Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Den Volkszorn unterschätzt
Ist Heinz-Christian Strache, den seine Anhänger lässig „Hace“nennen, wirklich ein Politiker neuen Typs? Mitnichten. Das ganze Erscheinungsbild der FPÖ samt ihrer Führerfigur kennt man schon aus der Ära Jörg Haider. Auch Strache umgibt sich mit Ja-Sagern und devoten Dienern, die ihn als Alpen-Revoluzzer glorifizieren. Wie zu Zeiten Haiders verfügt auch die FPÖ unter Strache weder über kompetentes Personal noch über eine politische Strategie für die Zukunft Österreichs. Aber dies kümmert die Mehrheit der FPÖ-Wähler wenig: Sie wünschen sich Strache nicht als Wiener Bürgermeister, ja nicht einmal als Bundeskanzler, sondern bloß als Racheengel an den etablierten Parteien.
Die Stärke der FPÖ ist somit großteils die Schwäche der Regierungsparteien, auch das kennt man schon seit Jahren. Nur haben SPÖ und ÖVP die Sorgen und Nöte der Österreicher nicht ernst genommen und den Eindruck von Abgehobenheit erweckt. Die rot-schwarze Koalition unterschätzte bislang den Volkszorn über vielerlei Dinge, vor allem über die seit Jahren sinkenden Einkommen und die rasant steigende Arbeitslosigkeit. Zuletzt hat die Flüchtlingswelle die Angst vor dem sozialen Abstieg verstärkt. Die FPÖ braucht Fremdenhass und Sozialneid bloß populistisch auszuschlachten.
Mittlerweile hat das Erstarken der Strache-Truppe das Ende des etablierten rot-schwarzen Systems sichtbar gemacht. Österreichs nahe Zukunft sieht nicht rosig aus: Ohne FPÖ geht künftig nichts mehr, aber mit ihr geht auch nichts.