wie sie gemeinsam zum Schutz der Südostgrenze der EU beitragen könnten. Dabei warfen sie der EU Versagen vor. Die EU sei unfähig, ihre Grenzen zu schützen, sagten die Staatschefs der Visegrad-Länder zum Abschluss ihres zweitägigen Treffens im ungarischen Plattensee-Ort Balatonfüred.
Eine Mehrheit der EU-Innenminister will der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex mehr Kompetenzen übertragen. Einige Länder, darunter Ungarn, wollen einen solchen Eingriff in ihre Souveränitätsrechte aber nicht hinnehmen. Stattdessen verlangt Ministerpräsident Victor Orban, abgewiesene Asylbewerber schneller in ihre Heimatländer zurückzuschicken. Deshalb plant die EU eine Änderung der Entwicklungspolitik. Künftig soll Entwicklungshilfe nur gezahlt werden, wenn sich das Empfängerland bereit erklärt, eigene Staatsbürger aus Europa zurückzunehmen.