Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Den Volkszorn unterschät­zt

- Von Rudolf Gruber politik@ schwaebisc­he. de

Ist Heinz-Christian Strache, den seine Anhänger lässig „Hace“nennen, wirklich ein Politiker neuen Typs? Mitnichten. Das ganze Erscheinun­gsbild der FPÖ samt ihrer Führerfigu­r kennt man schon aus der Ära Jörg Haider. Auch Strache umgibt sich mit Ja-Sagern und devoten Dienern, die ihn als Alpen-Revoluzzer glorifizie­ren. Wie zu Zeiten Haiders verfügt auch die FPÖ unter Strache weder über kompetente­s Personal noch über eine politische Strategie für die Zukunft Österreich­s. Aber dies kümmert die Mehrheit der FPÖ-Wähler wenig: Sie wünschen sich Strache nicht als Wiener Bürgermeis­ter, ja nicht einmal als Bundeskanz­ler, sondern bloß als Racheengel an den etablierte­n Parteien.

Die Stärke der FPÖ ist somit großteils die Schwäche der Regierungs­parteien, auch das kennt man schon seit Jahren. Nur haben SPÖ und ÖVP die Sorgen und Nöte der Österreich­er nicht ernst genommen und den Eindruck von Abgehobenh­eit erweckt. Die rot-schwarze Koalition unterschät­zte bislang den Volkszorn über vielerlei Dinge, vor allem über die seit Jahren sinkenden Einkommen und die rasant steigende Arbeitslos­igkeit. Zuletzt hat die Flüchtling­swelle die Angst vor dem sozialen Abstieg verstärkt. Die FPÖ braucht Fremdenhas­s und Sozialneid bloß populistis­ch auszuschla­chten.

Mittlerwei­le hat das Erstarken der Strache-Truppe das Ende des etablierte­n rot-schwarzen Systems sichtbar gemacht. Österreich­s nahe Zukunft sieht nicht rosig aus: Ohne FPÖ geht künftig nichts mehr, aber mit ihr geht auch nichts.

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