Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Entmachteter
Seit 2013 war er Bürgermeister von Rom. Am Donnerstagabend trat der Sozialdemokrat
zurück, aus dem Amt gejagt von seinen Kritikern. Von seiner Partei war der 61- Jährige mehrfach dazu aufgefordert worden, seinen Platz zu räumen. „ Wir haben kein Vertrauen mehr in Marino“, hieß es aus dem Sitz der Sozialdemokraten.
Damit endet die tragikomische Geschichte des politischen Quereinsteigers und Leberchirurgen, der angetreten war, Rom zu modernisieren. Eine Geschichte, die von Anfang an durch Marinos ungewöhnlichen Politikstil gekennzeichnet war. Marino fuhr mit dem Fahrrad zur Arbeit und entschied alles allein. Mit zum Teil verheerenden Folgen. Sein Versuch, den Verkehr im historischen Stadtzentrum zu bändigen, schlug vollkommen fehl.
Marino, der angetreten war, um die lokale Misswirtschaft seines rechten Vorgängers auszumerzen und dringend notwendige Reformen zu beginnen, stolperte über verschiedene Lügen. So hatte er behauptet, dass Papst Franziskus ihn während seiner USAReise höchstpersönlich dorthin eingeladen habe. Dem widersprach der Vatikan offiziell. Dann hatte Marino zahlreiche Abendessen in Restaurants in Rom und Turin mit seiner Kreditkarte als Bürgermeister bezahlt. Als Zahlungsgrund hatte er Treffen mit Repräsentanten aus Politik und Wirtschaft angegeben. Ermittlungen ergaben, dass Marino in Wirklichkeit mit seiner Familie essen war.
Bis Ende Oktober wird der römische Polizeichef die Amtsgeschäfte im Rathaus führen. Was ab November geschieht, ist unklar. Thomas Migge