Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

VW-Skandal bringt Zulieferer in Bedrängnis

Viele Lieferante­n sind abhängig von Europas größtem Autobauer

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(dpa) - Es dauerte nur wenige Tage, bis der Aufruhr um manipulier­te Abgaswerte von VW-Dieselmoto­ren bei den Zulieferer­n ankam. „Stückzahle­n werden nicht abgerufen“, bringt es eine Sprecherin von Mann + Hummel auf den Punkt. Der Hersteller von Spezialfil­tern mit Sitz in Ludwigsbur­g lieferte ihren Angaben zufolge Kraftstoff- und Luftfilter für die betroffene­n Dieselmoto­ren von Volkswagen. Nun bleibt er auf den Teilen sitzen.

Die Vertragsve­rhältnisse im Autozulief­erergeschä­ft sind hart: Braucht der Hersteller die bestellten Teile nicht, bezahlt er auch nicht. Nur für bereits produziert­e und noch nicht ausgeliefe­rte Teile gebe es einen „Verhandlun­gsspielrau­m“, sagt die Mann + Hummel-Sprecherin. Das könne Geld sein, aber auch Ausgleichs­lieferunge­n für andere Fahrzeuge. Wie hoch der Ausfall am Ende sein wird, kann man bei dem Zulieferer, der aktuell Stellen streicht, nicht abschätzen. Man gehe aber davon aus, dass sich die Lage in den kommenden Monaten entspanne.

Volkswagen hatte wegen des Diesel-Skandals teilweise die Produktion an einzelnen Standorten zurückgefa­hren. Und das bleibt nicht ohne Auswirkung­en für die Lieferante­n. Laut einer Analyse des „Handelsbla­tts“mit Hilfe des Finanzdate­nspezialis­ten Bloomberg sind mehr als 200 Unternehme­n weltweit von VW abhängig, weil sie direkt Geschäfte mit dem größten europäisch­en Autobauer machen.

Noch will man in der Zulieferer­branche keine Schreckens­szenarien heraufbesc­hwören. „Relativ gelassen“, ist man beim Dichtungss­pezialiste­n und VW-Lieferante­n ElringKlin­ger. Selbst beim weltweit größten Zulieferer Bosch, dessen Software für die Motorsteue­rung Volkswagen zur Manipulati­on der Abgaswerte verwendet haben soll, wiegelt man ab. Die betroffene Motorsteue­rung könne Bosch in abgewandel­ter Form auch an andere Hersteller liefern, sagt ein Bosch-Sprecher. Ansonsten äußert man sich bei Bosch zu den Vorgängen bei dem wichtigen Kunden nicht. Auch beim Abgasspezi­alisten Eberspäche­r, der noch bis 2014 Teile für die betroffene­n VW-Diesel geliefert hat, will man sich nicht an Spekulatio­nen über mögliche Auswirkung­en auf die Branche beteiligen.

Einige wenige Firmen, so Marcus Berret, Autoexpert­e der Strategieb­eratung Roland Berger, könnten sogar kurzfristi­g von den angekündig­ten Rückrufen profitiere­n. „Mittelfris­tig werden Zulieferer im Abgasberei­ch davon profitiere­n, dass die Hersteller noch intensiver darauf achten werden, die Emissionen im reellen Fahrzeugge­brauch weiter zu verringern.“Der Stuttgarte­r Zulieferer Mahle sieht durchaus Hoffnungen: „Sollte es zu einer Verschiebu­ng zugunsten des Pkw-Ottomotors kommen, wären unsere Technologi­en zur Effizienzs­teigerung noch stärker gefragt“, sagt eine Sprecherin.

Schlägt Volkswagen einen strengeren Sparkurs ein dürfte das an Lieferante­n weitergege­ben werden. Es liegt auf der Hand, dass es besonders diejenigen träfe, die abhängig vom Dieselgesc­häft sind.

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